Erst hohe Strompreise und jetzt noch Zölle

Rückgänge in der Baukonjunktur, hohe Energiepreise und mangelnde Planbarkeit: Der Krisenmodus prägte auch das Jahr 2024. Die Badischen Stahlwerke (BSW) ziehen ein entsprechend verhaltenes Fazit.  

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Ein schwieriges Jahr liegt hinter den Badischen Stahlwerken in Kehl.   | Foto: Markus Dietze
Ein schwieriges Jahr liegt hinter den Badischen Stahlwerken in Kehl. Foto: Markus Dietze
2024 war ein weiteres Jahr unter schwierigen Vorzeichen, lautet eine Stellungnahme der BSW-Geschäftsführer Florian Glück und Andreas Volkert in der Bilanz 2024 des Unternehmens. Die Badischen Stahlwerke in Kehl sind nach Firmenangaben eines der effizientesten Elektrostahlwerke in Deutschland und mit rund 850 Beschäftigten einer der großen Arbeitgeber der Region. Bis zu 2,4 Millionen Tonnen Betonstahl werden jährlich im Kehl produziert durch das ressourcenschonende Recycling von Stahlschrott.

Eingesetzt wird der Stahl von der Bauindustrie in Deutschland und dem angrenzenden Ausland. Die anhaltende Krise in der Baubranche haben daher auch die BSW deutlich zu spüren bekommen. "Der erneute Rückgang der Baugenehmigungen für Gebäude um fast 22 Prozent im vergangenen Jahr hat uns vor große Herausforderungen gestellt", wird Geschäftsführer Florian Glück zitiert. "Denn wenn weniger Bauprojekte realisiert werden, sinkt die Nachfrage nach Betonstahl." Die Schwäche des Bausektors lasse sich auch an der Höhe der Bauinvestitionen ablesen: Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung sanken diese 2024 um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit zum dritten Mal in Folge. "Ein Trend, der sich auch in unseren Auftragsbüchern bemerkbar macht", so Glück.

Kaum Entspannung bei den Energiekosten

Auch bei den Energiekosten habe es kaum Entspannung gegeben. Trotz leichter Rückgänge blieben die Strompreise 2024 deutlich über dem EU-Durchschnitt. "Nicht zuletzt durch die Entscheidung der Bundesregierung Ende 2023, den zugesagten Zuschuss zur Stützung der Netzentgelte aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds wieder zu streichen. Die daraus resultierende Verdoppelung der Entgelte für die Netznutzung hat bei den Badischen Stahlwerken im vergangenen Jahr zu Mehrkosten für Strom in Höhe einer zweistelligen Millionenzahl gegenüber der ursprünglichen Planung geführt", beklagen die BSW-Chefs. Das stelle eine massive Belastung dar und sei ein eindeutiger Nachteil im internationalen Wettbewerb.

Sicherung der Beschäftigung

Trotz dieser Rahmenbedingungen hätten die BSW das Jahr einigermaßen zufriedenstellend bewältigen und Kurzarbeit vermeiden können. "Dies war jedoch nur möglich, weil wir Aufträge angenommen haben, die nicht kostendeckend waren, um die Produktion auszulasten und so die Beschäftigung zu sichern", erläutert Glück. "Das ging zu Lasten unseres Unternehmensergebnisses und ist eine Investition in die Zukunft. Denn die Eigentümer der Badischen Stahlwerke und auch wir vom Management glauben daran, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen langfristig wieder verbessern werden, und dass Stahl, ebenso wie unsere Unternehmensgruppe, in Deutschland eine Zukunft hat. Aus diesem Grund haben wir auch in diesem Herbst wieder 40 neue Auszubildende eingestellt."

Wasserstoff-Forschungsprojekt

Nachhaltigkeit bleibe ein zentrales Anliegen der Badischen Stahlwerke. So habe das Unternehmen im Sommer 2024 zusammen mit der Badischen Stahl-Engineering GmbH und der RWTH Aachen ein Forschungsprojekt gestartet, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 2,3 Millionen Euro gefördert werde. Ziel sei die Entwicklung eines neuen Brennersystems für den flexiblen Einsatz von Wasserstoff, um CO2-
Emissionen zu senken. Nach erfolgreichen Referenzmessungen im vergangenen Herbst gehe das Projekt 2025 mit dem Bau einer Pilotanlage in die nächste Phase.

Energie aus erneuerbaren Quellen

Auch beim Ausbau von grünem Strom gingen die Badischen Stahlwerke mit gutem Beispiel voran: 2024 wurden die ersten Photovoltaikanlagen auf Dächern der
Unternehmensgruppe in Betrieb genommen. Weitere Anlagen sollen folgen. Zudem habe das Unternehmen Lieferverträge mit Solar- und Windparks unterzeichnet. Schon ab 2025 werde die BSW Strom aus Solarkraft in Höhe des jährlichen Strombedarfs von etwa 11.000 Vier-Personen-Haushalten beziehen. Ab 2026 komme dann Windstrom aus dem Windpark Amrum West hinzu. Darüber hinaus prüfe das Stahlwerk derzeit gemeinsam mit Koehler Paper und dem Rheinhafen Kehl, ob der Bau von Windrädern auf dem Hafengelände einen weiteren Beitrag zur Eigenversorgung leisten kann. Ihr Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, können die Badischen Stahlwerke allein mit eigener Stromerzeugung jedoch nicht erreichen: "Die Stahlproduktion ist und bleibt energieintensiv", wird Volkert zitiert. "Um CO2-neutral fertigen zu können, brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen: ausreichend CO2-armen Strom und Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen – und das langfristig, damit wir für die Zukunft planen können."

Erwartungen für 2025

Auf die kommenden Monate blicken die BS mit Zurückhaltung, denn die wirtschaftlichen Herausforderungen seien noch nicht überwunden. Sorge bereite den Geschäftsführern insbesondere die anhaltende Krise der Bauindustrie: "Auch wenn wir mittel- bis langfristig auf eine Erholung der Konjunktur hoffen, sehen wir für 2025 noch keine wesentliche Verbesserung", so Glück. "Wir werden uns daher weiterhin darauf konzentrieren, Prozesse und Kosten zu optimieren. Zugleich arbeiten wir daran, die BSW und unsere Unternehmensgruppe strategisch weiterzuentwickeln, um uns angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen für die Zukunft optimal aufzustellen."

Die angeordneten Sonderzölle auf Stahlimporte in die USA dürfte die Situation aus Sicht der BSW noch weiter verschärfen: "Zwar exportieren wir selbst nicht in die USA, doch wir müssen davon ausgehen, dass durch die neuen Zölle Handelsströme von den USA nach Europa umgeleitet werden", erläutert Volkert. "Der Konkurrenzdruck auf dem europäischen Markt wird dadurch weiter steigen." Dies dürfte wegen der hohen Strompreise zu Lasten der deutschen Stahlproduzenten gehen.

Die BSW appellieren: "Wir brauchen dringend einen Ausgleich der gestiegenen Netzentgelte, damit energieintensive Unternehmen aus Deutschland international wettbewerbsfähig bleiben. Zudem braucht es Impulse, um die Bauwirtschaft wieder anzukurbeln – etwa durch gezielte Fördermaßnahmen. Die nächste Bundesregierung muss stabile Rahmenbedingungen und Wachstumsanreize schaffen, die den Unternehmen Planbarkeit ermöglichen."
Schlagworte: Andreas Volkert, Florian Glück
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