Ermittlungen gegen Strobl
Die Weitergabe eines Anwaltsschreibens in Polizeiaffäre setzt den Innenminister massiv unter Druck.
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Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den seit November 2021 suspendierten Inspekteur der Polizei, Andreas Renner, wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung haben in der Tat zu einer zweiten Front geführt, die Innenminister Strobl schwer zu schaffen macht. Nachdem sich Strobl dazu bekannt hat, dass er kurz vor Weihnachten 2021 ein Schreiben des Anwalts des suspendierten Inspekteurs an einen Journalisten weitergegeben hat, fordert die Opposition aus SPD und FDP seinen Rücktritt. Der politische Betrieb brach in Hektik aus. Am Nachmittag setzte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dem zumindest ein vorläufiges Ende, weil er sich hinter den Innenminister stellte. "Ich habe mir den Sachverhalt vom Innenminister schildern lassen. Er hat mir glaubhaft dargelegt, dass kein Rechtsverstoß vorliegt und es ihm darum ging, Transparenz herzustellen", teilte der Ministerpräsident mit.
Die Opposition hatte aber angekündigt, einen Untersuchungsausschuss beantragen zu wollen, wenn Strobl im Amt bleibe. Bei einem kurzen Statement im Landtag wies Strobl die Vorwürfe der Opposition zurück, die CDU-Fraktion stellte sich ebenfalls hinter den Minister. Die Grünen-Fraktion sah "reflexhafte Rücktrittsforderungen".
Am Abend sorgte die Staatsanwaltschaft Stuttgart dann aber für einen Paukenschlag. Sie teilte mit, dass sie ein Ermittlungsverfahren einleite. Und zwar gegen den Journalisten wegen des Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen und gegen den Innenminister wegen des Verdachts der Anstiftung hierzu.
Die Vorgeschichte: Der Anwalt des Inspekteurs hatte an Weihnachten 2021 wegen des Disziplinarverfahrens in einem Schreiben an das Innenministerium neben dem Widerspruch gegen die Suspendierung ein "persönliches" Gesprächsangebot gemacht. Das sah man im Innenministerium offenbar als anrüchig an. Darüber sprach der Innenminister am Tag danach mit einem Journalisten der Stuttgarter Nachrichten und überließ ihm das Schreiben. Jener berichtete über das Schreiben, ohne seine Quelle zu verraten. Strobls Begründung im Innenausschuss und später in einer Mitteilung: Der Fall des Inspekteurs sei von so hohem öffentlichen Interesse, die Vorwürfe gegen die Polizei massiv. "Deshalb durfte nicht der Hauch eines Anscheins entstehen, dass hier gemauschelt, etwas unter den Teppich gekehrt werden könnte. Der Rechtsanwalt hatte ein Angebot ’zum persönlichen Gespräch’ außerhalb des rechtlich vorgesehenen Verfahrens gemacht. Und das habe ich gegenüber einem einzelnen Journalisten öffentlich gemacht."
Als Tage später ein anderer Journalist im Ministerium nachfragte, wer den Brief denn weitergeleitet hatte, sprach man von einer "Durchstecherei" aus unbekannter Quelle – ein Vorgang, für den sich inzwischen Staatssekretär Julian Württemberger im Namen auch des Ministers bei dem betreffenden Journalisten entschuldigt hat.
Die Opposition fuhr schweres Geschütz auf. Strobl hatte, so berichteten Teilnehmer, sein Handeln mit größtmöglicher Transparenz angesichts der Schwere der Vorwürfe gegen den obersten uniformierten Polizisten des Landes begründet.
Die Fraktionsvorsitzenden Andreas Stoch (SPD) und Hans-Ulrich Rülke (FDP) forderten den Innenminister zum Rücktritt auf. Sollte er nicht selbst zurücktreten, müsse Ministerpräsident Kretschmann ihn entlassen. "Wenn Strobl sagt, dass er in dem Schreiben eine Erpressung gesehen hat, dann hätte er die Staatsanwaltschaft einschalten sollen", so Stoch. Stattdessen habe das Innenministerium über Wochen verschleiert, wer das Anwaltsschreiben rausgegeben habe. Die SPD sah einen massiven Vertrauensverlust bei der Beamtenschaft im Land, die sich nicht drauf verlassen könne, dass Unterlagen von Disziplinarverfahren intern blieben. Der Verweis auf die Transparenz sei "abstrus", so Stoch. Rülke fügte hinzu: "Dass der Minister sich selbst erklärt, dient ja auch dazu, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu verhindern." Denn eine Rolle spielte bei den Vorwürfen der Opposition auch, dass die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nicht gegen unbekannt wegen Geheimnisverrat ermitteln konnte, weil dafür die Genehmigung des Dienstherrn vorliegen hätte müssen.
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