Verkehrsinfarkt

Höllental: Schwachstelle im Ost-West-Verkehr

Zehntausende Menschen fahren täglich durchs Höllental. Leistungsfähige Ausweichstrecken gibt es nicht. Ein Unfall oder ein Felssturz reichen, um den Verkehr komplett zu blockieren.  

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308 Kilometer Straße betreut die Straßenmeisterei Titisee – doch die meiste Arbeit machen den Mitarbeitern die zehn Kilometer im Höllental zwischen Hirschsprung und Hinterzarten. Nirgendwo sonst wirken sich Störungen so gravierend aus. Zehn große Umleitungen allein im Jahr 2015 zählten Wolfgang Köpfer, seit 19 Jahren Leiter des Stützpunkts, und Streckenwart Berthold Meßmer.
Große Umleitung – das heißt Vollsperrung, Sackgasse. Nichts geht mehr für meist sechs bis zehn Stunden. Besonders oft rumpelt es an einer der Kurven rund um den Kreuzfelsen: Von oben nach unten sind das Mantyk-, Kreuzfelsen-, Löffeltal- und Kehrekurve.

2014: 22.000 Pkw und 2500 Lastwagen

Millionen von Touristen, Pendlern, Reisenden und Lastwagenfahrern sind jedes Jahr auf der Ost-West-Verbindung unterwegs. Das Höllental wird für sie alle zum Nadelöhr. "Die B 31 zählt neben den Autobahnen zu den wichtigsten Hauptverkehrsachsen des Landes", heißt aus dem Verkehrsministerium in Stuttgart.

Laut einer Zählung der Polizei bei Hinterzarten sind hier 2014 durchschnittlich rund 22.000 Pkw und 2500 Lastwagen am Tag durchgerollt. Das liegt deutlich über dem im Land Üblichen. Denn laut Zahlen des Ministeriums aus dem Jahr 2010 fahren auf einer durchschnittlichen Bundesstraße im Land am Tag nur etwas mehr als 14 000 Autos.

Pendler und Touristen von Extrem-Blockaden betroffen

Besonders beim steilen Aufstieg in den Hochschwarzwald kracht es immer wieder; danach liegt die B 31 lahm. Viele Autofahrer kennen das Bild, wenn ein Brummi in den Kurven des Kreuzfelsen gegen die Wand gekracht oder umgekippt ist. Dass noch kein Auto unter einem 40-Tonner zermalmt wurde, darf man Glück nennen.

Solche Extrem-Blockaden treffen den Güterverkehr ebenso wie Pendler und Touristen. Der Verkehr wird dann umgeleitet in Hinterzarten über die B 500, die Sattelzüge müssen das Wagensteigtal hinab. Und unten im Tal wird der Verkehr ab Buchenbach umgelenkt, die Brummis müssen im Einbahnverkehr die Spirzenstraße hinauf zur B 500/B 31.

Verschärfte Situation im Winter

Diese Strecken haben es in sich: Denn die B 500 ist teils schmal; das Wagensteigtal weist viele Kurven auf; die Spirzenstraße ist eng, kurvig und steil. Hinzu kommt der Stress für die Anwohner, insbesondere an der Durchfahrt durch St. Märgen. Eine wirklich leistungsfähige Umgehungsstrecke gibt es nicht.

Im Winter verschärft sich die Situation. Da braucht es für das Chaos keinen Unfall, es muss nur schneien. Zwar waren seit fünf Jahren in Himmelreich Hinweisschilder, dass Sattelzüge ohne Ketten riskieren, im Höllental die Hölle zu erleben und sie anderen zu bereiten. Aber die Straßenmeister wissen, dass sich nur wenige Fahrer darum scheren. Das Problem: Einheimische Lastwagenfahrer können mit den Straßenverhältnissen umgehen, ihre Kollegen aus dem Ausland bleiben dagegen auf der anspruchsvollen Strecke öfter hängen.

Felssicherung von 2014 bis 2019 : zwei Millionen Euro

Auch für den Schienenverkehr wird das Höllental schnell zur Sackgasse. Ein Erdrutsch bei Falkensteig Ende Januar zeigte Tausenden Pendlern erneut, wie anfällig die Strecke ist. Laut Verkehrszählungen der Bahn werden jedes Jahr etwa fünf bis sechs Millionen Fahrgäste auf der Höllentalbahn und der Dreiseenbahn transportiert. "Das ist eine wirklich stark genutzte Strecke", sagt ein Bahnsprecher. Und eine, die viel Pflege braucht, damit die Züge nicht häufiger stillstehen. Regelmäßig lässt die Bahn die Hänge entlang der Gleise kontrollieren.

Laut der Bahn werden allein in Maßnahmen der Felssicherung von 2014 bis 2019 zwei Millionen Euro gesteckt. "Es heißt zwar felsenfest – aber ganz so fest ist Fels nicht", sagt der Bahnsprecher. Sonst macht vor allem der Wind der Bahn zu schaffen. Damit der Sturm keine Äste in die Oberleitung weht, wurden viele Bäume und Büsche entlang den Gleisen zurückgeschnitten.

Diskussion über Schwarzwaldautobahn in den 70ern

Gibt es, langfristig gedacht, eine Lösung, um die regelmäßigen Verkehrsinfarkte zumindest zu lindern? Einige Ideen sind im Umlauf. So sollen Stauinformationen an der B 31 weiträumiger als bisher eingesetzt werden, am besten schon in Hüfingen am Knoten mit der B 27/33, im Wiesental und im Freiburger Westen. Die dafür notwendigen großen elektronischen Anzeigen sollen im Notfall frühzeitig in Betrieb gehen, noch ehe die Straßenmeisterei zur Störung auf der B 31 ausgerückt ist.

Die Suche nach dem ganzen großen Wurf liegt schon ein paar Jahre zurück. In den 1970er Jahren wurde über eine Schwarzwaldautobahn diskutiert. Die A 86 sollte parallel zur B 31 laufen, unter anderem durch das Jostal. Sie hatte prominente Unterstützer – und noch mehr engagierte Gegner. Unter dem damaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth wurde das Projekt schließlich eingestampft.

In den Schubladen des Verkehrsministeriums liegen Pläne für einen Tunnel von Falkensteig bis nach Hinterzarten: Nach Jahrzehnten dürften sie eine dicke Staubschicht angesetzt haben. Einen radikalen Weg hatte der frühere SPD-Landtagsabgeordnete Gustav-Adolf Haas ins Spiel gebracht. Er wollte den Kreuzfelsen wegsprengen. Doch derzeit deutet alles eher daraufhin, als müssten Pendler, Reisende und Lkw-Fahrer weiter mit dem wilden Engpass im Schwarzwald leben.

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