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Interview

Die lange Nacht der Demokratie soll die Menschen in Freiburg auf Augenhöhe zusammenbringen

  • Mo, 30. September 2024, 11:03 Uhr
    Freiburg

     

Caroline Günther organisiert beim Informationszentrum 3. Welt die bundesweite "Lange Nacht der Demokratie" mit. Sie erzählt, welche Entwicklungen sie zurzeit beunruhigend findet.

Caroline Günther macht sich Sorgen um die Werte, die zur Demokratie gehören.  | Foto: Rita Eggstein
Caroline Günther macht sich Sorgen um die Werte, die zur Demokratie gehören. Foto: Rita Eggstein

BZ: Wann haben Sie sich zum ersten Mal Sorgen um die Demokratie gemacht?

Um die Demokratie als Staatsform mache ich mir bisher eher weniger Sorgen. Ich mache mir aber Sorge um wichtige Werte, die zur Demokratie gehören: Werte wie die Menschenrechte, Gleichbehandlung, Solidarität. Besonders erschreckt mich die gestiegene Fremdenfeindlichkeit. Das schlägt sich nieder in den Verschärfungen des Asylrechts, der Ausweitung der vermeintlich sicheren Drittstaaten auf Länder, in denen zu wenig auf Menschenrechte geachtet wird, und in Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Und es schlägt sich auch nieder im Vokabular, das in der Politik und in den Medien verwendet wird. Insgesamt ist es sehr problematisch, dass die Welt immer komplexer wird und sich gleichzeitig Instagram und TikTok und andere soziale Medien etablieren, über die keine differenzierten Inhalte vermittelt werden können.

Caroline Günther, 42 Jahre alt, ist beim Informationszentrum 3. Welt (IZ3W) Koordinatorin für das Bundesprogramm "Demokratie leben", das von der "Partnerschaft für Demokratie" umgesetzt wird. In Freiburg sind dafür das Amt für Migration und das IZ3W zuständig.

BZ: Vermutlich erreicht die "Lange Nacht der Demokratie" eher die Demokratie-Fans und nicht diejenigen, die erreicht werden sollen, wie Nicht- oder AfD-Wählerinnen und -Wähler?

Wir wissen nicht, wer kommen wird. Klar ist, dass die "Lange Nacht der Demokratie" der Kluft zwischen Politik und Bevölkerung einen offenen Dialog und Kontakte entgegensetzen will. Die Veranstaltungen sind öffentlich, kostenlos und sollen Menschen auf Augenhöhe zusammenbringen. Es ist keine neue Idee: Die erste "Lange Nacht der Demokratie" fand 2012 in Augsburg statt. Ab 2018 gab es sie alle zwei Jahre in Bayern, nun wird sie erstmals bundesweit veranstaltet. In Freiburg bieten wir sehr unterschiedliche Formate an, um hoffentlich auch sehr unterschiedliche Menschen anzusprechen: Wir vom IZ3W haben mit dem Amt für Migration und Integration den Autor Ozan Zakariya Keskinkılıç eingeladen. In seiner Lesung geht es um die Feindseligkeit gegenüber muslimischen Menschen. Das Mehrgenerationenhaus EBW in Weingarten bietet Gesprächsformate an, bei denen sich Menschen zuhören, weil das Zuhören immer mehr verlorengeht. Am Theater und in der Volkshochschule gibt es verschiedene Aktionsformen zum Mitmachen.

BZ: Wie kann es nach der "Langen Nacht der Demokratie" weitergehen, damit das alles keine einmalige Aktion bleibt – und was wäre nötig für echte Veränderungen?

Unsere Lesung wird gefördert vom Bundesprogramm "Demokratie leben", das in Freiburg bereits seit zehn Jahren läuft. Dadurch ist schon viel Vernetzung vieler unterschiedlicher Gruppen entstanden, und das wird auch weitergehen. Für Veränderungen wäre es wichtig, dass solche Programme auch in Zukunft gefördert und nicht gekürzt werden. Außerdem müsste die Politik sich stärker für die breite Bevölkerung einsetzen statt für privilegierte Gruppen. Zum Beispiel für eine bessere Infrastruktur, also für deutliche Verbesserungen der maroden Bahn-Situation und für sichere Brücken. Diese Probleme scheinen für manche in der Politik, die sich in Privatjets fortbewegen, sehr weit weg zu sein. Und wir brauchen Pluralität, Gleichberechtigung und Menschenrechte statt der zunehmenden Tendenz zu Spaltungen.

Lange Nacht der Demokratie

"Lange Nacht der Demokratie" am Mittwoch, 2. Oktober. Der Eintritt ist frei. Im Theater im Winterer-Foyer, Bertoldstraße 46, beginnt um 19.30 Uhr ein "Marktplatz der Demokratie" mit einem Begegnungscafé, einer Denkwerkstatt und einer Aktionsschmiede. Anmeldung: www.vhs-freiburg.de oder 0761/3689510.

Im Theatersaal der Volkshochschule, Rotteckring 12, sind ab 19.30 Uhr alle unter dem Motto "Nichts wie ran!" zu Theaterszenen und einem Gespräch der Omas gegen Rechts eingeladen.

An der Uni ist der Autor Ozan Zakariya Keskinkılıç ab 20 Uhr im Max-Kade-Auditorium, Bertoldstraße 17, zu Gast. Der Titel seiner Lesung: "Muslimaniac. Die Karriere eines Feindbildes". Anmeldung nötig: www.eveeno.com/muslimaniacfreiburg.

Um "Sprechen und Zuhören" geht es im Mehrgenerationenhauses EBW in Weingarten, Sulzburger Straße 18, ab 20 Uhr.

Ressort: Freiburg

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