Stuttgart
Herr über Schlangen und Krokodile im Stuttgarter Zoo Wilhelma
Harry Aberle kümmert sich auch um Greifvögel, Nashörner und Ameisenbären - das ist nicht ungefährlich.
Roland Böhm
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
"Jeder Tag kann mein letzter sein", sagt Aberle trocken. Der Routinier ist Herr über die Stuttgarter Schlangen. Und über die ebenfalls extrem gefährlichen Leistenkrokodile. "Man muss schon voll bei Sinnen sein", sagt Aberle über seinen Umgang mit den Exoten.
Muss er etwa ein Krokodil mit Lasso einfangen, baut er gerne auf drei oder sogar vier erfahrene Kollegen. Und bei Arbeiten im Terrarium schaut er lieber dreimal mehr aufs Laub, ob sich da nicht eine Gabunviper versteckt. "Das sind die Giftigsten überhaupt." Gefüttert werden die Schlangen nur alle 14 Tage. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit werden dafür die Terrarien geöffnet. Das Menü: eine tote Ratte.
Wie mutig muss man für so einen Beruf sein? Erfahrung ist wichtig, betont Aberle, der seit gut 40 Jahren in der Wilhelma mit gefährlichen Tieren arbeitet. Schon als Kind hätten ihn die Reptilien fasziniert. Seine Urlaube verbringt er von jeher in ihrer Heimat: Sumatra, Borneo, Sri Lanka – er kennt die Umgebung, in die seine Klienten eigentlich gehören.
Einmal ist er von einer Schlange gebissen worden. "Durch den Sack durch", den er zum Schutz über den Arm hatte. Es war bei einem Polizeieinsatz, zu dem er als Experte gerufen wurde. Die Beamten hatten eine Kobra gefunden. "Es war zum Glück ein kurzer, trockener Biss", erzählt Aberle. Heißt: Es wurde noch kein Gift injiziert. Trockene Bisse setzen die Schlangen als Abschreckung beim Angriff ein. Gift fließt erst, um Beutetiere unschädlich zu machen.
"Toi, toi, toi", die Wilhelma sei bisher von größeren Unfällen von Pflegern mit gefährlichen Tieren verschont geblieben, berichtet Sprecher Harald Knitter. Vorschriften würden stets aktualisiert. So gibt es jetzt eine für Schmuck, weil Affen gerne danach greifen und an sich reißen. Rund zwei Drittel der Kollegen arbeiten mit gefährlichen oder sogar besonders gefährlichen Tieren. Für jeden Arbeitsplatz gibt es eine Gefährdungsbeurteilung und Vorschriften – wobei auch Ameisenbären, Großpapageien, Greifvögel und Seeanemonen als gefährlich gelten, weil sie kratzen oder beißen können oder die Haut reizen.
Volker Scholl, Aberles Kollege und Herr der Elefanten, kennt natürlich jene schreckliche Geschichte vom Juni 2015 aus Buchen im Odenwald, als eine ausgerissene Elefantenkuh einen Spaziergänger tötete. Zella und Pama – das sind seine beiden vier Tonnen schweren, Indischen Elefanten – merke er an, wenn sie "mal schlecht drauf" sind, sagt der 58-Jährige. "Einem Elefanten passiert nichts versehentlich." Meist gebe es einen Grund für Aggressivität. "Wir können das erkennen. Lassen sie dann in Ruhe oder versuchen, etwas an der Situation zu ändern."
Anders sei das bei den Nashörnern nebenan, die bei Weitem nicht so intelligent seien. Dadurch seien sie auch schlechter einzuschätzen. Von Natur aus sind sie "viel cholerischer" als Elefanten, wie Scholl berichtet, weshalb es die Pfleger tunlichst vermeiden, mit ihnen im gleichen Raum zu sein. Direkter Kontakt mit den zwei Tonnen schweren Tieren ist nicht vorgesehen. Anders als bei Pama und Zella, auf denen Scholl schon mal durch den Zoo reitet. "Ein Restrisiko bleibt aber natürlich auch da. Das ist uns schon bewusst. Jeden Tag."