Unerwarteter Fund
Die Enigma-Chiffriermaschinen aus dem Zweiten Weltkrieg werden nun erforscht
Es war ein Zufall, durch den Taucher auf sieben Enigmen aus dem Zweiten Weltkrieg in der Ostsee stießen. Nun werden sie auf Schloss Gottorf in Schleswig erforscht und restauriert.
André Klohn
Di, 1. Feb 2022, 12:59 Uhr
Panorama
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. Ihr Zustand ist nach Jahrzehnten im Wasser desolat. Die Ostsee und die Schlei haben sichtbare Spuren an den Gehäusen der Chiffriermaschinen hinterlassen. Seit Monaten befinden sich sieben legendäre Enigmen in der Archäologischen Zentralwerkstatt auf Schloss Gottorf in Schleswig. "Da führt kein Weg hin, die Maschinen wieder zum Laufen zu bringen", sagt Metallrestauratorin Corinna Mayer, dafür seien sie zu verrostet. Die 42-Jährige ist im Sommer aus München nach Schleswig gewechselt.
Mayer will die Enigmen erforschen und restaurieren. Vor ihr liegen vier bis fünf Jahre Arbeit, bis diese ausgestellt werden können, schätzt Werkstatt-Leiter Joachim Schultze. Noch liegen die Maschinen in Wasserbädern. "Das ist ganz normales Leitungswasser", sagt Mayer. Einmal im Monat wechsele sie das. Ziel sei, dadurch Chloride und eventuelle Schadstoffe zu entfernen. Anfangs sei das Wasser schnell trübe geworden.
Mayer schaute sich zu Beginn in einem Museum eine funktionierende Enigma an. "Bevor ich ein Objekt konserviere, muss ich es verstehen. Der Aufbau der Maschinen ist sehr komplex." Dabei hilft modernste Technik. Im Frühjahr 2021 lagen erste Maschinen in einem Computertomographen (CT) der Lübecker Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik und gaben innerste Geheimnisse preis. Aus 4000 Röntgenbildern rekonstruierten Wissenschaftler ein 3D-Bild. Eine wichtige Vorarbeit für Mayer.
Bei der Enigma handelt es sich um eine für damalige Verhältnisse komplexe Maschine – benannt nach dem griechischen Wort für Rätsel. Im Zweiten Weltkrieg diente sie mit ihren 26 Buchstaben-Tasten und ebenso vielen Leuchtfeldern mit jenen Buchstaben, die den Text bildeten, der Verschlüsselung des Nachrichtenverkehrs. Nach ersten Erfolgen von polnischen Experten trug der britische Mathematiker Alan Turing maßgeblich dazu bei, den Code zu knacken. Dies hatte großen Einfluss auf den U-Boot-Krieg im Atlantik. Fortan konnten die Briten verschlüsselte Funk-Codes mitlesen – unbemerkt vom Kriegsgegner. Woher die Maschinen aus der Ostsee und der Schlei stammen, kann Mayer zwar noch nicht sagen, erste Erkenntnisse hat sie aber. Sechs der sieben Objekte könne sie mittlerweile recht sicher einem Typ zuordnen. Es handle sich nicht bei allen Maschinen um U-Boot-Enigmen. Aber Mayer ist sich sicher, dass alle sieben Geräte auf Marineschiffen zum Einsatz kamen.
Der Marinehistoriker Jann M. Witt vom Deutschen Marinebund geht davon aus, dass die Chiffriermaschinen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs auf dem Grund der Ostsee landeten. Er vermutet, dass sie bei Fahrten zur Übergabe schlicht und einfach über Bord geworfen wurden. Das sei die einzige plausible Erklärung. Mayer zeigt als Beleg auf eine deformierte Enigma: "Man kann ganz gut erkennen, dass mit Absicht oben drauf geschlagen worden ist."
Das Ziel des Werkstattleiters Schulze ist es, die Maschinen auszustellen, wie sie vor gut einem Jahr gefunden wurden, allerdings nicht in einem Wasserbecken. Bis es soweit ist, liegt noch viel Arbeit vor der Restaurateurin. "Konservierung ist nur ein Aufhalten des Zerfalls", sagt Schultze. Restaurateurin Mayer will die Chiffriermaschinen nicht ihrer Geschichte berauben. "Die einzelnen Bestandteile verhalten sich beim Trocknen unterschiedlich: Die einen quellen auf, andere schrumpfen", sagt sie. Die Kupferdrähte im Innern lösten sich bei Kontakt mit Sauerstoff quasi auf. Sie will auch Gefriertrocknung nutzen, um das Holz der Geltinger Enigma zu erhalten. Trotzdem könne sie nicht garantieren, dass am Ende bei allen sieben Enigmen "alles so erhalten bleibt, wie es ist ".
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