Ernährung

Fasten muss nicht nur Verzicht auf Süßes heißen

Die 40 Tage bis Ostern Verzicht zu üben ist hart – und erfreut sich vielleicht genau deswegen zunehmender Beliebtheit.  

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Süße Versuchung! Foto: Eggstein
Der Alkohol ist vernichtet, der Konfetti-Vorrat leer und das Narrenkostüm weggepackt. Nach wilder Karnevalsfeierei ist am Aschermittwoch Schluss mit lustig. Im christlichen Jahreskreis steht dann bis Ostern die Fastenzeit an – 40 Tage lang. Doch auch jenseits der Kirchen wird heute fleißig gefastet.

Ich will verzichten! Fasten

wird immer beliebter

Die Menschen rennen der Kirche nur noch selten die Bude ein, das Fasten allerdings wird immer beliebter. Mehr als die Hälfte der Deutschen haben bereits einmal für mehrere Wochen gefastet, also auf etwas verzichtet. Das hat eine am Montag in Hamburg vorgestellte Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergeben. Gegenüber einer Umfrage von vor drei Jahren sei das ein Anstieg um fünf Prozentpunkte. Gerade Menschen mittleren Alters scheinen das Innehalten zu schätzen: 68 Prozent der 33- bis 44-Jährigen gaben an, schon mal gefastet zu haben.

Früher Essen, heute querbeet:

Was wird gefastet?

Im frühen Mittelalter war das mit dem Fasten relativ klar: Es ging ums Essen. Kein Fleisch, kein Fett, keine Milch, keine Eier und kein Alkohol, das war die strenge Fastenregel. Auch heute noch sollen Katholiken an den Bußtagen, das sind Aschermittwoch sowie die Freitage, kein Fleisch essen. Doch gefastet wird mittlerweile wesentlich vielseitiger. Der Forsa-Umfrage zufolge ist Alkohol heute der absolute Renner: 70 Prozent würden beim Fasten hier ansetzen, gefolgt von Süßigkeiten (64 Prozent), Fleisch (41 Prozent) und Rauchen (40 Prozent). Nicht fernsehen steht bei 33 Prozent hoch im Kurs, Handy- oder Internetverzicht können sich 27 Prozent für ihr Fasten vorstellen.

Weltverbesserungsfasten

mit der katholischen Kirche

Auch die Kirche interpretiert das Fasten heute wesentlich freier. So rufen zahlreiche kirchliche Organisationen in diesem Jahr zu weltverbesserndem Fasten auf – das reicht von Autofasten (Bistum Trier) oder genauer, CO2-Fasten (Diözese Würzburg), über ein anderes Konsumverhalten (Misereor und der Bund der Katholischen Jugend) bis hin zum Plastikfasten (Katholischer Deutscher Frauenbund), also dem Verzicht auf Plastiktüten oder Kosmetika mit Plastik. Wichtig sei, dass man auf etwas Liebgewordenes verzichte, sagt Michael Krämer, Leiter der katholischen Erwachsenenbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Das Fasten sei heute immer auch geistiger Aufbruch.

"Du bist schön" – die Aktion
der evangelischen Kirche

Mit "Sieben Wochen ohne" organisiert die evangelische Kirche jährlich die größte Fastenaktion in Deutschland, mit bis zu drei Millionen Teilnehmern. Die südbadische Prälatin Dagmar Zobel macht seit 30 Jahren mit. "Früher war das der Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten, Zigaretten, jetzt versuche ich mehr, das Motto zu erfassen und zu leben", sagt sie. Seit einigen Jahren habe sich die Aktion verändert, lege nun eine größere Aufmerksamkeit auf Haltungen und Einstellungen, so Zobel. In diesem Jahr ist der Schönheitswahn Thema – und die Annahme des eigenen Körpers. Das Motto lautet: "Du bist schön – sieben Wochen ohne Runtermachen". "Das ist schon eine Herausforderung", sagt Zobel. Interessierten empfiehlt sie, an den Angeboten der Gemeinden teilzunehmen. "Es ist für viele schön, sich mit anderen über die Erfahrungen, die man macht, auszutauschen." Ihr Tipp: "Nachsichtig mit sich selbst zu sein, wenn das, was man sich vornimmt, nicht so gelingt. Sonst konterkariert man gerade in diesem Jahr das Anliegen der Aktion."

Fasten für Anspruchsvolle –

der Handyverzicht

Schokolade fasten kann jeder, findet Medienexperte Markus Merkle. Er ruft deshalb mit der medienpädagogischen Onlineplattform Handysektor zum Handyfasten auf. "Mit der Aktion wollen wir fragen, ob wir wirklich noch ohne Handy leben können", sagt der Pädagoge. Mehr als 30 Schulen hätten 2014 mitgemacht. Gerade Schülern falle der Verzicht nicht leicht. "Ich fange wirklich an zu leiden", notierte etwa Alina am dritten Tag in ihr Projekttagebuch. Auch Merkle weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer der Handyverzicht ist – und ist deshalb gnädig: Ein paar Tage würden schon reichen.

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