Kino
Hans Steinbichler verfilmt "Das Tagebuch der Anne Frank"
DRAMA: Hans Steinbichler verfilmte "Das Tagebuch der Anne Frank" neu – sehr heutig und licht.
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Das Wissen um die Ermordung Anne Franks, die im März 1945 im KZ Bergen-Belsen starb, hat den Blick auf die "normale" Jugendliche oft verstellt. Hier setzt die Verfilmung von Hans Steinbichler an, die sich dem Menschen und nicht dem Mythos Anne Frank verpflichtet fühlt (ein Interview mit ihm lesen Sie am Freitag im Magazin bz-ticket.de). Er zeigt Anne zu Beginn des Films, bevor die Familie untertaucht.
Sie ist ein stolzes, widerspenstiges und eigensinniges Mädchen, das sich danach sehnt, endlich erwachsen zu werden, den anzüglichen Avancen der Jungs auf der Straße mit einem überlegenen Lachen begegnet und sich auch von den uniformierten Jeugdstorm-Kerlen (niederländische HJ) nicht einschüchtern lässt, die ihr und ihren jüdischen Freundinnen das Baden im Meer verbieten.
Zum 13. Geburtstag bekommt Anne von ihrem geliebten Vater (Ulrich Noethen) das rotweiß karierte Tagebuch geschenkt, das zu ihrem Vertrauten wird – besonders im Versteck in der Prinsengraacht, in das die von Frankfurt in die Niederlande ausgewanderte Familie überstürzt aufbricht, als die Nazis ihre Schwester Margot (Stella Kunkat) holen wollen. Das Hinterhaus ist in Steinbichlers Film kein finsterer Ort, sondern ein Mikrokosmos mit Licht und Schatten, in dem familiäre Konflikte auf engem Raum schnell hochkochen.
Dabei bleibt der Film immer nah dran an Annes Perspektive, die sich mit der Herzlosigkeit der Pubertät von ihrer Mutter (Martina Gedeck) löst, der nörgelnden Mitbewohnerin Frau van Daan (Margarita Broich) Paroli bietet und mit deren Sohn heimlich auf dem Dachboden erste Knutschversuche unternimmt. Natürlich verlagert auch dieser am direkten Leben orientierte Film nicht alles in Handlung und Dialoge, sondern spielt ebenfalls Tagebuchfragmente aus dem Off ein. Die Auswahl der Zitate zielt einerseits auf die intime Nähe zur Figur und zeigt andererseits die enorme intellektuelle Schärfe, mit der diese Heranwachsende auf ihre zukünftige Rolle als Frau und die kriegszerrüttete Welt dort draußen blickt.
Ein wahrer Glücksgriff ist Lea van Acken ("Kreuzweg") in der Rolle der Anne, die die emotionalen Turbulenzen des Jugenddaseins genauso glaubwürdig darstellt wie die Courage, Verletzlichkeit und Ängste dieses eigensinnigen Mädchens, das man erst allmählich, dafür dann umso fester ins Herz schließt. Aber auch Ulrich Noethen ist herausragend als Vater, der der Tochter Halt bietet, obwohl er selbst unter der Verantwortung fast zerbricht. Steinbichler erzählt Annes Geschichte über die Grenzen des Tagebuchs hinaus. Er zeigt die Verhaftung, die von den Nazis mit gespenstischer Ruhe und Routine durchgeführt wird, und den Transport bis zur Aufnahme in Auschwitz. Auch hier wird auf Eindringlichkeit und nicht auf brutale Effekte gesetzt.
Seine Intensität bezieht dieser überraschend lichte Film daraus, dass er Anne Frank als lebendiges, widersprüchliches, garstiges, sehnsüchtiges, hoffnungsfrohes Mädchen zeigt, das trotz der widrigen Verhältnisse bereit war, nach dem Leben mit all seinen Möglichkeiten zu greifen – und mit grausamer Abruptheit aus eben diesem Leben herausgerissen wurde.
Regisseur Steinbichler und Hauptdarstellerin Lea van Acken kommen am Samstag, 12. März, um 16 Uhr in die Freiburger Harmonie.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