Hier, lies das!

Spannend, lustig, autobiographisch oder historisch: Das Team von fudder.de empfiehlt die besten Bücher für den Sommerurlaub.  

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Foto: PR
Familienroman Mit Irrenhaus

Ich lache oder weine eigentlich nie, wenn ich ein Buch lese. Bei dem hier habe ich beides getan – manchmal sogar gleichzeitig. Weil mich die Geschichte dieser Familie so berührt hat, weil sie so unglaublich tragisch und dabei so unglaublich komisch ist. Der Protagonist wächst als jüngster Sohn des Direktors einer Kinder- und Jugendpsychiatrie auf, seine Eltern sind liebevoll besorgt, seine großen Brüder hämisch bis fies – aber alle hängen sie ziemlich doll aneinander. Sie sind total normal, aber dann auch wieder überhaupt nicht, was auch damit zusammenhängt, dass ihr Haus direkt auf dem Gelände der Psychiatrie steht und die "Irren" bei ihnen ein- und aus gehen. Erzählt werden viele
kleine Geschichten, die auf einen tragischen Moment hinarbeiten – und jede einzelne saugt man als
Leser auf. Zu empfehlen ist auch
der Vorgängerroman "Alle Toten
fliegen hoch. Amerika", der ist
genauso sprachgewaltig
und klug.

Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war. Roman. Kiepenheuer&Witsch, Köln 2013. 352 Seiten, 9, 99 Euro (Taschenbuch) , 9,99 Euro (E-Book).

Mathematik mit Bart & Lisa

"Mathe macht Spaß", sagte meine Nachhilfe. Verstehe ich genauso wenig, wie dass jede Basis mit dem Exponenten 0 gleich 1 ergibt. Normalerweise bekommt man zu seinem 18. Geburtstag Wodka oder dergleichen geschenkt – ich von ihm ein Buch über Mathematik. Doch Simpsons? Primzahl zur Primetime! Donuts und Duff-Bier haben endlich Bedeutung! Damit wird nicht nur ganz einfach Topologie erklärt, man bekommt auch Einblick in die Entstehung der erfolgreichsten TV-Serie. Laien fällt es nicht auf, aber in jeder Simpsons- Folge steckt ein mathematischer Clou. Meist mehr als im Schulunterricht früher. Maggies Bauklötze bilden Einsteins berühmte Gleichung E = mc ². Das Buch ist aber nicht nur für Nerds geeignet, die Zahlen ihre Freunde nennen. Es ist faszinierend, was unter Homers Glatze steckt – und ein Muss für jeden Simpsons-Fan! Ich bin mir unendlich plus 1 sicher.

Simon Singh: Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik. Sachbuch. Übersetzt von Sigrid Schmidt. Hanser Verlag, München 2013. 320 Seiten, 9,90 Euro (Taschenbuch), 9,99 Euro (E-Book).

Spannend wie eine Serie

Meine Generation liebt ihre Serien. Sie schaut sie natürlich nicht im Fernsehen, sondern im Internet, verbringt ganze Wochenenden auf der Couch mit "House of Cards" oder "Breaking Bad". Fernsehserien sind heute besser denn je. Einer der gefragtesten Showrunner ist der US-Amerikaner Nic Pizzolatto. Seine Produktion "True Detective" ist ein harter, düsterer Krimi, der menschliche Abgründe sucht. Die Drehbücher sind so komplex wie gute Literatur. Kein Zufall: Bevor er beim Fernsehen landete, schrieb Pizzolatto das Noir-Juwel "Galveston". Dessen Protagonist
Roy Cady arbeitet als Schläger für einen Gangsterboss, muss vor
diesem aber fliehen – gemeinsam mit einer Prostituierten. Dabei hat Cady schon auf der ersten Seite des Romans erfahren, dass es für ihn keine Hoffnung gibt. Er hat Lungenkrebs.

Nic Pizzolatto: Galveston. Roman.
Übersetzt von Gunter Blank. Metrolit, Berlin. 2014.
253 Seiten, 20 Euro (gebunden),
15,99 Euro (E-Book).

Kurzgeschichten mit Langzeitwirkung

"Man hat mir meinen Rucksack geklaut. Und irgendwie ist’s nicht mal schlimm", schreibt eine Frau namens Polar auf eine Postkarte. Polar, die nur Zigaretten holen wollte und dann aber doch dem pulsierendem Drang der Freiheit folgend nach Rom abgehauen ist, lässt uns in 17 knappen Postkarten an ihrer Realitätsflucht teilhaben. Verlorene Dinge und das Abhauen vor dem Hineinwachsen ins Leben nehmen uns in jeder der neun Kurzgeschichten von Karen Köhler an die Hand. Wir sitzen zusammen mit Kat dehydriert vor einer Tankstelle im Death Valley und teilen uns kurz darauf mit einem Indianer einen Doppelwhopper. Zusammen mit einer jungen Frau sitzen wir 25 Tage hungernd auf einem Hochsitz in der sibirischen Wildnis. Mit viel Metallica und Herz ist dieses Buch hart und zärtlich zugleich.

Karen Köhler: Wir haben Raketen geangelt. Erzählungen. Hanse, München 2014. 240 Seiten, 19,90 Euro (gebunden), 15,99 (E-Book).

