Bundesamt für Naturschutz

Den Feldhamster retten

Bundesamt für Naturschutz fordert Kehrtwende in der Agrarpolitik / Agrarminister ist sauer.  

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Ein seltener Geselle: der Feldhamster  | Foto: dpa
Ein seltener Geselle: der Feldhamster Foto: dpa

BERLIN. Die Lage für Vögel, Insekten, Pflanzen und ganze Lebensräume in Agrarlandschaften verschlechtert sich einem Bericht des Bundesamts für Naturschutz zufolge. "Praktisch alle Tier- und Pflanzengruppen in der Agrarlandschaft sind von einem eklatanten Schwund betroffen", teilte die Präsidentin des Bundesamts, Beate Jessel, am Dienstag in Berlin mit.

Die Tiere sind weg. Bestes Beispiel: Der Feldhamster. Am liebsten lebt er im Getreidefeld. Dort findet er reichlich Nahrung, die er sich in seine Hamsterbacken stecken kann. Zwischen den Halmen hat er zudem Deckung vor Feinden, auch seinen Bau legt er dort an. Nur: Bleibt nach der Ernte nichts stehen, wird alles umgepflügt, hat er nichts mehr. Cricetus cricetus, so der lateinische Name, muss wegziehen. Er gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht.

Tiere, die das Wort "Feld" im Namen tragen, haben heute verloren, heißt es unter Biologen. Feldlerche, Feldhase – sie alle leiden. Das bestätigte am Dienstag Beate Jessel, die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, BfN. Sie beruft sich auf zahlreiche Studien zur Entwicklung der Natur in der Agrarlandschaft, die sie zusammen mit ihren Kollegen im neuen Agrarreport 2017 ausgewertet hat.

Der sorgt prompt für Verärgerung im Bundeslandwirtschaftsministerium. "Schon wieder stellt eine Behörde aus dem Ressortbereich des Umweltministeriums die Landwirtschaft an den Pranger", erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). Er sprach von "Alarmismus und Panikmache".

Aus Sicht der Naturschützer stimmt Grundsätzliches nicht mehr. Zwar sind Wölfe zurück und ziehen Kraniche durch die Luft, auffälligen Exoten scheint es gut zu sehen. Intakt ist die Natur darum aber nicht. Denn Allerweltsarten leiden. "Moderne landwirtschaftliche Produktionsmethoden" hätten zu einer "kontinuierlichen Abnahme der Artenvielfalt geführt" steht im Agrarreport.

Demnach ist ein Drittel der Ackerwildkrautarten gefährdet. Der Acker-Rittersporn, der einst schon von Weitem kräftig dunkelblau aus den Rändern von Getreideäckern oder auch auf frischen Erdhaufen leuchtete, ist kaum noch zu finden. Und: Der Bestand jeder zweiten Vogelart schrumpft, der des Rebhuhns mit seinem unscheinbarem grau-braunen Federkleid etwa nahm zwischen 1990 und 2015 um 84 Prozent ab. Allein 41 Prozent der rund 580 Wildbienenarten gelten als gefährdet.

Bemühungen, den Naturschutz in der Landwirtschaft besser zu verankern, gibt es längst. Nur, die von der EU über Steuergeld geförderten sogenannten Greening-Maßnahmen hätten "keinen Mehrwert für die biologische Vielfalt", sagt Jessel. Die Anforderungen seien nicht streng genug. Jessel sagt, es sei Zeit für eine "Kehrtwende in der Agrarpolitik". Derzeit erhalten allein die deutschen Bauern rund 6,3 Milliarden Euro an EU-Agrarsubventionen. Dieses Geld müsse in Zukunft nach dem Motto "öffentliches Geld für öffentliche Leistungen" verteilt werden. Laut WWF fließen jedes Jahr Milliarden Euro an Steuergeldern in den Agrarsektor. Das sei genug, "um eine Landwirtschaft zu gestalten, von der Landwirte ebenso profitieren wie die Natur".

Das Ideal der Naturschützer: eine vielfältige, kleinteiliger strukturierte Agrarlandschaft, mit Blühstreifen an den Rändern der Äcker.

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