Kunstmesse
Die Art Basel: ein Paralleluniversum
Die Art Basel ist und bleibt die teuerste Kunstmesse der Welt. Den Anspruch, partizipative Kunst zu zeigen, erfüllt sie jedoch nur auf dem Platz vor den Messehallen.
Di, 12. Jun 2018, 22:31 Uhr
Kunst
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Almarceguis Arbeit ist Teil des Projekts "Basilea", das den Messeplatz während der am Mittwoch eröffneten Art Basel beleben soll, unter anderem mit einer Massenperformance der dominikanisch-amerikanischen Choreografin Isabel Lewis und regelmäßigen Percussionseinlagen von trommelwütigen Baslern, betreut von dem Berliner Experimentalkomponisten Colin Hacklander. Der partizipative Charakter dieses Events – kostenlos zugänglich für alle wie auch die 23 Werke des diesjährigen Art Parcours, die sich über die ganze Stadt verteilen – kann jedoch kaum darüber hinwegtäuschen, dass der eigentliche Anlass, die Art Basel als größte und umsatzstärkste Kunstmesse der Welt, in vieler Hinsicht in einem Paralleluniversum stattfindet und alles andere als partizipativ ist.
Das fängt bei den Eintrittspreisen an – 60 Franken, rund 52 Euro für das Tagesticket am Schalter sind Rekord – und ist auch in den Gängen von Halle 2 im Herzen der Messe unübersehbar. Die 291 internationalen Top-Galerien, die das Auswahlkomitee aus 700 Bewerbungen gefiltert hat, zeigen hier Arbeiten von rund 4000 Künstlerinnen und Künstlern, deren Gesamtwert die Zürcher Kunstversicherung Axa Art in diesem Jahr auf 3 bis 3,5 Milliarden US-Dollar schätzt. Das sind immerhin rund fünf Prozent des weltweiten Kunstmarktvolumens, das der von der Art Basel und der Bank UBS herausgegebene Bericht "The Art Market 2018" für das vergangene Jahr mit 63,7 Milliarden US-Dollar angibt. Im Vergleich zum eher düsteren Vorjahr wuchs der Umsatz damit um satte zwölf Prozent. Entsprechend gut ist die Stimmung auf der Art Basel, vor allem bei den Galerien des obersten Segments.
Bei Helly Nahmad aus London etwa, wo der luxuriöse Superflauschteppich die Verlangsamung des Schrittes geradezu erzwingt, hängen im großzügigen Halbrund vier Picassos aus den Sechzigern um eine hüfthohe, millionenschwere Stahlfontäne von Alexander Calder. Das Setting wirkt irgendwie komplizenhaft in seiner Nähe zur Fondation Beyeler, die am Stand gegenüber eine Vorausschau auf ihre Picasso-Schau 2019 arrangiert hat. Die Pariser Galerie 1900-2000 nebenan zeigt eine Wandarbeit von Cindy Sherman für 350 000 Dollar, die zugleich als Display für ein halbes Dutzend Frauenporträts von Francis Picabia dient – eine ungewöhnliche Liaison. Und während bei David Zwirner aus New York am ersten Preview-Tag bereits ein Gemälde des afroamerikanischen Malers Kerry James Marshall für angeblich rund fünf Millionen Dollar den Besitzer wechselte – Näheres wollte die Galerie nicht verraten, nachdem Rapper Sean "P Diddy" Combs erst im Mai eine Arbeit des Malers für unglaubliche 21,1 Millionen Dollar ersteigert hatte, was für Galerie und Künstler durchaus ein Risiko bedeuten kann –, lag bei Hans Mayer aus Düsseldorf ein aus Glas und LED-Screens zusammengebasteltes Lämmchen von Tony Oursler schon vor der offiziellen Eröffnung ganz erschöpft am Boden.
Zu Recht. Tatsächlich war der Andrang zur Preview am Dienstag und Mittwoch größer als im vergangenen Jahr, nicht zuletzt weil sich die Art Basel auch räumlich weiter konzentriert hat – oder besser: konzentrieren musste. Nachdem die einst äußerst potente Uhren- und Schmuckmesse Basel World zuletzt ins Schlingern geraten war, da viele Aussteller aufgrund zu hoher Kosten abzuspringen drohten, bot ihnen die Messe an, ihre aufwändigen Standarchitekturen das ganze Jahr über im Erdgeschoss von Halle 1 zu lagern – also genau dort, wo im Juni in der Regel das prominente Zugpferd der Art Basel, die Art Unlimited für raumsprengende Installationen, Videos und XXL-Malerei stattfindet. Dass diese nun ins beengtere Obergeschoss ausweichen musste, lässt sich als Makel aber allenfalls auf Daniel Burens überdimensionierter Treppeninstallation "Una cosa tira l’altra" erfahren, deren Stufen hier bis fast unter die Hallendecke führen.
Allein die 65 Werke, die von dort aus zu überblicken sind, lohnen den Besuch der Art Basel. Zu den Höhepunkten gehören hier Fotoarbeiten wie Barbara Probsts herausragende Serie "Exposure #85" mit 13 Perspektiven auf ein und dieselbe Szene in einem New Yorker Apartment oder der atemberaubende Bildessay "Ponte City", den Mikhael Sbuotzky & Patrick Waterhouse während sechs Jahren im gleichnamigen Wolkenkratzer in Johannesburg fotografiert haben.
Bei soviel Größe lohnt am Ende in jedem Fall noch ein Blick in die überschaubareren Kojen junger Galerien in der Sektion Art Statements. Dort überzeugen unter anderem eine Wandfriesarbeit im Look der lateinamerikanischen Moderne von Rodrigo Hernández (bei Madragoa, Lissabon), der auch schon im Freiburger Kulturwerk t66 ausstellte, sowie zwei denkbar gegensätzlichen Malereiinstallationen von Georgia Gardner Gray (bei Croy Nielsen, Wien) und Helen Verhoeven (bei Stigter van Doesburg, Amsterdam).
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