Der Einbruch in eine Phalanx
IM PROFIL: Stéphanie Frappart ist eine von drei Schiedsrichterinnen bei der Fußball-WM / Sie leitet das deutsche Spiel gegen Costa Rica.
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Am Dienstagabend betraute die Fifa-Schiedsrichterkommission Stéphanie Frappart mit der Leitung der Partie. Die 38-jährige Französin ist eine von drei Schiedsrichterinnen bei dieser WM. Lange hatte sie auf ihren ersten Auftritt in dem Turnier warten müssen. Kurz vor Ende der Gruppenphase ist es nun soweit. Frappart bringt eine Menge Erfahrung mit, gilt als erstklassige Spielleiterin, als Autorität auf dem Platz. Auf der Nase herumtanzen lässt sich die 1,69 Meter große Französin nicht.
Sich in der nach wie vor von Männern dominierten Welt des Fußballs behaupten? Frappart hat dies zur Genüge getan. Seit 2019 pfeift sie Spiele in der ersten Liga Frankreichs. Auch da war sie eine Vorreiterin. Hinzu kommen Einsätze in der Champions League der Männer sowie eine Partie in der WM-Qualifikation.
Frappart hatte vor dem Turnier angekündigt, sich abschotten zu wollen. Das Rauschen und Stürmen im Internet, den Wirbel um ihre Person vor dem Spiel, bekommt sie eigenen Angaben zufolge gar nicht mit. "Ich bin nicht in den sozialen Netzwerken aktiv", sagte Frappart bei ihrer Vorstellung: "Ich möchte da nicht in alles hineingezogen werden."
Fußballbegeistert war Frappart schon als Kind. Sie wuchs im Departement Val-d’Oise nördlich von Paris auf, spielte im Verein im Mittelfeld. Als Jugendliche ließ sie sich zur Schiedsrichterin ausbilden, konzentrierte sich vom 18. Lebensjahr an nur noch darauf. Das aktive Kicken ließ sie lieber sein. "Ich wollte einfach die Regeln besser kennenlernen", sagte Frappart einmal. Die Rolle als Spielleiterin gefiel ihr immer besser, während sich das fußballerische Talent offenbar in Grenzen hielt, wie die 38-Jährige noch vor der WM mit einem Augenzwinkern betonte. "Aus der Sicht der Fans ist es sicher besser, dass ich pfeife anstatt zu spielen."
Der Fußball-Weltverband hat neben 69 Assistenten und 24 Video-Offiziellen insgesamt 36 Unparteiische für die Endrunde in Katar nominiert. Darunter Stéphanie Frappart und ihre Kolleginnen Salima Mukansanga aus Ruanda und Yoshimi Yamashita aus Japan, die bislang noch nicht eingesetzt wurden. Sie müssen weiter warten, während die Französin am Donnerstagabend im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit steht.
Und das in einem Land mit seiner zuweilen sehr konservativen Ausprägung des Islam und den Traditionen der Beduinen. Ein Land, in dem die Rollen in der Regel klar verteilt und Frauenrechte eingeschränkt sind.
Beim Gruppenspiel Deutschland gegen Costa Rica hat also nun eine Frau das Sagen. Nach ihrer Pfeife müssen die Kicker tanzen. Auch das macht diese WM-Premiere so besonders. "Die WM ist die wichtigste Sportveranstaltung der Welt", sagte Frappart. Schon alleine für das Turnier ausgewählt worden zu sein, nennt sie eine Ehre. Bundestrainer Hansi Flick äußerte sich am Mittwoch in Doha zu Frappart. "Sie hat es sich mit ihren Leistungen absolut verdient", sagte der 57-Jährige: "Wir freuen uns, dass sie pfeift, und haben absolutes Vertrauen."
"Ja, ich fühle mich auch als Frau", hatte Fifa-Präsident Gianni Infantino in der Fragerunde nach seiner skurrilen Pressekonferenz und One-Man-Show einen Tag vor dem Eröffnungsspiel gesagt. Der Schweizer wollte damit wohl auf seine eigene Art und Weise seine Solidarität zum Ausdruck bringen.
Frauen, dies zeigen die ersten elf Tage Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, haben es schwer bei dieser klar von Männern beherrschten Veranstaltung am Persischen Golf. Stéphanie Frappart bricht nun ein in die Phalanx. Sie betont: "Das wird sehr emotional." Die 38-Jährige wird im Al-Bayt-Stadion in Al-Khor nicht nur für sich auf das Feld gehen, sondern auch für alle anderen Schiedsrichterinnen in der Welt.
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