"Der Klimawandel betrifft uns alle"

Eberhard Parlow spricht über Auswirkungen des Klimawandels am Oberrhein / Haselwald/Spitzmatten "sehr sensibel".  

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Eberhard Parlow bei seinem Vortrag im Sitzungssaal des Rathauses  | Foto: Georg Voß
Eberhard Parlow bei seinem Vortrag im Sitzungssaal des Rathauses Foto: Georg Voß

EMMENDINGEN. Großes Interesse an einem angesichts der Flüchtlingskrise fast aus dem Blick geratenen Thema im voll besetzten Rathaussaal: Der in Emmendingen aufgewachsene Professor für Meteorologie und Klimatologie an der Uni Basel Eberhard Parlow referierte über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Oberrheinregion und die Notwendigkeit von Anpassungsstrategien. Sein Fazit: Der Klimawandel setzt sich unvermindert fort, je nach Szenario fällt er angenehmer oder drastischer aus. Und es betrifft alle.

Worauf Eberhard Parlow immer wieder hinwies: Klima und Wetter sind nicht dasselbe. "Das Klimasystem ist komplex." Parlow vergleicht es mit einem großen Uhrwerk mit Rückkopplungseffekten. Der Ozean als größeres Rad reagiere sehr langsam, das Wetter eher schnell. Mit Beginn der Industrialisierung begann die verstärkte Emission von Treibhausgasen mit Folgen für Meeresspiegel, Biodiversität und als Ergebnis die Extremwetterereignisse. "Wir greifen in das Räderwerk ein." An der Messstation auf dem Schauinsland, der ältesten CO2-Messreihe in Europa, wurde zwischen 1972 und 2015 ein Anstieg der atmosphärischen Kohlendioxid-Konzentration von 1,6 ppm (parts per million) jährlich ermittelt. 1972 waren es ungefähr 335 ppm. Im Januar 2016 wurde die 400-ppm-Marke mit 402,53 ppm Kohlendioxid-Konzentration gesprengt: "Yes, we can."

Der Treibhauseffekt ist global und in den vergangenen 200 Jahren ist die globale Mitteltemperatur um zwei Grad gestiegen. In Basel wurde Anfang des 19. Jahrhunderts ein Jahresmittelwert von 9,3 Grad gemessen. 100 Jahre später lag die Durchschnittstemperatur bei 11,2 Grad. Wenn alle Klimaschutzmaßnahmen greifen, wird die CO2-Konzentration im Jahr 2100 auf 450 ppm ansteigen. Bleibt es aber beim "Business as usual", werden mehr als 650 ppm erwartet mit entsprechender Erhöhung der Mitteltemperatur.

"Globale Klimamodelle laufen anders als Wettervorhersagemodelle. Keiner weiß, was passiert." Und der Mensch ist vergesslich, gerne denkt er an die heißen Wochenenden, doch geraten die vielen warmen Sommertage während der Arbeit im Büro in Vergessenheit. Das gleiche gilt für die Rückblicke auf den Sommerurlaub an der kroatischen Adriaküste. Sicherlich scheint im Sommer dort die Sonne, nur regnet es in den Wintermonaten überdurchschnittlich viel. Das Gedächtnis ist kurz und sehr selektiv.

Blick auf Bangladesh – und auf Emmendingen

Hier geht es aber um die mittlere Jahrestemperatur, um den prognostizierten Anstieg der globale Temperatur im Mittel und deren Konsequenzen für Natur und Mensch. Etwa den Anstieg des Meeresspiegels. Für ein Land wie Bangladesch mit 153,3 Millionen Einwohnern und der prognostizierten Zunahme der Bevölkerung auf 265 Millionen im Jahr 2050 bedeutet es quasi den Untergang. "Auf einmal gibt es 100 Millionen Klimaflüchtlinge. Wir haben keine Antwort darauf." Derzeit sind laut Schätzung der UN rund 60 Millionen aufgrund von Krieg, Hunger und Armut auf der Flucht. Auch wird das Klima in den nordafrikanischen Mittelmeeranrainer-Staaten immer trockener, daher sei auch hier mit -zig Millionen Flüchtlingen zu rechnen. Für den Oberrhein rechnet Parlow mit einer Erhöhung der Wärmebelastung. Dies betrifft auch Emmendingen, da hier die Zufuhr von Frischluft "eher ums Eck" aus dem Glottertal oder durch die nördliche Ausdehnung des Höllentälers käme. Für dass Gewann Haselwald/Spitzmatten empfahl er: Wenn eine Bebauung, dann längs zur Strömungsrichtung. "Es ist aber ein sensibler Bereich."

Auch der Weinbau sei bei den zu heißen Sommern vom Klimawandel betroffen, etwa wenn der Gutedel auf einmal 14 Prozent Alkoholgehalt aufweise und eher an Likörwein erinnere. Doch stieg auch im Rekordsommer 2003 die Mortalitätsrate etwa in Paris signifikant. Für die Städte und die Stadtplaner und Architekten gilt es den Klimawandel und den Anstieg der Temperaturen in ihren Planungen zu berücksichtigen. So kritisiert Eberhard Parlow scharf die geplante Neugestaltung des Platzes der Synagoge in Freiburg mit dunklen Fliesen.

Die Stadt Emmendingen, so Armin Bobsien, Referent für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Umwelt, habe sich auf die Klimaschutzziele 50 -80- 90 geeinigt. Die Grün-Rote Landesregierung hatte 2011 beschlossen, bis 2050 die Kohlendioxydemission um 90 Prozent zu reduzieren, den Energieverbrauch um 50 Prozent zu senken und 80 Prozent erneuerbare Energie zu verwenden. Diese Klimaschutzziele seien die Leitlinien für die Entwicklung zur klimaneutralen Stadt. "Wir als Kommune müssen über Klimaanpassungsmaßnahmen reden", so Armin Bobsien.

Gibt es Tipps? "Versuchen Sie es mit der Bahn oder Fahrrad. Wenn Auto, dann ein Mietwagen," sagt Parlow, bleibt aber hinsichtlich des Verhalten der Menschen skeptisch: "Es muss schmerzen. Die Pistole ist aber noch weit entfernt." Aber Stadtplaner sollten schon Plan A oder B in der Tasche haben. "Es wird kommen", warnt er.

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