Dicke Luft in der Kirche
Die Katholiken brauchen Weihrauch. Manchem wird von dem intensiven Duft aber übel.
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Als Pias Vater wieder aufwachte, lag er zu Hause auf dem Sofa, in seinem Kopf summte es wie ein Bienenschwarm. "Papa wacht auf!" hörte er Pia rufen. "Na, hast wohl den Weihrauch nicht vertragen." Von Weihrauch hatte er natürlich schon gehört, aber ihn hatte niemand gewarnt, dass das eine stinkende Wolke sein würde, die schlimmer als Onkel Gustavs Zigarrenschwaden war. Rainer ging nicht oft in die Kirche, und wenn, dann in die evangelische, wo man gar keinen Weihrauch kannte. "Und überhaupt," fragte er Pia, "wozu soll Weihrauch überhaupt gut sein?" Ihm war immer noch koddrig.
Pia lachte. "Ich finde Weihrauch duftet sehr fein, außerdem ist er ein wertvolles Geschenk." Ein Geschenk? Der Vater guckte wie ein Auto. Pia erklärte: "Du kennst doch die Geschichte von der Geburt Jesu in Betlehem. Ihn besuchten gelehrte Männer, sie beteten das Kind an und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe." - "Gold ist wertvoll, aber Myrrhe und Weihrauch?" stutzte Vater Rainer.
Pia schlug in einem Lexikon nach und las vor: "Myrrhe ist eine Tinktur aus dem Harz des Myrrhenstrauches, damit wurden Tote einbalsamiert. Auch der Weihrauch wird aus Harz gewonnen, in Afrika, Arabien und Indien. Der Harzbalsam ist ein klebriger, zähflüssiger Saft, den die Baumzellen herstellen. Wird die Rinde des Baumes angeritzt, blutet er, wie wenn man sich das Knie aufschlägt. Nach einer Zeit wird der Saft trocken und verschließt die Baumwunde, wie das getrocknete Blut das Knie. Der Weihrauch ist eine Mischung von Harzen, die beim Verbrennen stark duften. Zur Zeit Jesu kostete ein Kilogramm Weihrauch etwa 500 Euro. Weihrauch ist ein uraltes Symbol für Gottesverehrung. Wenn er eingesetzt wird, heißt es: Hier geht es um etwas Göttliches, um etwas ganz Besonderes. Weihrauch gibt es auch als Tabletten gegen Entzündungen."
Vater Rainer ging es ein bisschen besser. Er erinnerte sich dunkel daran, dass Onkel Gustav einmal erzählt hatte, dass er als Ministrant das Weihrauchfass schwenken durfte. Dazu zündete er ein flaches Kohlestück wie beim Grillen an, dann legte er es mit einer Zange in das zweigeteilte, mit einer Kette verbundene Metallgefäß, und schaufelte mit einem kleinen Löffel die stecknadelkopfgroßen Harzkügelchen auf die heiße Kohle.
"Ach, und hier steht im Lexikon noch was über dich", grinste Pia: "Dass manchen Leuten von Weihrauch schlecht wird, liegt an den ätherischen Ölen, mit denen das Harz beträufelt wurde. Die sorgen für den starken Duft. Manchen wird ja auch von Parfüms oder Duftlampen übel. Und jetzt komm’ Essen, Papa", sagte Pia ungeduldig. "Die Gäste warten schon. Wenn du willst, können wir ja im Kirchenladen ein Päckchen Weihrauch und Kohle kaufen und zu Hause anzünden", schlug sie vor, "damit du dich daran gewöhnst." - "Nein danke, Pia, auf so ein göttliches Geschenk kann ich in der nächsten Zeit verzichten."
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