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Der Geist steigt aus der Lampe – und der Ungeist hinein

MÄRCHEN: Guy Ritchies farbenprächtige, actionreiche und detailverliebte Realverfilmung des Disney-Klassikers "Aladdin".  

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Mena Massoud als Aladdin  | Foto: Daniel Smith (dpa)
Mena Massoud als Aladdin Foto: Daniel Smith (dpa)
Seit "Schneewittchen" (1935) haben die Disney-Studios konsequent den internationalen Märchen-Kanon verkitscht. Inzwischen hat der Konzern eine zweite Verwertungsrunde eingeleitet, indem er die eigenen Zeichentrick-Klassiker als computeranimierte Realfilme auferstehen lässt. Eben flog mit Tim Burtons "Dumbo" der mutierte Elefant durch die Zirkusarena, da erhebt sich auch schon "Aladdin" auf seinem fliegenden Teppich in den Himmel neuer Boxoffice-Rekorde.

1992 spielte Disneys Version des Märchens aus 1001 Nacht weltweit 504 Millionen Dollar ein und wurde Kinohit des Jahres. Aber es gab auch deutliche Kritik an den Orientklischees: Während viele Nebenfiguren mit großen Nasen und wilder Mimik wie Ethnokarikaturen daherkamen, sahen Aladdin und Prinzessin Jasmin aus wie (schwarzhaarige) amerikanische Teenager – Identifikationsangebote fürs heimische Publikum. Der Realfilm dagegen bedient moderne Diversitätsansprüche und besetzt die Titelfigur mit dem ägyptisch-kanadischen Newcomer Mena Massoud, der hier auch sein Gesangs- und Tanztalent beweisen kann.

Im furiosen Intro, das eines James-Bond-Streifens würdig wäre und mit satten Farben und überbordendem Detailreichtum aus dem digitalen Tuschekasten zusammengepixelt wurde, taucht der Film ins Getümmel der Stadt Agrabah, wo der junge Dieb vor den Ordnungshütern flüchtet. Regisseur Guy Ritchie und sein Co-Autor John August halten sich eng an die hauseigene Vorlage und übersetzen auch in visueller Hinsicht manche Szenen fast 1:1 ins Realfilmformat. Aus der Wunderlampe steigt ein blau eingefärbter Will Smith als Zaubergeist Dschinni. Smith geht hier als magische Witzfigur in die Vollen, aber sein Overacting passt in diesem Fall bestens zur Rolle, die auch im Original exzentrisch angelegt war.

Macho-Regisseur Ritchie kann auch Romantik – und die Devise "Nicht weniger, nur mehr ist mehr" seiner "Sherlock Holmes"-Filme geht auch im Disney-Rom-Kitsch-Universum auf. Völlig aus der Zeit gefallen ist das eskapistische Kinomärchen aber nicht: Wie die Disney-Prinzessinnen "Rapunzel" und "Cinderella" beweist sich Jasmin (Naomi Scott) als selbstbewusste Frau, die nicht nur ihren Aladdin heiraten darf, sondern auch – abweichend vom Original – am Ende als kompetente Herrscherin gekrönt wird.

Zeitgenössisch wirkt auch Bösewicht Jafar (Marwan Kenzari), der in seinen Omnipotenz-Fantasien an Donald Trump erinnert und am Ende spektakulär in die Lampe zurückgezaubert wird. Darauf müssen wir in der Realität wohl noch ein wenig warten.

"Aladdin" (Regie: Guy Ritchie) läuft flächendeckend. Ab 6.

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 23. Mai 2019: PDF-Version herunterladen

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