Öffentliche Lesung
Erinnerungen von Hans Thoma in Bernau: Das Geheimnis der Stille erfassen
Im Bernauer Thoma-Museum erweckt Berthold Weiger die Erinnerungen von Hans Thoma zum Leben. Er zeigt, wie der Künstler seine Inspiration und Eigenständigkeit fand.
Sa, 4. Jan 2025, 18:00 Uhr
Bernau
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Thoma selbst habe erklärt, die Rekapitulation der verschiedenen Stationen eines Lebensweges sei im Grunde langweilig, verriet Weiger. Daher habe er sich den Erinnerungen Thomas unter einem speziellen Blickwinkel genähert, nämlich der Annäherung an die geistige und künstlerische Entwicklung des Menschen Thoma. Thoma selbst hatte es so ausgedrückt: Wie die Seele sich durch die Zeit winde, um zur Erkenntnis ihrer selbst zu kommen, darauf komme es im Lebenslauf an.
Hierzu ging Weiger den Inspirationsquellen Hans Thomas nach. Da war zunächst die Mutter, die allerlei Tierdarstellungen in das Gekritzel des Kindes hineinlas und diesen ersten Strichen so Form und Bedeutung verlieh. Aus Märchen, die der Junge hörte, entwarf er gleich bildhafte Vorstellungen an der Wand. Inspiration schöpfte er aber vor allem in der Natur. Auch in der sogenannten ersten Karlsruher Zeit regten ihn die Naturstudien Johann Wilhelm Schirmers an, während er das Antikenzeichnen eher langweilig fand.
Bernau war und blieb Thomas Sehnsuchts- und Kraftort. Sprachmalerisch beschreibt er dies in eindrücklichen, farbenreichen Bildern, wie überhaupt Thomas bildhafte Sprache ihn als wahre Doppelbegabung ausweist, als textlich ebenso genialen Landschaftsschilderer wie in seinen Gemälden. Dabei ist es die feierliche Stille des Augenblicks, die er euphorisch festzuhalten versucht – im Bild wie im Text.
Auch Thomas Entwicklung zur Eigenständigkeit machte Weiger deutlich. So wehrte sich Thoma nicht nur gegen die Einflüsse der angesagten Düsseldorfer Maler und erachtete im Nachhinein den Rat der dortigen Professoren, seine Bilder durch gewisse Veränderungen verkäuflich herzurichten, als Verpfuschen seiner Gemälde. Auch in Karlsruhe hatte er bereits erkannt, dass die gutgemeinten Korrekturversuche seiner Umgebung seine Bilder ihrer Natürlichkeit, Frische und Selbständigkeit beraubt hätten.
Thoma wollte sich nicht dem Publikumsgeschmack unterwerfen. Er habe andererseits aber durchaus aus der Klarheit, dem Licht und den Farben von Vorbildern wie Dürer oder Courbet geschöpft, die ihn beeindruckten, so Weiger. Thoma sei bei der Komposition seiner Bilder nicht von der Bewegung, von Ursache und Wirkung ausgegangen. Sondern er habe versucht, durch reine Anschauung das Geheimnis der Stille zu erfassen.
Einen berührenden Einblick in die Seelentiefe des Künstlers gab Weiger am Schluss mit der Rezitation des Gedichtes, das Thoma auf den Verlust seiner geliebten Ehefrau geschrieben hat. Thoma zitierte es wie weitere Gedichte neben Tagebuchaufzeichnungen in seinem Buch.
In der Gesprächsrunde im Anschluss war sowohl das Rätsel der ausgesprochen poetischen, blumigen Sprache des Wälderbuben Thoma Thema, als auch die hohe Wertung der Stimmung, die er dem Malen zusprach. Tatsächlich hat Thoma immer etliche Skizzen angefertigt, auch die Komposition seiner Bilder geprüft, sein besonderes Augenmerk lag dabei aber stets auf der Lebendigkeit des Ausdrucks.
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