Eros und Autos
Der Deutsche kann vieles, aber vor allem kann er: Autofahren. Wie ein Großer. Findet er jedenfalls selbst. Aber warum zeigt er das nicht endlich mal auf der Straße?.
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Es war knapp. Seit diesem Tag habe ich dafür eine Autofahrerbiographie, die mehr oder weniger einwandfrei ist. Sicher: Ich bin schon geblitzt worden, aber ich habe keinen einzigen Punkt in Flensburg. Ein Knöllchen fürs Falschparken habe ich auch nur einmal bekommen. Und einmal, als Fahranfänger, habe ich beim Ausparken ein anderes Auto geschrammt, ganz leicht nur, es war aber auch schon alt und der Lackschaden mit einer Flasche Wein abgegolten. Ansonsten bin ich seit einem Vierteljahrhundert unfallfrei unterwegs. Trotzdem würde ich mich nicht als guten oder sehr guten Autofahrer bezeichnen, allenfalls als guten Durchschnitt.
Damit bin ich tatsächlich eine Ausnahme. Vor einem Jahr ist wieder mal eine Umfrage durch die Medien gegeistert, die im Auftrag des ADAC erhoben wurde. 53 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie sich als gute Autofahrer sehen, 29 Prozent finden sich sogar sehr gut. 17 Prozent schätzten die eigenen Fähigkeiten als durchschnittlich ein. Und nur einer von hundert bewertete sich als schlecht. Mathematik war nie mein stärkstes Fach, aber selbst mir ist auf Anhieb klar, dass hier etwas nicht stimmen kann, dass eine Normalverteilung anders aussieht.
Es gibt viele Menschen, die damit kokettieren, etwas nicht zu können; tatsächlich ist das sogar sehr oft Mathe. Aber Fahren gehört nie dazu. Schlecht einparken schon, ja, aber schlecht fahren? Quatsch! Ich doch nicht. Das liegt mir im Blut. Auch schlechte Liebhaber, nebenbei bemerkt, sind immer nur die anderen. Eros und Autos: Die Dinge, auf die es wirklich ankommt.
Das Problem zeigt sich jeden Tag auf der Straße. Die Leute rasen, die Leute drängeln, die Leute übersehen am Zebrastreifen Fußgänger und blockieren mit ihren fetten Karren gerne mal zwei Parkplätze gleichzeitig. In der Spielstraße, in der ich wohne, fährt manchmal nicht mal die Polizei Schritt. Und erst am Dienstag habe ich laut einige schlimme Worte ausgesprochen, als sich ein Motorradfahrer im Berufsverkehr am Emmendinger Elzdamm schnell in die Lücke zwischen mir und meinem Vordermann gezwängt hat. Es war gut, dass meine Kinder nicht dabei waren.
Immerhin wissen laut der ADAC-Umfrage viele Autofahrer tief in ihrem Innersten auch, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen ihrer Selbstwahrnehmung und ihren Fähigkeiten: Jeder Zweite gibt zu, dass er mal zu schnell fährt. Jeder Dritte fährt zu dicht auf, isst auch mal am Steuer oder hat – abhängig vom Alter – das Handy in der Hand.
Was denken Sie denn?
Die Frage des Fahrprüfers hing den Bruchteil einer Sekunde im stickigen Innenraum des Fahrschulgolfs, mein Gehirn ratterte. Irgendetwas hier konnte nicht stimmen. Dann sah ich die Falle. In letzter Sekunde setzte ich den Blinker und fuhr nicht geradeaus weiter in den Wirtschaftsweg mit dem "Landwirtschaftlicher-Verkehr-frei"-Schild davor. Ich hatte bestanden. Die Prüfung war nicht perfekt – aber wer ist das schon, außer 29 Prozent der deutschen Autofahrer?