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Bundesgerichtshof

BGH-Streit zwischen Nachbarn: Wie viel Musik ist zumutbar?

Vor dem BGH streiten sich ein Musiker und seine Nachbarn über die Lautstärke beim Trompetenspiel. Das Urteil soll Ende Oktober gefällt werden, hier ein Überblick über die Rechtslage.  

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Auf die Qualität der Musik kommt es ni...mit musizieren wie ein Konzertpianist.  | Foto: Tomasz Trojanowski
Auf die Qualität der Musik kommt es nicht an. Wer zum ersten Mal ein Musikinstrument in die Hand nimmt, darf genau so laut damit musizieren wie ein Konzertpianist. Foto: Tomasz Trojanowski
Musik kann entspannen, aber auch nerven, wenn man unfreiwillig beschallt wird. Ein Berufsmusiker beim Staatstheater Augsburg probt zu Hause und gibt dort jede Woche zwei Stunden Unterricht. Das stört seine Nachbarn, die lieber in Ruhe fernsehen wollen. Seit Jahren liegen sie im Clinch. Weil die Positionen unvereinbar sind, haben sich beide Parteien bis in die letzte Instanz geklagt. Am Freitag trafen sie vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe aufeinander. Das Urteil soll am 26. Oktober gefällt werden.

Was ist passiert?
Der Mann ist Berufsmusiker und probt zu Hause. Zwei Stunden in der Woche kommen außerdem Schüler zum Unterricht. Die Nachbarn im Reihenhaus eine Tür weiter stört das Trompetenspiel, vor allem wenn Tonleitern geübt werden. Radiohören und Fernsehen sei in normaler Lautstärke nicht mehr möglich. Weil sich der Streit nicht schlichten ließ, verklagten die Nachbarn den Musiker.

Wie viel Hausmusik ist erlaubt?
Jeder darf in seinen eigenen vier Wänden Musik machen. Musizieren ist für deutsche Gerichte "Bestandteil eines sozial üblichen Verhaltens" und gehört zur grundgesetzlich geschützten Entfaltung der Persönlichkeit. Weil sich kaum ein Instrument in Zimmerlautstärke spielen lässt, müssen allerdings die Ruhezeiten eingehalten werden. In vielen Bundesländern gilt die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr, so auch in Baden-Württemberg. Ruhezeiten stehen oft auch in der Hausordnung oder im Mietvertrag. Dort kann außerdem festgelegt sein, wie lange am Tag höchstens Musik gespielt werden darf.

Wie sehr darf das Musizieren

eingeschränkt werden?

Der BGH hat 1998 entschieden, dass eine Ruhezeit von 20 bis 8 Uhr und von 12 bis 14 Uhr "ausreichend Freiräume zum Musizieren" lässt. Maßgebend seien aber die "tatsächlichen Gegebenheiten": Die Bewohner einer Seniorenwohnanlage brauchen in der Regel mehr Ruhe als das junge Paar in seiner Eigentumswohnung. Es kommt darauf an, wie hellhörig das Gebäude und wie laut die Umgebung ist sowie welche Art von Musik gespielt wird. Auch wenn es – wie im verhandelten Fall im eigenen Reihenhaus – keine Vorgaben gibt: "Es gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. "Das Recht, Musik zu spielen, muss so schonend wie möglich ausgeübt werden."

Was bedeutet das?
Zwei bis drei Stunden Musik am Tag sind Nachbarn normalerweise zuzumuten. Gerichte haben einzelnen Spielern aber auch schon strengere Auflagen gemacht, zum Beispiel maximal eineinhalb Stunden für ein Akkordeon. Beschränkungen der Lautstärke durch die Hausordnung darf es laut BGH nur bei "nicht mehr hinnehmbaren Störungen" wie Schlagzeug-Übungen oder Band-Proben geben. Der Konzertpianist genießt gegenüber dem Anfänger keine Privilegien – auf die Qualität der Musik kommt es nicht an. Einzelne Profis haben vor Gericht allerdings schon sehr lange Spielzeiten durchgesetzt.

Was passiert, wenn es

ernsthaft zum Streit kommt?
Lässt der Nachbar nicht mit sich reden, müssen Mieter den Vermieter einschalten. Ein Musiker, der es trotzdem weiter übertreibt, riskiert eine Abmahnung. Wird ein Mieter ständig durch Musik gestört, ist das ein Grund, die Miete zu mindern – der Musiker muss dann damit rechnen, dass der Vermieter Schadenersatz fordert. Zerstrittenen Haus- und Wohnungseigentümern helfen Schlichter oder Mediatoren dabei, eine für alle akzeptable Lösung zu finden. "Wir können nur raten, das außergerichtlich zu klären", sagt Julia Wagner, Referentin für Recht beim Eigentümerverband Haus und Grund Deutschland. Wenn ein Gericht entscheide, habe immer einer das Nachsehen – manchmal sogar beide.

Wie liegen die Dinge im

Augsburger Trompeten-Streit?
Das Landgericht hat dem Musiker nach einem Ortstermin Auflagen gemacht. Er darf nur noch in einem Übungsraum unterm Dach spielen und nicht mehr als zehn Stunden unter der Woche. "Das scheint uns deutlich zu streng zu sein", sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann in der Verhandlung in Karlsruhe. Denn auch Proben am Wochenende erlaubte das Landgericht ihm nur vor schwierigen Konzerten. Und Schüler darf er daheim nicht mehr unterrichten. Den Nachbarn reicht das alles noch immer nicht. Der Trompeter hingegen will sich nicht "in den Dachboden sperren" lassen. Jetzt hat der BGH das letzte Wort. Das Urteil soll am 26. Oktober verkündet werden.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 29. September 2018: PDF-Version herunterladen

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