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Weltreise mit dem Motorrad

Dreieinhalb Jahre mit EM-Kennzeichen um die Welt

Patrik Müller
  • Fr, 06. November 2015, 09:38 Uhr
    Emmendingen

     

Ein Mann, eine Frau, zwei Motorräder und dreieinhalb Jahre Zeit: Die Emmendingerin Simone Dorner und ihr Partner Frank Panthöfer sind mit ihren Motorrädern um die Welt gefahren.

Fotogruß aus Australien: Simone Dorner und Frank Panthöfer posieren vor dem Uluru – auch bekannt als Ayers Rock. Foto: Veranstalter
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Dorner ließ sich in Nepal tätowieren, kämpfte in Australien mit Giftschlangen und zitterte in Guatemala um ihren Freund, der an einer Harnleiterinfektion litt und fantasierte. Jetzt lädt das Paar zu einem Multimediavortrag in den Mehlsack ein.

Laub liegt auf dem Boden, ein kalter Wind rüttelt die Bäume auf dem Schlossplatz. Simone Dorner trägt Mütze und Schal. Es wird Winter. "Der ist hier kalt und fies und nass", sagt Simone Dorner. Die Emmendingerin, die es nach der Schule nach Köln verschlug und später in die ganze Welt, ist zurück in ihrer alten Heimat. Der Grund ist ein Praktikum. Die 41-jährige Floristin schult um. Sie will Altenpflegerin werden und hospitiert im Zentrum für Psychiatrie. "Panny und ich sind jetzt drei Wochen getrennt", sagt sie. "Wir vermissen uns immer noch."

Ein bis zwei Jahre waren eingeplant – doch dann dauerte die Reise doch etwas länger

Es gibt Paare, die zerstreiten sich in den Flitterwochen, zwischen All-Inclusive-Buffet und Hotelpool. Simone Dorner und Frank "Panny" Panthöfer waren dreieinhalb Jahre zusammen unterwegs. Ohne Buffet, ohne Pool. Sie schliefen im Zelt. Sie standen mit dem Tageslicht auf und gingen schlafen, wenn es dunkel wurde. Sie köchelten Nudeln aglio e olio, weil Knoblauch und Öl gut zu transportieren sind. Sie fuhren langsam, um Sprit zu sparen, in Australien wuschen sie sich in Wasserlöchern. "Die waren sauber", erzählt Simone Dorner. "Man musste nur nach Krokodilen gucken."

Die Reise war ein Traum. Als Frank Panthöfer erfuhr, dass sein Betrieb verkauft werden sollte, entschloss er sich, Aussteiger zu werden. Seine Freundin sagte Ja, sie hatten Geld gespart. "Wir sind immer viel gefahren, das waren aber kleinere Touren", erzählt Dorner. "Eine Woche, drei vielleicht. Das Jahr vorher wollten wir ans Schwarze Meer, haben das aber nicht geschafft – die Russen haben uns zurückgeschickt."

Die große Reise begann im Mai 2010 in Kanada. Dorner und Panthöfer packten am Flughafen ihre Motorräder aus, gaben Gas und fuhren nach Süden. Ihre Kennzeichen: SI-K 570 und EM-K 34. Ihr Ziel: Feuerland. "Wir wollten Nord- und Südamerika machen. Ein bis zwei Jahre hatten wir eingeplant", erzählt sie. Dann dauerte die Reise doch etwas länger. Sie erkundeten Neuseeland und Australien, sie fuhren durch Indonesien und Malaysia, Thailand und Kambodscha, Pakistan und den Iran, die Türkei und Ex-Jugoslawien. 183 475 Kilometer legten die beiden zurück – und überquerten 64 Grenzen.

Die Zahlen stehen in den beiden den Büchern, die die beiden nach ihrer Reise veröffentlicht haben. Die Fotos sind von Dorner, die Texte von Panthöfer, der mittlerweile selbstständiger Reisebuchautor ist. Die Bücher erscheinen im Eigenverlag. "So haben wir inhaltlich und sprachlich größtmögliche Freiheiten", schreibt Panthöfer. "Bei uns heißt Scheiße auch wirklich Scheiße."

