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Tag der Pressefreiheit

Die Pressefreiheit ist weltweit bedroht – auch in Europa

Pressefreiheit ist nicht selbstverständlich. Das zeigt ein Blick in viele Länder dieser Erde – auch in solche, die eigentlich demokratisch verfasst sind. Ein Überblick zum heutigen Tag der Pressefreiheit.  

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Kerzen sind neben einem Bild des slowakischen Investigativ-Journalisten Kuciak und seiner Verlobten Martina aufgestellt. Das Paar wurde in seinem Haus in Velka Maca erschossen. Foto: dpa
Dass es in Nordkorea oder Turkmenistan in Sachen Pressefreiheit finster aussieht, ist bekannt. Dass Regierungen in vielen Staaten von den USA bis Thailand kritischen Journalismus wenig schätzen, gehört ebenfalls zum Alltag. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat allerdings beobachtet, dass sich 2017 die Möglichkeiten für freie Berichterstattung auch in Europa verschlechtert haben. Allerdings sind es auch europäische Länder wie Norwegen, in denen es um die Pressefreiheit besonders gut bestellt ist. Hier ein Blick in verschiedene Länder.

Türkei: Beispiellose Verfolgung kritischer Journalisten

Nach Angaben der türkischen Nichtregierungsorganisation Plattform 24 sitzen mehr als 150 Journalisten in der Türkei in Haft. Das Komitee zum Schutz von Journalisten kritisierte, in den beiden vergangenen Jahren seien nirgendwo auf der Welt mehr Journalisten hinter Gittern gewesen. Erst kürzlich wurden gegen Mitarbeiter der Zeitung "Cumhuriyet" mehrjährige Haftstrafen verhängt, offiziell, weil sie den Terrorismus unterstützt haben sollen.

Reporter ohne Grenzen spricht von einer "beispiellosen Verfolgung kritischer Journalisten" und nennt das Urteil "eine Schande für den türkischen Staat". In der Rangliste der Pressefreiheit liegt die Türkei auf Platz 157. In einer Erklärung von Reporter ohne Grenzen, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und des PEN-Zentrums Deutschland heißt es zur Lage in der Türkei: "Unsere bedrohten, verfolgten und inhaftierten Kolleginnen und Kollegen brauchen unsere Solidarität und Hilfe."

Malta: Tod einer Investigativ-Journalistin bleibt unaufgeklärt

Der Inselstaat ist bisher selten in den Schlagzeilen gewesen. Die Wahrnehmung hat sich erheblich verändert, seit am 16. Oktober vergangenen Jahres die Investigativ-Journalistin Daphne Caruana Galizia durch eine Bombe getötet wurde. Auch nach mehr als sechs Monaten ist der Mord nicht aufgeklärt. Die Journalistin berichtete über Korruption und Geldwäsche auf Malta. Nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen hat sie sichtbar gemacht, wie eng in dem EU-Land das Geflecht von Politik, Justiz und Wirtschaft ist und unter welchem Druck Journalisten dort arbeiteten. In der Rangliste der Pressefreiheit liegt Malta auf Platz 68 – und ist damit um 18 Plätze abgerutscht.

Ungarn: Staatlicher Rundfunk als Propaganda-Instrument

Seit dem Amtsantritt des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban 2010 hat sich die Lage für die Medien dramatisch verschlechtert. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten machen weitgehend nur noch Propaganda für die Regierung. Oligarchen, die ihren Reichtum der Regierung unter Orbans Führung verdanken, kaufen nach und nach Fernsehsender und Zeitungen auf. Einige dieser Medien spezialisieren sich auf die Diffamierung von Regierungskritikern.

Im Herbst 2016 wurde die oppositionelle Tageszeitung "Nepszabadsag" geschlossen. In den Tagen nach dem Sieg Orbans bei der Parlamentswahl am 8. April dieses Jahres stellte die Traditionszeitung "Magyar Nemzet" ihr Erscheinen ein. In der Rangliste der Pressefreiheit landet das EU-Land Ungarn auf Platz 73.

Polen: Regierungspropaganda und Zensur

Medienrechtler sehen die Pressefreiheit in Polen seit einer Reform der nationalkonservativen Regierung 2015 in Gefahr. Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) habe den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter ihre Kontrolle gebracht, kritisieren sie und bemängeln, dass die Chefs der Medienhäuser von der Regierung ernannt werden. Außerdem häuften sich Beschwerden wegen Regierungspropaganda und Zensur im öffentlich-rechtlichen TV. Auch die polnische Presse bekommt Druck zu spüren: Seit dem Regierungswechsel stellten staatliche Betriebe ihre Werbung in kritischen Blättern ein. In der neuen Rangliste liegt Polen auf Platz 58.

