BZ-Interview
Wissenschaftler über Charakterzüge: "Freiburger sind neurotischer"
Wissenschaftler der Uni Jena haben die Persönlichkeitsmerkmale der Deutschen untersucht. Die Ergebnisse bestätigen Klischees: Norddeutsche sind unterkühlt, Süddeutsche gemütlich – und Freiburger extrovertiert und neurotisch.
Do, 4. Okt 2018, 10:12 Uhr
Freiburg
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BZ: Wie offen sind die Freiburger im Vergleich zu Großstädtern wie in Berlin, München und Hamburg?
Wyrwich: Freiburg führt die Liste leicht an. Der Unterschied ist gering. Aber man kann sich schon wundern, denn eigentlich sind die Menschen in großen Städten offener als in kleineren.
BZ: Bei der emotionalen Stabilität steht Baden-Württemberg gefestigter da als der Nordosten. Warum ist das so?
Wyrwich: Dazu können wir noch nicht viel sagen. Wir haben die deskriptiven Unterschiede angeschaut. Die Gründe wollen wir in späterer Forschung herausfinden. Emotionale Stabilität ist vom Umfeld geprägt. Ist das Umfeld stabil, ist auch die emotionale Stabilität höher.
BZ: Freiburger sind laut Ihrer Studie sehr verträglich – hilfsbereit und mitfühlend. Wie verträglich sind sie im Vergleich zu Städten wie München oder Berlin?
Wyrwich: Im Vergleich dieser vier Städte sind die Freiburger am verträglichsten. Wieso, ist schwierig zu sagen. Wir haben die Hypothese, dass es in Deutschland einen Nord-Süd-Unterschied gibt. Eine unserer Theorien ist, dass das auf den Einfluss des römischen Grenzwall Limes zurück geht. Also dass die Menschen nördlich und südlich des Limes eine unterschiedliche Persönlichkeitsstruktur haben. Es gibt diese Achse vom Rheinland nach Niederbayern. So wie der Limes ungefähr verlaufen ist, verlaufen viele Persönlichkeitsunterschiede. Das hat uns erstaunt. Klar gibt es im geografischen Verlauf Ausreißer. Wir wollen dieser Spur nachgehen. Die Frage wird sein: Gibt es einen Limes-Effekt bei der Persönlichkeitsstruktur der Deutschen?
BZ: Wie emotional stabil sind die Freiburger, verglichen mit dem Umland?
Wyrwich: Da schneiden die Freiburger schlechter ab als das Umland. Das bedeutet, dass die Freiburger etwas neurotischer als auf dem Land sind. Es gibt den Stereotypen aus dem Woody-Allen-Film "Der Stadtneurotiker". Der zeigt sich im Durchschnitt für Deutschland nicht. In Freiburg schon. Der Wert ist überraschend, weil in der Regel die Menschen auf dem Land neurotischer sind als in der Stadt. Wir haben für die Studie 925 Leute in Freiburg und den drei Landkreisen befragt, die Hälfte in der Stadt.
BZ: Es heißt in der Studie, dass die Persönlichkeitsprofile sich auf die ökonomische und soziale Entwicklung der Regionen auswirken können. Inwiefern?
Wyrwich: In der Theorie soll ein Unternehmer bestimmte Eigenschaften haben. Er soll offen für neue Erfahrungen, seine emotionale Stabilität stark sein, Kommunikationstalent haben. Die Verträglichkeit soll gering, die Gewissenhaftigkeit hoch sein. Daraus kann man ein Profil errechnen. Bringt man das in Zusammenhang mit Gründungsbewegungen, ist es so, dass dort, wo viele Menschen mit dem Persönlichkeitsprofil leben, viele Unternehmen gegründet werden.
BZ: Die Menschen in Freiburg sind laut der Studie sehr gesellig: Welchen Platz belegen die Freiburger?
Wyrwich: Es gibt 107 kreisfreie Städte. Die Stadt Landshut in Bayern ist die extrovertierteste in Deutschland. Freiburg liegt auf Platz 16 von 107. Generell sind die Süddeutschen extrovertierter als die Norddeutschen.
BZ: Wie kann man den typischen Durchschnittsfreiburger also beschreiben?
Wyrwich: Die Freiburger sind überdurchschnittlich verträglich und extrovertiert. Die Offenheit für neue Erfahrungen ist sehr stark ausgeprägt. Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität sind bei den Freiburgern durchschnittlich.
Michael Wyrwich, 34, war bis vergangene Woche an der Uni Jena Lehrstuhlvertretung für Unternehmensentwicklung. Seit Montag ist er Professor für Entrepreneurship an der Universität Groningen.
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