Brotaufstrich
In Frankreich ist eine Debatte um Nutella entbrannt
Aufruhr in Frankreich: Umweltministerin Royal hat einen Boykott von Nutella gefordert. Rückhalt findet sie aber selbst bei Umweltschützern nicht. Doch was ist so schlimm an Nutella?
Do, 18. Jun 2015, 0:00 Uhr
Wirtschaft
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Es war nur ein kleiner Satz, aber er sorgte für einen ziemlichen Sturm im Nutella-Glas. Die ehemalige französische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal redete in der beliebten Fernsehsendung "Le Petit Journal" des Bezahlsenders Canal Plus nicht um den Brei herum: "Wir müssen aufhören, Nutella zu essen", meinte die Umweltministerin, um als Grund anzugeben: "Weil es Palmöl ist." Die 61-jährige Sozialistin klärte die Zuschauer auf: "Palmöl tritt an die Stelle abgeholzter Bäume, was in Sachen Entwaldung beträchtliche Schäden verursacht."
Es ist nicht das erste Mal, dass französische Politiker gegen die italienische Schoko-Haselnuss-Masse zu Felde ziehen. 2012 hatte die grüne Fraktion in Paris eine 300-prozentige Steuer auf Nutella und verwandte Produkte verlangt. Der Gesetzesvorstoß scheiterte erst im letzten Moment an der mangelnden Begeisterung anderer Parteien.
Auf Royals Appell reagierte Nutella-Hersteller Ferrero sofort: Man sei sich "des Umweltaspektes bewusst" und schon "zahlreiche Verpflichtungen betreffend die Versorgung durch Palmöl eingegangen". Das bestätige, dass "die Palmölkultur und ökologische Ansprüche vereinbar sein können".
Mit ihrem Boykottaufruf habe die Ministerin das falsche Produkt getroffen, meint Tobias Andres von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). "Nutella ist das schlechteste Beispiel." Selbst die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprang Ferrero zur Seite. Der Konzern gehöre zu den Unternehmen, die sich am stärksten für eine umweltschonende Produktion von Palmöl einsetzen würden, sagte Gesche Jürgens von Greenpeace.
In Indonesien und Malaysia, den beiden größten Erzeugerländern von Palmöl, werden Ölpalmen fast ausschließlich in Monokulturen angebaut – auf Flächen, für die zuvor Regenwald gerodet wurde. Darüber hinaus erzeugt die Erschließung der Anbauflächen mitunter blutige Konflikte mit Kleinbauern und der indigenen Bevölkerung. Um die umwelt- und sozialverträgliche Produktion von Palmöl zu fördern, wurde 2004 auf Initiative der Naturschutzorganisation WWF der Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSOP) ins Leben gerufen. Dieser vergibt seit 2008 eine Art Biosiegel. Die angewandten Kriterien reichen aus Sicht einiger Umweltschützer aber bei Weitem nicht aus. "Die Rodung von Regenwald und der Anbau von Palmen auf Torfböden wird darin nicht ausgeschlossen. Für das Prädikat ,nachhaltig‘ ist das zu wenig", sagt Jürgens.
Tobias Andres, Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie
Im Vergleich zu Soja- oder Rapsöl liefert Palmöl einen deutlich höheren Ertrag pro Hektar Anbaufläche. Eine Alternative sieht der BVE nicht: "Ökologisch und ökonomisch macht der Verzicht auf Palmöl keinen Sinn", sagt Tobias Andres. "Bei einem Umstieg auf andere Ölpflanzen wäre deutlich mehr Anbaufläche erforderlich und die Preise wären entsprechend höher." Gesche Jürgens von Greenpeace bestätigt, dass bei einer Abkehr vom Palmöl das Problem lediglich verlagert würde. Zudem sei die Palmölproduktion für Indonesien und Malaysia ein wichtiges Standbein der Wirtschaft und schaffe für viele Kleinbauern ein Einkommen. "Allerdings findet das derzeit unter katastrophalen ökologischen und sozialen Bedingungen statt. Das muss sich ändern", fordert Jürgens. Von einem Nutella-Boykott hält Greenpeace nichts.
Ségolène Royal hat sich für ihren Appell inzwischen entschuldigt – auch auf Drängen einiger italienischer Politiker hin. So verwahrte sich der Abgeordnete und Agrarspezialist Michele Anzaldi gegen den französischen Boykottaufruf gegen die "italienische Vorzüglichkeit".
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