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Das Spukhaus auf dem Lande

Ein feiner Schmöker für angehende Naturforscher: "Das Tal der Geheimnisse"  

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Die Erbschaft trifft ihn fast wie ein Schock. Schließlich wusste Stephen nicht einmal, dass er überhaupt Verwandte hat! Er ist als Waise aufgewachsen. Und dann erklärt der Anwalt Mr. Postlethwaite plötzlich, dass Stephen von einem Großonkel den Landsitz "Lansbury Hall" in Cornwall geerbt hat. "So rasch wie möglich" soll der frischgebackene Gutsbesitzer dorthin, sich "um alles kümmern". Um was, werde er schon selbst herausfinden, knurrt der grantige Postlethwaite und wimmelt Stephen ab. Dabei hätte der Junge gern mehr erfahren, besonders über seine Familie.

"Das Tal der Geheimnisse" der Britin Charmian Hussey erschien 2003 in einem Miniverlag. Geschrieben hat ihn die Archäologin fast 20 Jahre früher – für ihren neunjährigen Sohn, der sich besonders für Pflanzen und Tiere interessierte. Drum beschreibt Hussey die Flora und Fauna sehr detailliert, teils fast ausschweifend, aber durch Stephens Augen. Auch er liebt Getier und Gewächse und macht sich sogar Sorgen, weil viele Wälder und Tierarten bedroht sind. Doch hauptsächlich beschäftigt ihn sein Erbe, "Lansbury Hall", um das sich Spukgeschichten ranken. Es scheint verlassen. Niemand empfängt Stephen, als er ankommt. Nicht einmal Strom gibt es. Dafür wachsen auf dem Gut seltsame Pflanzen. Unheimliche Schreie ertönen. Immerhin verfügt die Villa neben der schönsten Toilette der Welt über eine riesige Bibliothek. Darin stößt Stephen auf die Tage bücher seines Erbgroßonkels Theodore. Sie entführen den Teenager auf eine abenteuerliche Forschungsreise zum Amazonas. Bei Tag streunt der Junge durch seine Ländereien. Abends versinkt er in den Dschungelerlebnissen seines Ahnen.

Hussey erzählt einfach, aber mit "erwachsenen", manchmal altbackenen Formulierungen: "Reinlichkeit kommt gleich nach Gottseligkeit." Ihre vereinzelten Belehrungen verlieren sich in den zwei parallelen Handlungssträngen – Stephens Erkundung von "Lansbury Hall" und der lange zurückliegenden Amazonasreise seines Großonkels. Beide Geschichten bauen gemächlich eine hohe Spannung auf. Ganz nebenbei erfahren die Leser Interessantes über Kapok- und Kautschukbäume, über Tapire, Anakondas, Lianen, Lerchen, Birken und südamerikanische Indianer. Mit der Mischung aus Exotik, Gruseln und Wissen hat sich der feine Schmöker für angehende Naturforscher in England vom Geheimtipp zum Bestseller gemausert.

Selbstverständlich stoßen die Tagebücher Stephen auch auf die Spur seiner Familie. Bevor er deren Geheimnis löst, verwirren ihn merkwürdige Vorkommnisse: Irgendjemand räumt in "Lansbury Hall" auf, putzt die Teetassen. Stephens Taschenuhr verschwindet. Er findet komische Spuren im Haus. Nachts leuchten im Garten "schwankende Augen", die mitten in der Luft baumeln. Diese Rätsel klären sich auf, als er das "Tal der Geheimnisse" entdeckt. Aber damit fangen andere Probleme an.
– Charmian Hussey: Das Tal der Geheimnisse, mit vielen Abbildungen von Christopher Crump. Aus dem Englischen von Marie Rahn. Hanser Verlag, München 2008. 496 Seiten, 17,90 Euro. Ab 12.

Ressort: Literatur

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