Die Sprache ist einfach, aber eindeutig. "Auf Bali sterben pro Tag im Schnitt acht Menschen im Straßenverkehr. Java erscheint uns hundert Mal schlimmer", heißt es zum Beispiel. Oder: "Als wir nach zehn Tagen endlich aus dem Brutofen Lahore rauskommen, sind wir erleichtert". Aber auch: "Die Menschen sind unglaublich nett und gastfreundlich. Nach den extrem guten Erfahrungen in Pakistan und dem Iran hätten wir eigentlich keine Steigerung mehr für möglich gehalten, aber die irakischen Kurden schaffen es!"

In zwei Büchern beschreiben Dörner und Panthöfer ihre Reise

Ihr erstes Buch hat 304 Seiten, das zweite 320. Dorner und Panthöfer haben viel zu erzählen. Es geht um psychopathische Trucker in Kanada, um Discount-Tätowierer in Antigua, um Stripperinnen in Neuseeland, um draufgängerische Biker in Thailand, um korrupte Zöllner in Nepal, um gastfreundliche Bauern im Iran. Sie schreiben über dampfende Dschungel, kochende Wüsten und brodelnde Großstädte, über nervige Reifenpannen und gewöhnungsbedürftiges Essen.

Sie schreiben auch über die gefährlichen Momente einer dreieinhalbjährigen Weltreise. "Räubern sind wir nicht begegnet", sagt Dorner. Dafür wurde sie in Australien von einer Schlange angegriffen, wie sie erzählt – von einer Giftschlange. "Es waren 200 Kilometer bis zur nächsten Ortschaft", sagt sie. Ihr Freund holte sich in Guatemala eine Harnleiterentzündung. "Es war so dehydriert, dass er angefangen hat zu fantasieren. Da macht man sich schon mal Gedanken, ob das alles nicht viel zu gefährlich ist."

Sie überlebten. Und wurden entschädigt, mit spektakulären Landschaften und spannenden Begegnungen, mit unglaublichen Geschichten – nicht nur, weil sie in Indien einer jungen Emmendingerin begegneten. "Die ist nach dem Abi los und dann wohl nach Neuseeland weiter", sagt Dorner.

Dorner und Panthöfer wären gerne noch länger gereist. Eigentlich, erzählt sie, wollten sie den letzten Winter in Marokko verbringen, im Warmen. Doch dann wurde Dorners Vater schwer krank. "Ich wollte nach Hause, um ihn nochmal zu sehen", sagt sie. Sie gaben Gas.

Wie schafft man das Zurückkommen?

Am Ende des zweiten Buches geht es um die Resozialisierung. So nennen sie es wirklich. Die Kapitel tragen Überschriften wie "Winterkoller", "Teures Leben", "Vom Promi zum Niemand" und "Für immer verdorben?" Es war hart, erzählt Dorner. "Wir hatten ja unseren eigenen Lebensstil entwickelt, unseren eigenen Alltag – und dann kommt man in was rein, was einem völlig fremd geworden ist."

Simone Dorner und Frank Panthöfer sind in Deutschland angekommen. Und sie wollen wieder weg. Nach Osten. "Wir wollen uns die Stans angucken – Tadschikistan, Kasachstan", sagt Dorner. Sie wollen auch überwintern. "Hier in Deutschland", sagt sie, "kriegen wir den Winterkoller."
Die Bücher

Krad-Vagabunden. Licht und Schattenseiten einer Weltreise. Band I: Die Amerikas, Neuseeland und Australien. Band II: Süd-Ost-Asien, Himalaya, Orient und Resozialisierung. Selbstverlag (mit ISBN)

Der Vortrag

15. November, Mehlsack Emmendingen, 15 und 20 Uhr. Für die Abendshow gibt es noch Karten, Reservierung über die Webseiteempfohlen. Ein Vortrag über den zweiten Teil der Reise ist für den 23. und 24. April 2016 geplant.

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Ressort: Emmendingen

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