Weinkultur
Bischoffinger Winzer gehen mit ihren Weinetiketten neue Wege
Etiketten können über Erfolg und Misserfolg im Supermarktregal entscheiden. Die Bischoffinger Winzer wagen derzeit einen künstlerischen Auftritt mit einem poppigen Mammut. Die neue Weinlinie trägt den Namen "Mutix".
Sa, 8. Feb 2025, 17:00 Uhr
Vogtsburg
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So kam es dazu: In der Bischoffinger Winzergenossenschaft wurde beschlossen, die Weine aus pilzwiderstandsfähigen Rebsorten – kurz Piwis – besser zu vermarkten. Die Piwis haben viele Umweltvorteile, denn rund 80 Prozent der Pflanzenschutzmittel können im Vergleich zu klassischen Rebsorten eingespart werden, erzählt Miriam Rombach, Marketing-Managerin der Bischoffinger Winzergenossenschaft (WG). Gleichzeitig tun sich viele Verbraucher schwer, zu Piwis zu greifen, weil sie im Gegensatz zu Bioweinen erklärungsbedürftig sind. Die Piwi-Reben sind durch Kreuzungen resistent gegen die Krankheiten echter und falscher Mehltau. Da spart den Einsatz von Chemie im Weinberg deutlich.
Beim Brainstorming mit WG-Geschäftsführer Thomas Weiler sei es nahegelegen, den Bischoffinger Mammut ins Spiel zu bringen, erzählt Miriam Rombach. Einen echten Mammut-Stoßzahn hat nämlich der Bischoffinger Winzer Otto Schmidlin 1974 beim Spielen als Kind gefunden. Seitdem wird der rund 20.000 Jahre alte archäologische Fund im Ort wie ein Schatz gehütet und ausgestellt.
"Aber ’Mammut’ selbst konnten wir als Namen nicht nehmen, weil es schon eine Ausrüstungsfirma gibt, die so Namen heißt", erzählt Rombach. Beim Hin- und Herüberlegen mit dem Geschäftsführer fiel dann irgendwann das Wort "Mutix". Treffer! Das sei einprägsam, und es unterstreicht in den Augen der WG den Anspruch, etwas Neues zu wagen. Im Kaiserstuhl sind die Piwi-Trauben zwar schon lange in verschiedenen Cuvées zu schmecken, aber seit 2024 in Bischoffingen erstmals als reiner Piwi-Wein, mit und ohne Alkohol. Passend zur Jahreszeit gibt es auch Piwi-Glühpunsch ohne Alkohol. "Mutix soll sinnbildlich stehen für den Wandel des Zeitgeists und des Lebensstils", so Rombach. Damit erhofft man sich nicht zuletzt Chancen bei jungen Käufern, denn in Deutschland und Europa geht der Pro-Kopf-Weinkonsum zurück.
Der neue Name war gefunden, aber was genau soll außerdem noch auf das Etikett drauf? Mit dem bloßen Namenszug und dem üblichen Logo wollten sich Weiler und Rombach nicht zufrieden geben. Das Etikett sollte grafisch genauso frisch erscheinen wie der neue Name Mutix. Jetzt begann für den Freiburger Künstler Michael Genter die Arbeit. Genter hat es mit seiner Street-Art Kunst zu einiger Berühmtheit geschafft, spätestens seitdem er der Fassade des Freiburger Dreikönighauses ein vier Stockwerke hohes Wandgemälde verpasst hat. Es zeigt eine junge Frau mit weißem Tuch. Jeder, der auf der B 31 durch Freiburg in Richtung Autobahnzubringer fährt, hat das haushohe Gemälde schon einmal gesehen. Genter hat es vor zwei Jahren mit Farbrollen und langen Stangen aufgebracht.
Für den Auftrag aus Bischoffingen musste er sich nicht so verrenken wie bei dem haushohen Mädchen. Genter machte mit dem Stift mehrere Ansichten von dem Mammut. "Die Herausforderung war, die Positionen darzustellen", sagt Genter. Der Stil mit den groben Strichen erinnert unverkennbar an seine anderen künstlerischen Arbeiten. Nach Rücksprache mit den Bischoffingern entstand der dynamisch auftretendende Mammut. Er scheint einem regelrecht entgegenzukommen und hebt übermütig seine großen Stoßzähne in die Höhe. Es gibt ihn in den Farben rosa, gelb sowie weiß vor goldenem beziehungsweise lila Hintergrund. Eine Flasche Rot-, Weiß oder Roséwein kostet im Laden um die sechs Euro. Nachdem auch die Pflichtangaben ihren Platz auf dem Etikett gefunden haben, erhielt die Firma Vollherbst Druck in Endingen den Auftrag zum Drucken auf haptisch ansprechendem Papier. Die Auflage wird nicht bekanntgegeben.
Wie kommt die Produktlinie mit dem frechen Etikett an? Für eine Aussage ist es dafür noch zu früh. Aber es gibt bereits Erfolge beim Fachpublikum: Der Mutix-Weißwein erhielt bei der PIWI International Wine Challenge eine Gold-Medaille mit 94 von 100 Punkten. Die Fachjury des Magazins Falstaff verlieh außerdem 90 Punkte. "Diese Auszeichnungen, die in klassischen Blindverkostungen von Experten-Jurys vergeben werden, zeigen, dass der eingeschlagene Weg, das klassische Produktsortiment mit neuen Weinwelten zu ergänzen, richtig ist", schreibt die WG in einer Pressemitteilung. Etiketten spielen insbesondere beim Einkauf im Lebensmittelhandel eine große Rolle, berichtet Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. "Verbraucher treffen ihre Kaufentscheidung in der Regel in Sekundenschnelle und lassen sich dabei sehr stark von der Attraktivität eines Etiketts leiten", sagt der Experte.
Nun wird es spannend zu sehen, wie sich der kleine Mammut macht. Verbraucher sind eher konservativ gestaltete Weinetiketten gewohnt – zum Beispiel verschnörkelte Schrift, dazu vielleicht ein Wappen oder ein Landschaftsbild oder auch ganz reduziert und schlicht. Auch edle Grafiken mit glänzenden Buchstaben als geprägter Druck sind beliebt, etwa bei hochpreisigen Weinen. Die Moden und Möglichkeiten sind unendlich – und geben nun sogar einem ausgestorbenen Tier die Möglichkeit für einen Auftritt.