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Hungersnöte, Regen und Zyklone

Der Klimawandel fordert in Afrika viele Menschenleben, die Folgen von Wetterextremen kosten zudem sehr viel Geld. Nur zögerlich stellen sich die Industrienationen ihrer Verantwortung.  

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Ein überschwemmtes Dorf in Kenia (Aufnahme von 2018)  | Foto: Andrew Kasuku
Ein überschwemmtes Dorf in Kenia (Aufnahme von 2018) Foto: Andrew Kasuku
An ihnen führt kein Weg mehr vorbei. Mehr als 15.000 afrikanische Delegierte nehmen derzeit am Klimagipfel in Dubai teil: Mit 1411 Abgesandten sicherte sich Nigeria im Größenwettbewerb der Länderteams sogar den dritten Platz. Für Afrikas Staatschefs ist der Termin bedeutend, denn der Kontinent rückt immer weiter in den Mittelpunkt der Klimadebatte.

Der Erdteil, der nur für vier Prozent der weltweiten Treibhausgase sorgt, wird von deren Folgen am schlimmsten betroffen. In Somalia schwemmen sintflutartige Regenfälle derzeit Hunderte von Menschen weg. Sie waren erst einer Hungersnot entkommen. Über das südliche Afrika fegen neuerdings Zyklone hinweg, sie setzen ganze Landstriche unter Wasser. Und der Bürgerkriegsstaat Libyen wurde im September von einem "Medicane", einem mediterranen Hurrikan, verheert – mehr als zehntausend Menschen starben.

Insgesamt fielen in diesem Jahr – dem heißesten in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen – mehr als 15.700 Afrikaner und Afrikanerinnen den Klima-Katastrophen zum Opfer, rechnet der britische Fachdienst Carbon Brief vor. Die Zyklone im Südlichen Afrika raubten mehr als einer halben Million Menschen ihr Zuhause, rund 34 Millionen Bewohner des Kontinents kamen auf die eine oder andere Weise durch den Klimawandel zu Schaden. Sich der Erwärmung der Atmosphäre anzupassen, werde Afrika in den nächsten zwei Jahrzehnten jährlich zwischen 20 und 30 Milliarden US-Dollar kosten, rechnete die Afrikanische Entwicklungsbank aus. Hinzu kommen die Kosten der Schäden, die nicht mehr wiedergutzumachen sind, sowie die Kosten für die Umstellung der afrikanischen Volkswirtschaften auf Kohlenstoffneutralität. Alles in allem werde auf den Kontinent bald eine Rechnung von jährlich zwei Billionen Dollar zukommen, teilen die Vereinten Nationen mit: Eine Summe, die über die Möglichkeiten der 54 Staaten des Erdteils weit hinaus geht.

Nur zögerlich hatten sich die Industrienationen zur Verantwortung für diese Schäden bekannt: Sie waren Jahrzehnte lang ganz auf die "Mitigation", die Verminderung des Treibhausgas-Ausstoßes in ihren eigenen Ländern, fixiert und wollten an die Folgen des Klimawandels in anderen Staaten der Welt nicht einmal denken. Erstmals wurde die Finanzierung der Maßnahmen, welche die Staaten des globalen Südens zur Eindämmung der Klimafolgen treffen müssen, beim Gipfel in Paris 2015 in den Blick genommen: Damals versprachen die Verursacher der Erderwärmung, den Opfern ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für die "Adaption" zur Verfügung zu stellen. Auch nach drei Jahren Verspätung ist das Versprechen nicht erfüllt: Inzwischen geht die UN von jährlichen Kosten von über 400 Milliarden Dollar aus.

COP28 sollte zum Gipfel der Bestandsaufnahme werden, auch in finanzieller Hinsicht. Schon am ersten Tag einigten sich die Delegierten, den bereits im vergangenen Jahr in Grundzügen beschlossenen "Loss & Damage Fund" unter der Ägide der Weltbank fest zu installieren: Sechs Nationen, darunter auch Deutschland, zeigten sich auch gleich bereit, insgesamt 725 Millionen Dollar in den Fonds fließen zu lassen – was allerdings ein Klacks ist gegenüber den 500 Milliarden Dollar, die die klimaempfindlichsten Staaten der Welt laut UN in den vergangenen zwei Jahrzehnten bereits verloren haben. Trotzdem feierten die Delegierten – Klima-Unterhändler sind nicht gerade durch Erfolge verwöhnt.

Dabei ist nicht einmal sicher, ob der Geldstrom von Nord nach Süd nach dem Gipfel tatsächlich kräftiger fließt: Zumindest hat die Verwirrung zugenommen. Die Zahl der Finanzierungsinstrumente steigt: hier der Adaptionstopf, dort der Loss & Damage Fund, der Grüne Klima-Fonds, die Allianz für grüne Infrastruktur in Afrika (Agia), Kredite der Weltbank, Sonderziehungsrechte des Weltwährungsfonds sowie bilaterale Zahlungen für die Anstrengungen der Entwicklungsländer, ihre eigenen Ökonomien auf Grün umzustellen. Das "Chaos der Klimafinanzierung" habe womöglich Methode, argwöhnen afrikanische Delegierte: Die Verwirrung ermögliche die Zahlen-Massage.

Die Entwicklungsorganisation One fand heraus, dass die Versprechen der Industrienationen nur selten eingehalten werden: Rund zwei Drittel aller Zusagen seien nur heiße Luft. Zudem handelt es sich bei den Zusagen in vielen Fällen um rückzahlbare Kredite, die die ohnehin hohe Verschuldung vieler Entwicklungsstaaten weiter in die Höhe treiben. Enorme Summen blieben bei Beraterfirmen in den Industrienationen stecken, heißt es weiter. Auch sind die Zusagen meist an keinen Zeitpunkt gekoppelt und werden von keiner zentralen Instanz registriert, die sie im Fall ihrer Nichteinhaltung anmahnen könnte. Angesichts "der zahllosen gebrochenen Versprechen, der Rückschritte und Heuchelei" habe der Süden das Vertrauen in den Norden längst verloren, klagt Yamide Dagnet, Direktorin für Klimagerechtigkeit bei Open Society.

Ressort: Ausland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 12. Dezember 2023: PDF-Version herunterladen

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