Mexiko: 13 getötete Journalisten im vergangenen Jahr

Im vergangenen Jahr wurden in Mexiko nach Angaben der Internationalen Journalisten-Föderation (IFJ) 13 Reporter und Medienschaffende getötet – so viele wie nirgendwo sonst auf der Welt. Dahinter dürften meist Drogenkartelle und korrupte Politiker stecken. Auch um die Arbeitsbedingungen der Journalisten ist es in Mexiko schlecht bestellt. Viele Medien werden von reichen Unternehmern kontrolliert, die gute Beziehungen in die Politik pflegen. Zudem sind viele Zeitungen und Sender von Zahlungen aus dem Werbebudget der Regierung abhängig. In der Rangliste liegt Mexiko auf Platz 147.

China: Zensur und zahlreiche inhaftierte Journalisten

In China werden die Medien streng zensiert. Das Reich der Mitte gehört Reporter ohne Grenzen zufolge zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten und Bloggern. Jeden Tag werden Anweisungen an die staatlich kontrollierten Medien verschickt, über welche heiklen Themen nicht berichtet wird und wozu nur die Texte der Staatsagentur Xinhua benutzt werden dürfen. Chinas "Große Firewall" blockt außerdem nicht nur china-kritische Internetseiten oder Websites der "New York Times" und des "Wall Street Journal", sondern auch soziale Medien wie Twitter, Facebook oder Instagram. In der aktuellen Rangliste liegt China auf Platz 176.

USA: Trump beschädigt Glaubwürdigkeit der Medien

Die Vereinigten Staaten gelten als Mutterland der Redefreiheit, doch ihrem Präsidenten schmeckt sie nur bedingt. Bei jeder Gelegenheit prügelt Donald Trump auf die kritischen Medien ein. Umfragen belegen: Mit unablässigem Getrommel vermeintlicher Fake News hat er es geschafft, deren Glaubwürdigkeit zumindest bei Trump-Wählern zu erschüttern.

Leuchttürme wie die "New York Times" profitieren von ihrer Brillanz und gewinnen zusätzliche Leser, aber insgesamt ist die Branche in wirtschaftlichem Niedergang. Um die Pressefreiheit ist es so bestellt, dass das International Press Institute und Reporter ohne Grenzen erstmals eine Pressefreiheitsmission in den USA veranstaltet haben. Vielerorts in den USA haben Journalisten einen schweren Stand. 34 wurden 2017 bei der Ausübung ihres Berufes verhaftet, 44 tätlich angegriffen. Platz in der Rangliste: 45.

Thailand: 15 Jahre Haft für "Majestätsbeleidigung"

In Thailand ist ein sehr strenges Gesetz in Kraft, das das Königshaus vor "Majestätsbeleidigung" schützen soll. Die Regel ist so vage formuliert, dass alles Mögliche mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden kann. Journalisten müssen deshalb aufpassen, was sie sagen und schreiben. Premierminister Prayut Chan-o-cha macht keinen Hehl daraus, was er von der Presse hält. Kürzlich brachte er zu einem Termin ein Ebenbild aus Pappe mit und erklärte, die Journalisten sollten ihre Fragen an den Pappkameraden richten. Dann ging er. Auf der "Rangliste der Pressefreiheit" liegt Thailand auf Platz 140.

Skandinavien: Fake und Hass in sozialen Netzwerken

Die skandinavischen Länder sind Musterknaben in Sachen Pressefreiheit. Die Nordeuropäer führen die Rangliste von Reporter ohne Grenzen an, Norwegen und Schweden liegen auf Platz 1 und 2. Das hängt mit der hohen Transparenz zusammen. So sind staatliche Behörden etwa in Dänemark (Platz 9) und Finnland (4) verpflichtet, Bürgern und Journalisten Auskünfte zu geben.

Politiker mischen sich wenig in die Arbeit der Presse ein, eher ein Problem sind Fake News und Hasskommentare in den sozialen Netzwerken. Hier wirkt in Dänemark noch die Angst von 2005 nach, als Journalisten nach der Veröffentlichung islamkritischer Karikaturen von Islamisten angegriffen wurden. Aktuell sehen einige Dänen den Auftrag des öffentlichen Rundfunks in Gefahr, weil die Regierung das Budget der Sender gekürzt hat.

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Ressort: Ausland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 03. Mai 2018: PDF-Version herunterladen

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