Wahlrechtsreform
Dürfen bald 16-Jährige in Baden-Württemberg im Gemeinderat sitzen?
Die Uhr tickt für die Reform des Kommunalwahlrechts: Viele strittige Punkte sind bereits abgehakt. Der Knackpunkt ist jedoch die mangelnde Geschäftsfähigkeit minderjähriger Gemeinderäte.
Di, 3. Jan 2023, 8:49 Uhr
Südwest
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So drängt die Zeit, denn voraussichtlich im Mai 2024 sollen die Kommunalwahlen stattfinden und für Oliver Hildenbrand ist klar: "Die Reform muss mindestens ein Jahr vor der Kommunalwahl abgeschlossen sein", so der Innenpolitiker der Grünen-Fraktion. Sprich, im Frühjahr 2023 muss das Gesetz in den Landtag kommen, die Parteien brauchen auch Klarheit für die Kandidatensuche. Ein Sprecher des Innenministeriums sagt auf Nachfrage, der Regierungsentwurf stehe kurz vor der Vollendung. "Es bietet sich an, offene Punkte in den Fraktionsklausuren Anfang Januar zu beraten."
Die Reform beinhaltet mehrere Punkte, zentral ist die Absenkung des passiven Wahlalters bei Gemeinde-, Ortschafts- und Kreisräten auf 16 Jahre, ein Anliegen vor allem der Grünen, hinter das sich nach früheren Bedenken auch die CDU gestellt hat. Baden-Württemberg wäre damit bundesweit Vorreiter. Bislang dürfen 16-Jährige bei den Kommunalwahlen zwar schon ihre Stimme abgeben (aktives Wahlrecht), aber nicht selbst kandidieren (passives Wahlrecht).
Der Knackpunkt ist seit einem Jahr die Geschäftsfähigkeit minderjähriger Ratsmitglieder und die Frage, ob 16- und 17-Jährige in Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen entsandt werden können oder nicht. Bei der Anhörung hatten Juristen starke Bedenken geäußert, vor allem die CDU tut sich schwer. Oliver Hildenbrand betont die Notwendigkeit der Rechtssicherheit eines neuen Wahlrechts, findet aber das Problem lösbar. Selbst mit 16- oder 17-jährigen Gemeinderäten, die nicht in Aufsichtsräte könnten, "sind wir weit weg von einem Zweiklassensystem". Man könne diesen vermutlich kleinen Kreis entsprechend benennen, zudem übten nicht alle Gemeinderäte derartige Positionen aus.
Abgeräumt ist inzwischen die Debatte um das Auszählungssystem. Die Koalition wollte überprüfen, ob das seit 2019 bei den Kommunalwahlen angewandte Auszählverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers kleinere Gruppierungen begünstigt und so zur Zersplitterung der kommunalen Gremien führt und ob man wieder zum D’Hondt-Verfahren zurückkehrt. Vor allem die Kommunalvertreter fordern dies. Laut Hildenbrand haben Prüfungen ergeben, dass eine Detailkorrektur des Auszählverfahrens, um dieser Zersplitterungsgefahr zumindest die Spitze zu nehmen, "aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist".
Hildenbrand weiter: "Aber eine Rückkehr zu D’Hondt wollen wir aus politischen Gründen nicht." Die Grünen, früher oft eine kleine Gruppierung im Rat, sind inzwischen oft eine große, sie würden von D’Hondt profitieren. Aber: Bei den Grünen sieht man das Festhalten an Sainte-Laguë/Schepers auch als eine Frage der Glaubwürdigkeit. Bei der Union akzeptiert man die Argumente des Koalitionspartners und hat ebenso rechtliche Bedenken einer Detailveränderung beim Verfahren Sainte-Laguë/Schepers.
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