BZ-Interview

Sportjugend-Präsident: "Es geht darum, unsere Kinder und Jugendlichen zu schützen"

Die Deutsche Sportjugend (DSJ) vertritt 10 Millionen junge Sportler. Ingo Weiss, ist Vorsitzender der DJS. Im BZ-Interview spricht er über sein Engagement bei dem Versuch, sexueller Gewalt in Sportvereinen vorzubeugen.  

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„Da ist nicht überall nur heile Welt“ – Ingo Weiss (52)  | Foto: Christoph Mertens info@mertens.it
„Da ist nicht überall nur heile Welt“ – Ingo Weiss (52) Foto: Christoph Mertens [email protected]
Die Deutsche Sportjugend (DSJ) vertritt zehn Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 26 Jahre in den rund 90 000 Sportvereinen in Deutschland. Ingo Weiss, Präsident der DSJ, unterstützt schon seit 2009 Projekte, mit denen sexuell motivierter Gewalt im Sport vorgebeugt werden soll. Immer wieder übernimmt die DSJ gerade bei heiklen Themen eine Vorreiterrolle. Warum das so ist, fragte BZ-Redakteur Andreas Strepenick.

"Wir versuchen, wenn man so will, so eine Art gutes Gewissen des Sports zu sein."
BZ: Herr Weiss, die DSJ beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit der Frage, wie sexuell motivierte Gewalt in Vereinen verhindert werden kann. Warum engagieren Sie sich so stark?
Weiss: Weil wir die Glaubwürdigkeit des Sports erhalten wollen. Der Sport ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Wir haben 27 Millionen Mitglieder, zehn Millionen Jugendliche und 8,6 Millionen Ehrenamtliche. Da ist nicht überall nur heile Welt. Wir haben mit Sicherheit an der einen oder anderen Stelle auch schwarze Schafe. Wir möchten gern, dass Eltern ihre Kinder ohne Sorge in die Sportvereine schicken können. Ich rede immer von der gläsernen Sporthalle. Die Eltern sollen wissen, was dort passiert. Sie sollen wissen, dass ihre Kinder gut betreut werden. Auch im Sport gibt es Erscheinungsformen sexualisierter Gewalt. Daher brauchen wir eine Kultur der Aufmerksamkeit. Wir geben den Vereinen Handlungsempfehlungen und wir wollen den Eltern deutlich machen, dass wir alles tun, um sexualisierte Gewalt aus dem Sportgeschehen heraus zu halten, damit Sportvereine gute Orte für Kinder und Jugendliche sind. Übungsleiter und Übungsleiterinnen sind oftmals Vertrauenspersonen und können wichtige Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche sein. Es geht auch darum, die vielen, vielen guten und engagierten Übungsleiter und Übungsleiterinnen zu schützen. Hier darf keiner und keine unter Generalverdacht geraten.
"Vielleicht ist gerade diese Aufmerksamkeit, die wir jetzt haben auch ein Grund dafür, dass Täterinnen und Täter abgeschreckt werden."
BZ: Die DSJ war gerade bei heiklen Themen schon öfter Vorreiter. Sie unterstützen die Doping-Prävention, wollen junge Athletinnen und Athleten also vor dem Missbrauch von Medikamenten zur Steigerung der Leistung bewahren. Sie kämpfen gegen Rassismus im Sport. Hinzu kommen die Versuche, sexuell motivierter Gewalt vorzubeugen. Andere Spitzenverbände des Sports schrecken vor solchen Themen nicht selten erst einmal zurück.
Weiss: Wir versuchen, wenn man so will, so eine Art gutes Gewissen des Sports zu sein. Es gehört ganz einfach zu unseren Aufgaben, dass wir uns auch mit heiklen Dingen befassen. Schließlich geht es darum, unsere Kinder und Jugendlichen zu schützen – vor sexualisierter Gewalt, aber auch vor dem Missbrauch von Medikamenten, also Doping. Die Präventionsarbeit, die wir hier mit Professor Gerhard Treutlein aus Heidelberg vorangetrieben haben, muss im Jugendalter beginnen.

BZ: Der organisierte Sport begann mit seinen Präventionskampagnen im Bereich des sexuellen Missbrauchs 2009/2010 auch angesichts der Skandale, die damals in der katholischen Kirche aufgedeckt wurden. Hat man im Sport die Sorge, dass dort Missbrauchsfälle in ähnlichem Ausmaß wie damals in der Kirche ans Licht kommen könnten?
Weiss: Wir haben auch im Sport Fälle, aber nicht in der Masse, wie sie in der Kirche aufgetreten sind. Schaut man sich etwa die Zahl derjenigen an, die sich bei den sogenannten Sorgentelefonen melden, dann ist klar festzustellen: Auf vier oder fünf Anrufer aus dem Bereich des Sports kommen 100 oder 200 aus anderen Bereichen – Fälle im Bereich der Familie oder anderer Institutionen. Das heißt aber natürlich nicht, dass wir nicht weiterhin aufmerksam sein müssten im Sport. Vielleicht ist gerade diese Aufmerksamkeit, die wir jetzt haben – und die in manchen Landessportjugenden schon seit mehreren Jahrzehnten herrscht – auch ein Grund dafür, dass Täterinnen und Täter abgeschreckt werden. Wir wollen ganz einfach deutlich machen, dass Menschen, die pädosexuelle Handlungen planen oder generell solche, die die Machtverhältnisse gegenüber Kindern und Jugendlichen ausnutzen wollen, im Sport keinen Platz haben.

Alle Serienbeiträge finden Sie unter: http://mehr.bz/badeninbewegung

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