"Das Blut der Jugend klebt an euren Händen"
Proteste in Iran reißen nicht ab / Aktivisten hacken das Staatsfernsehen / Justizchef signalisiert erstmals Gesprächsbereitschaft.
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Bei Protesten in Teheran und der Kurdenregion im Nordwesten des Landes wurden auch zwei iranische Sicherheitsleute getötet, meldeten staatliche Medien. Demnach starb einer der beiden, nachdem er am Samstagabend "bei einem bewaffneten Angriff" durch eine Menschengruppe im Süden Teherans eine schwere Kopfverletzung erlitten hatte. Ein weiteres Mitglied der Sicherheitskräfte starb bei Protesten in Sanandadsch, der Hauptstadt der Provinz Kurdistan. Die Agentur meldete zudem Proteste in verschiedenen Städten, bei denen Demonstranten Molotowcocktails gegen Moscheen, Zentren der paramilitärischen Bassidschi-Miliz und Büros von Imamen geworfen hätten.
In einer Schule in Aminis Heimatstadt Saghes in der Provinz Kurdistan skandierten Mädchen "Frau, Leben, Freiheit", auf der Straße nahmen Demonstrantinnen ihre Kopftücher ab und schwenkten sie über dem Kopf, wie Videos nach Angaben der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation Hengaw zeigten.
Die Proteste erstreckten sich auch auf das Fernsehen. So hackten Aktivisten der Gruppe "Alis Gerechtigkeit" mehrere Sekunden eine Nachrichtensendung des Staatsfernsehens. "Das Blut der Jugend klebt an euren Händen", war zu lesen. Über dem Gesicht des obersten geistlichen Führers Ali Chamenei wurden ein Fadenkreuz und Flammen eingeblendet. "Schließt euch uns an und erhebt euch", hieß es dazu.
Außenministerin Annalena Baerbock kündigte die Durchsetzung weiterer Sanktionen gegen den Iran an: "Wir werden dafür sorgen, dass die EU die Verantwortlichen dieser brutalen Repression mit Einreisesperren belegt und ihre Vermögen in der EU einfriert." Die Rufe der Menschen seien ohrenbetäubend. Nur die Regierung in Teheran stelle sich taub.
Laut der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) wurden beim gewaltsamen Vorgehen der iranischen Behörden gegen die Demonstranten bislang mindestens 95 Menschen getötet.
Am Montag schlug Irans Justizchef erstmals einen Dialog vor. "Die Bürger oder politischen Gruppierungen sollten wissen, dass wir ein Ohr für Proteste und Kritik haben und bereit für einen Dialog sind", sagte Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi. Auch das iranische Politsystem könnte "Schwächen und Fehler" haben. Der Iran hatte im Zusammenhang mit den Protesten bislang von einer Verschwörung des Auslands und bewaffneter Oppositionsgruppen gesprochen und mit konsequentem Durchgreifen gedroht. Die versöhnlichen Töne des sonst eher kompromisslosen Justizchefs deuten Beobachtern zufolge darauf hin, dass der harte Kurs der Führung bislang nicht die erwünschten Ergebnisse brachte.
Indes beschlagnahmten die iranischen Behörden laut örtlichen Medien vorübergehend den Pass des Fußballstars Ali Daei. Der frühere Hertha-BSC-Spieler hatte die "Unterdrückung" der Proteste angeprangert. Seinen Pass habe er nun zurück.
40 deutsche Stars aus Film, Fernsehen und Theater schnitten sich aus Solidarität mit den Protesten vor laufender Kamera Haare ab. Im Text zum Video, das unter anderem Schauspielerin Meret Becker auf Instagram postete, steht auf Englisch: "In Solidarität mit allen Menschen, die gerade im Iran protestieren. Wir nehmen Euch wahr. Wir stehen an Eurer Seite."
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