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Myanmar

Das Gewerbe der Lohnschreiber stirbt aus

In Europa ist das Geräusch von Schreibmaschinen fast vergessen. In den Straßen von Rangun gibt es sie noch: alte Olympia-Geräte aus deutscher Produktion. Doch das Gewerbe stirbt aus.  

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Ma Thet, eine der wenigen Lohnschreiberinnen in Rangun an ihrer Schreibmaschine   | Foto: dpa
Ma Thet, eine der wenigen Lohnschreiberinnen in Rangun an ihrer Schreibmaschine Foto: dpa
Der Mann, der Regenschirme reparierte, ist schon weg. Die Frauen, die bis vor ein paar Monaten noch jeden Morgen auf der Straße ihre Klapptische mit den Telefonapparaten aufstellten, damit die Leute ihre Anrufe erledigen konnten, auch. Aber wenigstens die "Meister der Schreibmaschine" sind noch da. Auch wenn es immer weniger werden, die in Rangun, im Viertel der Notare, mit ihren alten Maschinen auf den Gehwegen sitzen.

Seit sich Myanmar vor ein paar Jahren dem Rest der Welt geöffnet hat, kann man auf den Straßen der ehemaligen Hauptstadt praktisch in Echtzeit zusehen, wie Berufe dahinsterben. Was anderswo Jahrzehnte dauerte – die Umstellung auf Computer, Handys, Smartphones – , vollzieht sich hier viel schneller. Selbst die meisten der buddhistischen Mönche, die im Straßenbild alltäglich sind, haben heute ein modernes Gerät in der Hand.

Deshalb sagt Mg Mg Than, er gehöre zu den "Menschen von gestern". Der 70-Jährige verdient sein Geld seit mehr als einem halben Jahrhundert damit, für andere Leute wichtige Daten in seine Schreibmaschine zu tippen: Schreiben ans Amt, Heiratsurkunden, Geschäftsbriefe, zu Zeiten von Birmas Militärdiktatur oft auch vertrauliche Dokumente. Manchmal waren sogar Liebesbriefe dabei.

Solche Lohnschreiber haben in Myanmar einen eigenen Namen: Lat-Nhate-Sat Sayar Thamar, die "Meister der Schreibmaschine". Herr Than nennt sich "Großvater der Schreibmaschinen-Meister". "Länger als ich ist heute keiner mehr dabei", sagt der Alte. Zum Zehn-Finger-System hat es nie gereicht. Mit den Zeige- und Mittelfingern kommt er zurecht.

Aber das Geschäft – pro Seite gibt es umgerechnet ein paar Cent – lohnt sich nicht mehr. Im Monat verdient er umgerechnet kaum mehr als 100 Euro. Den großen Vorteil der Schreibmaschine gibt es aber noch: Man braucht kein Büro, nicht einmal eine Steckdose. Tisch, Hocker, Maschine reichen aus. Aber der digitale Wandel macht das Gewerbe kaputt.

Bis vor ein paar Jahren saßen rund um die Maha Bandoola Park Street bis zu 250 "Schreibmaschinen-Meister". Viele Leute waren auf sie angewiesen – weil sie selber nicht schreiben konnten, oder weil sie sich keine eigene Schreibmaschine leisten konnten. Inzwischen sind nur noch etwa zwei Dutzend übrig.

"Früher sind die Leute Schlange gestanden, wenn ich zur Arbeit gekommen bin", erzählt Ma Thet, eine der wenigen Frauen. "Heute ist das nicht mehr so." Im Schatten der Bäume wartet die 45-Jährige nun manchmal den halben Tag, bis ein Kunde auftaucht.

Myint Thaung, der seit 25 Jahren im Geschäft ist, meint: "Wir haben eine Menge Erfahrung. Wir können den Leuten Ratschläge geben, die sie anderswo nicht bekommen. Aber die Leute wollen keine Erfahrung mehr. Sie wollen große Läden mit Computern drin."

Ressort: Panorama

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