Wandel im Weinbau
Einer der letzten Nebenerwerbswinzer erzählt, warum er an seinen Reben festhält
Sa, 05. Oktober 2024, 08:30 Uhr
Ebringen
Für immer weniger Winzer lohnt noch der Weinanbau im Nebenerwerb. Arno Bechtold aus Ebringen ist einer der wenigen verbliebenen. Warum er trotzdem weiter macht.
Arno Bechtold arbeitete 42 Jahre lang als Polizist in Freiburg. Seit fünf Jahren ist er in Rente. Wenn er erzählt von dem Geld, das er durch die Reben bekommt, spricht er nicht von einem Verdienst, sondern nur von einem "Taschengeld". Er sagt: "Das Geld ließe sich einfacher anderswo generieren." Seine Eltern hätten noch um die 20.000 D-Mark pro Hektar und Jahr erzielt. Heute erhält er für die gleiche Fläche noch etwa 8000 Euro. Die bekommt er vom Winzerhof Ebringen oder dem Schlossgut Ebringen. Den Wein produziert er nicht selbst, sondern liefert die Trauben für die Weinproduktion. Trotz geringem Verdienst möchte er die Reben noch so lange, wie er fit ist, bewirtschaften. Wieso? "Ich wurde stark von meinen Eltern geprägt", sagt Bechtold.
Das bestätigt Kevin Stöhr, Geschäftsführender Vorstand des Winzerhofs Ebringen: "Das ist auch eine wirtschaftliche Frage: Hohe Instandhaltungskosten und steigende Kosten für die Produkte, die man für den Weinbau braucht – das rentiert sich für kleine Flächen kaum." In Deutschland sinkt zudem der Weinkonsum. So sinken auch die Preise für Wein und die Preise, die Stöhr den Winzerinnen und Winzern zahlen kann. "Das wird die Entwicklung, dass es immer weniger Winzer mit immer größeren Flächen gibt, auch noch einmal beschleunigen", so Stöhr.
Auch die Reben von Arno und Heike Bechtold werden von der nächsten Generation wohl nicht mehr bewirtschaftet. Die Kinder der beiden haben nicht vor, den Weinbau weiterzuführen. An das Aufhören denkt Arno Bechtold selbst aber ohnehin noch lange nicht. "Die Arbeit gibt mir Kraft und ich mag es auch einfach, mich mit dem Produkt Wein und Weinbau auseinanderzusetzen", sagt er. Er verbringt dadurch viel Zeit mit seiner Frau und kann das ein oder andere Schwätzchen mit vorbeilaufenden Spazierenden halten. "Außerdem gibt es mir das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun", sagt Bechtold.
Dass nicht jeder ein großer Verfechter des Wein- und Ackerbaus ist, weiß er natürlich. "Die Weinreben haben auch einen hohen Freizeitwert. Ich würde mir wünschen, dass es mehr Verständnis für die Arbeit gäbe", sagt er. Den Einsatz des umstrittenen Pestizides Glyphosat verteidigt er: "Es ist einfach eine gigantische Arbeitserleichterung und wir versuchen, so wenig wie möglich auf einer so kleinen Fläche zu spritzen." Vor einiger Zeit habe er versucht, auf ökologischen Weinbau umzusteigen. Das sei allerdings daran gescheitert, dass neue Rebanlagen und die Anschaffung einer neuen Maschine nötig gewesen wären – eine Investition, die er nicht tätigen konnte und wollte.
Die Arbeit in den Reben und all die Überlegungen und Hindernisse, die damit einhergehen, damit kennen sich nur recht wenige aus, sagt Bechtold. "Mehr Akzeptanz und Wissen über die Arbeit in den Reben und der Landwirtschaft sollten in der Bevölkerung gestreut sein." Denn, so argumentiert er, die Winzer leisteten einen großen Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft: Landschaftsbild, Spaziergehrouten und regionaler Wein inklusive. "Die Landwirtschaft ist oft der Buhmann, dabei werden auch anderswo viele Ressourcen verbraucht", so Bechtold. So bleibt ihm eine Hoffnung: "Dass sich mehr Menschen dafür interessieren, was hinter dem Wein steckt, den sie trinken."
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