Account/Login

Hier stimmen Schüler über Lehrer ab

JUZ-SERIE "Schulen, in denen alle gleichberechtigt sind" (Teil 1): Or Levi erzählt von der "Democratic School of Kfar Saba".  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen

Mitten in den Sommerferien trafen sich einige hundert Menschen aus 28 Ländern in Berlin, um über Schule zu reden. Diese Menschen trafen sich unbezahlt und freiwillig, zahlten gar noch für die Teilnahme – und ein großer Teil dieser Menschen waren Schüler. Die internationale Konferenz demokratischer Schulen, kurz "IDEC" (International Democratic Education Conference), hatte allerdings nicht die üblichen Schulen zum Thema, sondern Schulen, in denen alle gleichberechtigt sind. In einer kleinen Serie lassen wir hier Teilnehmer dieser Konferenz zu Wort kommen und von ihren Schulen erzählen.

Or Levi, 19 Jahre, aus Israel: "Ich bin Or Levi. Letztes Jahr habe ich meine Schulzeit an der "Democratic School of Kfar Saba" beendet. Es gibt auf der ganzen Welt "Demokratische Schulen", die zwar alle ähnlichen Ideen und Prinzipien folgen, aber dennoch jede für sich einzigartig sind. Ich werde euch ein bisschen von unserer Schule in Kfar Saba erzählen.

340 Schüler von Klasse 1 bis Klasse 12 besuchen diese Schule – damit ist sie eine der größten Demokratischen Schulen weltweit. Die Schule funktioniert haargenau wie ein demokratisches Land. Wir haben regelmäßige "Parlamentssitzungen" – und jeder, der an der Schule ist, ist auch gleichberechtigtes Mitglied in diesem Parlament. Bei uns sind das die Schulkinder, die Mitarbeiter und die Eltern der Schulkinder. Auf den Parlamentssitzungen wird nach demokratischem Verfahren über Schulregeln abgestimmt, über das Budget, über Lehrereinstellungen und "Verfassungsänderungen".

Es gibt an unserer Schule nichts, das nicht von diesem Plenum entschieden würde. Keine Entscheidung wird von den Erwachsenen alleine gefällt, es herrscht das Prinzip der völligen Gleichberechtigung. Für mich war an dieser Schule besonders überraschend, dass sie mir einen eigenen Platz zugestand, eine gleichberechtigte Rolle: Diese Schule war meine, wie sie eben auch die Schule meiner Lehrer war. Das war für mich als Zwölfjährigen – nach sechs Jahren an einer bedrückenden Regelschule – eine begeisternde Erfahrung. Wie glücklich ich war, kann man vielleicht am besten daran ablesen, dass ich mit meiner Mutter Streit bekam, wenn ich mal krank war. Ich wollte unbedingt trotzdem zur Schule, aber meine Mutter bestand darauf, dass ich zu Hause im Bett blieb. Dass ich so unbedingt zur Schule wollte, ist klar. Diese Schule bot mir große Freiheitlichkeit und gute Lernbedingungen.

Deswegen habe ich natürlich auch die zwei Monate Sommerferien gehasst. Ich wollte meine Freunde treffen und mit meinen Lehrern reden. Und so war es dann auch meistens: Zwei Wochen bevor die Schule offiziell wieder anfing, tauchten eigentlich alle schon wieder auf, Schüler und Lehrer, und begannen, das nächste Schuljahr vorzubereiten.

Es gab – genau genommen – während der ganzen Ferien immer wieder Tage, an denen wir uns in der Schule verabredeten, um gemeinsam irgendwas in Ordnung zu bringen oder umzubauen. Zu vielem kommt man ja im laufenden Schulbetrieb gar nicht. Die Schule dauert von 8.30 Uhr am Morgen und endet um 2.30 Uhr. Manchmal ging man dann nach Hause, öfter blieb man länger, denn es gab einfach so viel in der Schule zu tun. Ich habe zum Beispiel ewig viel Musik gemacht. Irgendwie hat sich mein Leben in diesen Jahren ganz um die Schule gedreht. Und ein bisschen ist es so geblieben. Ich bin schließlich zur Konferenz der Demokratischen Schulen gekommen, obwohl ich schon letztes Jahr Abi gemacht habe.

"Meine Schulerfahrungen

an der Regelschule

hatten mich entmutigt

und deprimiert."

Or Levi, 19 Jahre
Ich bin ganz einfach noch immer sehr interessiert an demokratischer Erziehung – und ich will natürlich auch andere Menschen an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. Warum? Weil mir die Demokratische Schule gut getan hat, weil sie mich auf eine Art "gerettet" hat, denn meine Schulerfahrungen an der Regelschule hatten mich entmutigt und deprimiert.

Im vergangenen Jahr – nach meinem Schulabschluss – habe ich eine Art freiwilliges soziales Jahr gemacht und Jugendgruppen betreut. Und in den kommenden drei Jahren und vier Monaten werde ich zur Israelischen Armee gehen. Das ist bei uns so – und zwar ist auch diese Regel auf demokratischem Wege entschieden. Also egal, ob ich das mag oder nicht, werde ich es auch tun. Erst danach werde ich meinen größten Plan umsetzten können: Ich will eine große Reise machen. Das ist ja bei euch hier nicht anders: Wenn die jungen Menschen frei von Verpflichtungen sind, wollen sie erstmal reisen. Und danach? Danach will ich Pädagogik studieren – und eines Tages Lehrer an einer Demokratischen Schule werden.

Mehr Infos zu Demokratischen Schulen auf:_http://www.idec2005.org und auf http://www.democratic-edu.org (auf beiden Webseiten gibt’s viele Links zum Thema)

Ressort: Zisch

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel