Zisch-Schreibwettbewerb Herbst 2023
Die Seite, auf die niemand guckt
Von Anna Schreiber, Klasse 4, Grundschule Hausen im Wiesental (Schopfheim)
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Mo, 13. Nov 2023, 12:27 Uhr
Schreibwettbewerb
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Das weiße Pony sprang über den Zaun vom Zoogehege, es trabte zum Kiosk. Als niemand guckte, fraß es bunte Zuckerwatte. Plötzlich knallte es, die Zoobesucher schreckten hoch, doch da war das weiße Pony schon weg.
Wir bekommen jeden Tag die Zeitung, wie auch an diesem Morgen. Es waren Ferien. Ich erinnere mich genau. Mama stand in der Küche und es roch nach Rührei mit Speck. Ich kam gerade die Treppe runter, als Oma wie jeden Morgen an der Tür lehnte, ohne Lesebrille, denn sie trägt ihre Lesebrille nur zum Lesen, nicht zum Zeitung reinholen. Wie auch immer, sie war gerade auf der Seite, auf die niemand guckt – die Seite nach den Anzeigen – entweder guckt da niemand drauf, weil die Seiten zusammenkleben, oder, weil jeder die Anzeigen überspringen will. Auf dieser Seite war ein Einhorn zu sehen. Oma sagte empört: "Das sind bestimmt Fake News!" Und beschwerte sich über dieses unglaubwürdige Zeichentrick-Einhorn.
Nach dem Frühstück rief Oma ihre Freundin Veronika, die bei der Redaktion arbeitet, an. Sie kümmert sich darum, dass alles läuft, und kennt viele Journalisten, darunter auch den Journalisten Wilhelm Drosch: Er schreibt manchmal ganz schönen Quatsch in die Zeitung. Deshalb fragte Oma, ob er den Artikel mit dem Einhorn geschrieben hat, aber Veronika sagte: "Nein, den Artikel hat Elisabet Thron geschrieben." An diesem Tag rannte sie durch die ganze Redaktion und rief: "Ich habe ein Einhorn gesehen, es ist bei mir zuhause!!!" Am nächsten Morgen war wieder ein Artikel über ein Einhorn auf der Seite, auf die niemand guckt. Darin stand: "Einhorn verliert Farbe, wenn viele Leute von ihm erfahren!"
Oma sagte höhnisch: "Haha, das hast du jetzt davon, wenn du durch die ganze Redaktion schreist." Da Oma auch ein bisschen genervt war von der ganzen Einhorn-Sache, rief sie Elisabet an und fragte frech, wo denn das Einhorn sei, und es schien Elisabet nichts auszumachen, dass Oma so frech fragte. Sie schlug stattdessen vor, dass Oma zum Kaffee kam, und Oma willigte ein. Als Oma bei Elisabet war, fragte sie, wo das Einhorn ist. Elisabet sagte: "Ich habe es versteckt, weil man Einhörner immer versteckt, sonst…" "Hol es raus, ich will es sehen!", unterbrach sie Oma. Elisabet schrie: "Eini-Einhorn, komm raus!" Da hörte man Hufgeklapper und das Einhorn kam die Treppe runter. Als es in das Wohnzimmer lief, knallte es und es flog goldener Glitzerstaub durch die Luft und rieselte auf den Boden.
Am nächsten Morgen holte ich die Zeitung. Oma motzte zwar, aber nur ein bisschen, weil sie gerade rausgehen wollte. Ich zeigte ihr die Schlagzeile. Dort stand: "Einhorn zerplatzt in der Luft. Live dabei waren Elisabet Thron und Berta Illental."
Ich brauchte ihr nicht mehr vorlesen. Sie lachte, sah aber auch ein bisschen wütend aus. Ich rief freudig: "Du bist berühmt!" Das machte Oma nichts aus, sonst hätte sie den Artikel nicht aufgehängt. Ich stehe gerade davor und denke mir die Geschichte, wie es wohl ist, in der Zeitung zu sein. Ich schaue jetzt immer auf die Seite, auf die niemand guckt. Vielleicht stehe ich auch einmal in der Zeitung, dank der Seite, auf die niemand guckt.
Als es geknallt hat, verschwand das Einhorn, beziehungsweise das weiße Pony, das sich in ein Einhorn verwandelt hatte, verwandelte sich wieder zurück in ein Pony und erschien im Zoo. Die Zoowärter hatten sich schon Sorgen gemacht. Hoffentlich passiert sowas nicht nochmal! Und alles nur wegen der Seite, auf die niemand guckt!
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