Schwarzarbeit in Deutschland
"Die Bekämpfung der Schwarzarbeit sind von der Politik abhängig"
Schwarzarbeit – viele Deutsche denken, das gibt es in Deutschland nicht. Dabei ist Schwarzarbeit in Deutschland ein genauso großes Problem wie in anderen Ländern. Eine Beamtin des deutschen Zolls, die nicht mit Namen genannt werden möchte, hat die Fragen von Marius Rauscher zu diesem Thema beantwortet.
Marius Rauscher, Klasse 8a & Realschule Bonndorf
Mi, 22. Mai 2013, 11:00 Uhr
Schülertexte
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Zischup: Was passiert mit Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, wenn herausgefunden wird, dass sie entweder Schwarzarbeit betreiben oder anbieten?
Frau B.: Zunächst einmal ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, sämtliche Löhne einschließlich der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile seiner Mitarbeiter zur Renten- und zur Krankenversicherung (Sozialversicherung) anzumelden. Wenn er gegen diese Meldepflicht verstößt, ist das ein Betrug, der nach dem Strafgesetzbuch, Paragraph 266a, geahndet wird. Es gibt dann auch noch gewisse Ordnungswidrigkeiten, die im Rahmen von verschiedenen Gesetzen, zum Beispiel dem Sozialgesetzbuch, geahndet werden können, aber hauptsächlich ist es der Paragraph 266a StGB.
Zischup: Wie finden Sie heraus, ob eine Firma nicht angemeldete Arbeiter beschäftigt?
Frau B.: Einmal werden wir im Rahmen von Hinweisen aufmerksam auf bestimmte Arbeitgeber oder Unternehmen, die nicht angemeldete Arbeitnehmer beschäftigen. Oder wir stellen im Rahmen von eigenen Prüfungen fest, dass Unternehmen Arbeitnehmer beschäftigen, die nicht zur Sozialversicherung angemeldet sind. Dazu gehen wir in die Betriebe, befragen die Mitarbeiter und prüfen die Geschäftsunterlagen, zum Beispiel die Lohnbuchhaltung, bei Fahrern von Transportunternehmen kontrollieren wir die Fahrtenschreiber. Es gibt ganz verschiedene Möglichkeiten, innerhalb der Unternehmen Unterlagen zu prüfen. Die Unterlagen des Unternehmens werden dann abgeglichen mit den Unterlagen der Rentenversicherer. Stimmen die Daten überein, ist nichts zu beanstanden. Werden Differenzen festgestellt, wird unter Umständen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Zischup: Gab es einen besonders schockierenden oder prägenden Fall, den Sie erlebt haben?
Frau B.: Ach, da gibt es so viele im Laufe der Tätigkeiten für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Ein schockierender Fall, der mir einfällt, hatte Auswirkungen für die Arbeitnehmer. Ein Arbeitgeber hatte seine Arbeitnehmer als Selbstständige beschäftigt. Aufgrund der tatsächlich durchgeführten Tätigkeiten war das allerdings ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, hier spricht man von Scheinselbstständigkeit. Dies wurde auch durch ein Gutachten festgestellt. Dabei wurde auch festgestellt, dass diese Beschäftigten Tätigkeiten ausgeführt haben, die krankheitserregend waren. Zusätzlich fanden wir heraus, dass sie vom Arbeitgeber keine Schutzkleidung bekommen hatten. Die regulär angestellten Arbeitnehmer wurden mit Schutzanzügen und Schutzmasken ausgestattet, die Scheinselbstständigen nicht. Außerdem hatten sich die Scheinselbstständigen nicht selber rentenversichert und die Rentenansprüche für die Leute waren zunächst nicht vorhanden. Die haben dann eine gewisse Zeit unter diesen Umständen gearbeitet und wurden dann krank, sie hatten Atemwegserkrankungen, ein Selbständiger wurde dadurch auf Dauer arbeitsunfähig. Dadurch, dass wir den Fall aufgedeckt haben und der Verantwortliche rechtskräftig verurteilt wurde, sind die Selbstständigen nachversichert worden, die Versicherungsbeiträge mussten nachgezahlt werden bzw. ihnen angerechnet werden. Die Berufsgenossenschaft hat dann auch geprüft, ob diese Erkrankungen berufsbedingt entstanden sind, so dass gegebenenfalls eine Rente ausgezahlt werden konnte.
Ich rede immer von "wir", weil man das als einzelne Person oder Sachbearbeiter gar nicht aufdecken und ermitteln kann. Die Arbeit kann nur in Teamarbeit erledigt werden, bei größeren Projekten sind es große Teams, um den Fall entsprechend zeitnah abzuwickeln. Da geht es oft um Schadenssummen im sechsstelligen Bereich.
Zischup: Wie halten Sie sich für diese Arbeit fit?
Frau B.: Die Mitarbeiter, die im Rahmen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit arbeiten, sind Waffenträger. Die Berechtigung zum Tragen einer Waffe ist an gewisse Voraussetzungen gebunden: Sie müssen Dienstsport betreiben, schießen üben und in regelmäßigen Abständen Schießprüfungen ablegen, sie müssen ebenfalls waffenlose Selbstverteidigung üben.
Zischup: Was können Sie zur Entwicklung der Schwarzarbeit in Baden-Württemberg sagen?
Frau B.: Die Bekämpfung und die Schwarzarbeit sind natürlich auch von der Politik abhängig. Zurzeit wird wieder stark über die Einführung von Mindestlöhnen diskutiert. Die Überwachung der Einhaltung der Mindestlöhne ist dann auch wieder Sache der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Man kann die Entwicklung nicht vorhersagen. Im ländlichen Raum gibt es andere Arten der Schwarzarbeit als in Großstädten. In Stuttgart sieht die Schwarzarbeit ganz anders aus als bei uns im strukturschwachen Süden an der Grenze.
Zischup: Wie lange arbeiten Sie schon beim deutschen Zoll?
Frau B.: Ich arbeite jetzt 40 Jahre bei der Zollverwaltung. Nach dem Abitur bin ich eingestiegen als Finanzanwärterin und habe ein Fachhochschulstudium bei der Zollverwaltung mit dem Titel Diplomfinanzwirtin abgeschlossen. Ich habe dann als junge Zollinspektorin an einer Zollstelle angefangen zu arbeiten. Die Schwarzarbeit ist erst Anfang der 90er Jahre als Aufgabe zur Zollverwaltung hinzu gekommen.
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