Nervenkitzel
Bungeespringen am Schluchsee – ein Selbstversuch
Freizeitspaß oder Höllentrip? BZ-Redakteur Sebastian Wolfrum hat am Schluchsee den Selbstversuch gewagt und sich an einem Bungeeseil in die Tiefe gestürzt. Und das alles nur für eine Frau.
Di, 12. Jun 2012, 12:05 Uhr
Schluchsee
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Alle paar Wochen baut ein Team eines großen Veranstalters neben der Staumauer des Schluchsees eine Bungeeanlage auf. Ein fünfachsiger blauer Kranwagen mit einem mächtigen Ausleger parkt am Ufer, daran hängt die Gondel aus der gesprungen wird. Es läuft Musik mit ordentlich Bass, zu der man herrlich tanzen könnte – wenn einem danach wäre. Immer wieder halten Schaulustige und gucken hinter das Absperrseil. Dort wird den Mutigen, den Draufgängern und den Angebern das Sicherheitsgeschirr angelegt und sie warten auf ihr "Erlebnis" wie es der Veranstalter nennt. Mir wird schon schwindlig wenn ich vom Boden aus zur Kranspitze schau. Das kann ja ein schönes Erlebnis werden.
Ich springe nicht allein, sondern mit meiner Freundin gemeinsam, Tandemsprung nennt sich das. Meine bessere Hälfte scheint die Aufregung allerdings wesentlich entspannter wegzustecken als ich. Das beruhigt. Zwingt mich aber auch, ganz Mann, den Lässigen zu geben. Cool bleiben, bloß nix anmerken lassen. Erst kurz vor dem Sprung wird auch meine Liebste nervös.
Klar, später wird es sich toll anfühlen. Wenn man zusammen seine Angst überwunden hat. Später wird es uns einzigartig vorkommen, egal ob schon Tausende vor uns gesprungen sind. Furcht wird zu Stolz werden und romantisch wird es auch sein, gemeinsam die Gefahr gemeistert zu haben. Später wird meine Freundin es so beschreiben: "Es war schrecklich, wunderschön und total verrück." Aber nicht jetzt. Jetzt sitze ich wie ein Kaninchen vor der Gummischlange und habe einen Mordsrespekt.
Dieses unangenehme Bauchgefühl hab ich schon länger. Nicht beim Buchen des Sprungs im Internet, da ist alles noch herrlich weit weg. Schon eher, als der Termin dann bestätigt wird. Und erst recht in den Nächten davor, wenn schon der Gedanke an den Abgrund Adrenalin durch meinen Körper pumpt. Wikipedia beruhigt mich auch nur auf den ersten Blick, "Beim Bungeespringen" heißt es da "ist die Gefahr einer gefährlichen oder tödlichen Verletzung deutlich geringer als bei den meisten anderen Sportarten." Gleich die nächste Überschrift heißt allerdings: Unfälle. Na toll.
Und überhaupt: Ist Bungee nicht eigentlich total 90er. Ein kurzer Hype, schon lange vorbei? Nicht mehr als eine Modeerscheinung wie Eurodance-Musik und Plateauschuhe von Buffalo? Vielleicht ist Höhenangst aber auch zeitlos. Vor uns springen auf jeden Fall reihenweise junge Menschen. Muskelmänner mit Tribal-Tattoos, drahtige Sportskanonen – aber auch junge Mädels und leicht nervöse Pärchen, auf der Suche nach Verbindung durch den gemeinsamen Kick. Manche springen, als würden sie dem Tod ins Gesicht lachen, stoßen sich kräftig gab, breiten die Arme weit aus. Andere schreien und kreischen. Aber alle überleben. Die meisten lachen sogar, wenn der Kran sie nach ihrem Sprung langsam auf den Boden ablässt.
Wir sind dran. Die jungen, sportlichen Mitarbeiter des Veranstalters bitten uns in die Gondel, die Sicherheitsgurte und das Gummiseil werden an uns festgezurrt. Schon fährt der Kran uns unaufhaltsam nach oben, währenddessen gibt es die letzten Anweisungen.
Dann der Countdown: 3,2,1 Bungee! Umschlungen kippen wir langsam über die eiserne Kante. Wir stürzen. Der See, die Zuschauer, die Boote, alles schießt uns entgegen. Die Angst fährt ein letztes Mal durch den Körper, gleichzeitig kribbelt es überraschend zauberschön. Für Gedanken ist keine Zeit. Nur für den einen: Lass dieses Seil nicht reißen.
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