Geschichte zum Mitfiebern

Der Unterschied zwischen Filmen und Büchern besteht bekanntlich darin, dass beim Lesen eine eigene Fantasiewelt erschaffen wird – in diesem Fall ist es England im Jahr 1455, das von einem schwachen König Henry VI. regiert und von einem übermächtigen Richard of York als sein rechtmäßiges Erbe angesehen wird. Es kommt zu einem blutigen Bruderkrieg, inmitten dessen der 20-jährige Julian of Warringham kämpft – nicht nur gegen intrigante Feinde, falsche Freunde und um das eigene Leben, sondern auch mit sich selbst und seiner Rolle in der ihm unverständlichen Welt des englischen Mittelalters. "Das Spiel der Könige" ist ein historischer Roman, der viel mehr schafft als Genre-typische Kirchenintrigen oder hanebüchene Fantasiegeschichten. Rebecca Gablé schafft einen packenden Roman, der sich sehr nah an historischen Ereignissen hält, aber den Blick sehr nah an den Personen festmacht.

Nach 1200 Seiten ist es unfassbar, wie sehr man denkt, die in der eigenen Fantasie erschaffene Person doch zu kennen wie einen guten Freund – das schafft eben nur ein gutes Buch.

Rebecca Gablé: Das Spiel der Könige. Roman. Übersetzt von Jan Balaz. Bastei Lübbe, Köln 2009. 1200 Seiten, 9,99 Euro (Taschenbuch), 8,49 Euro (E-Book).

Roadtrip durch die Pampa

Die Lüneburger Heide im Sommer. Der 17-jährige Ernesto hat Liebeskummer, wird regelmäßig von einer Moorleiche namens Svantje heimgesucht und träumt von einem Studium an der Filmakademie. Unvermittelt steht sein Onkel Alfonso aus Argentinien vor der Tür – begleitet von seinem gigantischen Rassehund mit dem fürstlichen Namen Astor Garcilaso de la Luz y Parra. Auf der Flucht vor der Polizei und den Zwängen des Alltags beginnt ein Roadtrip durch die Pampa, in der die drei nicht nur Desperados, Gauchos und Wölfen, sondern auch einem Keltenstamm begegnen. Geschrieben ist der rasante und abwechslungsreiche Roman aus der Sicht von Ernesto. Der schnoddrige Tonfall erinnert an den "Fänger im Roggen" und ist gewürzt mit Sätzen in feinstem Plattdeutsch. Der wunderbar-verrückte Roman ist ein Muss für alle, die auf der Suche nach einer erfrischenden, lustigen Sommerlektüre sind!

Sabrina Janesch: Tango für einen Hund. Roman. Aufbau, Berlin 2014. 303 Seiten, 19,95 Euro (gebunden), 15,99 Euro (E-Book)




Mehrfache Wiedergeburt

Schon im zweiten Kapitel stirbt Ursula Todd kurz nach ihrer Geburt. Im dritten Kapitel kommt sie noch einmal zur Welt – und überlebt. Ursulas Tode geben den Takt des Romans vor, denn nach jedem wird sie nochmal neugeboren und bekommt die Chance, es diesmal besser zu machen. Der Roman verlangt dem Leser mit zahlreichen Vor- und Rückblenden einiges ab, aber er hat dafür umso mehr zu bieten: Sorgsam gezeichnete Figuren, besonders die eigenwillige Protagonistin; eindrückliche Beschreibungen Londons während der Luftangriffe; und natürlich die immer mitschwingende Frage nach dem Was-wäre-wenn. Was wäre, wenn es eine Chance gäbe, alles anders zu machen? Würde man ein anderer Mensch? Oder nur derselbe Mensch in einer anderen Situation? Ein echter Schmöker für lange Sommertage.

Kate Atkinson: Die Unvollendete. Roman. Übersetzt von Anette Grube. Droemer, München 2013. 592 Seiten, 9,99 Euro (Taschenbuch); 9, 99 Euro (E-Book).

Rock’n’Roll-Alltag

2005 war ein magisches Jahr für die Musik. Lauter tolle Bands veröffentlichten lauter tolle Alben zu denen man gleichermaßen gut tanzen als auch verzweifeln konnte. Mitten im Hype waren Art Brut ein Leuchtfeuer: Ihr Debüt "Bang Bang Rock’n’Roll" ein Instant-Klassiker, ihre Konzerte verschwitzte Massenpartys, bei denen man "Art! Brut! Top of the Pops!" skandierte und mit Sänger Eddie Argos nach seiner ersten Liebe "Emily Kane" rief. Art Brut wurden dann doch nie das große Ding, aber musizieren manchmal noch in kleinen Clubs. Eddie Argos lebt heute in Berlin, ist Vater, verdingt sich als DJ und verkauft Kunst. In seinem Crowdfunding-finanzierten Erstling "I formed a band" kann man den "Rise to Fame" von Art Brut von hinter den Kulissen miterleben – und glücklicherweise ist Argos Ton dabei genauso lakonisch und komisch wie in seinen Songs.

Eddie Argos: I formed a band. Roman. Berlin, 2015. 10 GBP (Taschenbuch) via http://www.lofipunkrockmotherfucker.co.uk


Noch mehr Buchtipps unter    http://fudr.fr/lesetipps2015

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