Frau auch auf Formularen
Die 80-jährige Marlis Krämer zieht vor den BGH, weil ihre Sparkasse sie mit "Kunde" anspricht.
Susanne Kupke
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
KARLSRUHE. "Kunde", "Kontoinhaber", "Einzahler", "Sparer": Marlies Krämer, engagierte Kämpferin für Frauenrechte aus dem saarländischen Sulzbach, fühlt sich von diesen männlichen Bezeichnungen nicht angesprochen. Die 80-Jährige will auch in Formularen als das wahrgenommen werden, was sie ist: als Frau – und hat deshalb ihre Sparkasse verklagt. Am heutigen Dienstag prüft der Bundesgerichtshof in Karlsruhe den Fall.
Marlies Krämer reicht es nicht, dass ihre Bank sie im Gespräch und in persönlichen Schreiben als "Frau" anspricht. Sie will sich auch in unpersönlichen Formularen als "Kundin", "Kontoinhaberin", "Einzahlerin" oder "Sparerin" wiederfinden. "Es ist mein verfassungsmäßig legitimes Recht, dass ich als Frau in Sprache und Schrift erkennbar bin", sagt sie.
Beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband versteht man die Aufregung nicht. Man spreche Kunden grundsätzlich geschlechtsspezifisch an. Nur bei Vertragsmustern sei dies anders. "Es handelt sich dabei häufig um rechtlich komplexe Texte, die im Satzbau durch die Verwendung beider Geschlechter zusätzlich verkompliziert würden. Deswegen wird bei diesen Formularen eine einheitliche Form der Ansprache gewählt", erläutert Sprecher Stefan Marotzke.
Das Landgericht Saarbrücken, das die Klage in zweiter Instanz zurückwies, sieht das ebenso: In Formularen wie in der juristischen Fachsprache werde das "generische Maskulinum" (grammatisch maskuline Substantive) verallgemeinernd geschlechtsneutral verwendet. "Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits seit 2000 Jahren schon im allgemeinen Sprachgebrauch bei Personengruppen beiderlei Geschlechts das Maskulinum als Kollektivform verwendet wird und es sich insoweit um nichts weiter als die historisch gewachsene Übereinkunft über die Regeln der Kommunikation handelt."
Ein skurriles Argument, findet Mechtild Düsing, Vorstandsmitglied beim Deutschen Anwaltverein. "Was vor 2000 Jahren richtig war, kann heute nicht mehr richtig sein." Gerade Sparkassen als öffentlich-rechtliche Organisationen seien an den Gleichheitssatz der Grundrechte gebunden.
Klägerin Krämer hat nach dem frühen Tod ihres Mannes vier Kinder großgezogen, sie hat ein Enkelkind, die Partei der Linken in Sulzbach mit aus der Taufe gehoben und immer wieder erfolgreich für eine frauliche Sprache gekämpft: So verzichtete sie in den 1990er-Jahren so lange auf einen Pass, bis sie den Antrag als Frau unterschreiben konnte. Und was wäre, wenn sie nun vor dem BGH Recht bekäme? Dann hätten mehr als 1600 Kreditinstitute in Deutschland ein Problem, dazu viele andere Institutionen und Firmen, die mit dem verallgemeinernden Maskulinum arbeiten.