Batten und bowlen in Weingarten
Cricket ist eine der populärsten Sportarten der Welt – nur in Deutschland spielt fast niemand / Unser Autor hat’s ausprobiert.
Karim Saleh
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Cricket ist eine der populärsten Sportarten der Welt. Als im März Indien und Pakistan bei der Cricket-Weltmeisterschaft gegeneinander antraten, war eine Milliarde Menschen live an den Fernsehgeräten dabei. Nur in Deutschland kennt fast niemand den Sport und seine Regeln. Der FFC Cricket Club aus Freiburg spielt in der Bundesliga und muss sich den Trainingsplatz mit einer Jugendfußballmannschaft teilen. Fudder-Autor Karim Saleh hat mitgespielt.
Es ist das letzte Training des FFC vor einem Heimspiel gegen die Karlsruhe Tigers, wir starten mit Fangtraining. Die Spieler und ich stehen im Halbkreis um den Captain des Teams, Mohsin, der hält einen breiten Schläger aus Holz. Ein Spieler wirft ihm einen kleinen roten Ball zu, Mohsinschlägt den Ball zurück, präzise in den Raum zwischen zwei Spieler. Zupacken ist angesagt, zurückwerfen, dann schlägt Moishin den Ball wieder in die Runde. Woooosh! saust der Ball an mir vorbei, nur wer Arm und Hand blitzschnell ausstreckt, hat eine Chance, ihn zu fangen. Es gelingt mir ein paar Mal, immerhin.
Den Ball aus der Luft zu fangen ist ein entscheidendes Element von Cricket. Schafft ein Spieler es, den Ball vor dem ersten Kontakt mit dem Boden zu erwischen, scheidet der Schlagmann der Gegenmannschaft aus. Deswegen machen wir eine zweite Fangübung. Mohsin schlägt von der gegenüberliegenden Seite die Bälle ins Feld, wir sollen wieder fangen, das ist eine tückische Sache. Der Batsman entscheidet im Bruchteil einer Sekunde, wie er den Ball schlägt, quasi ohne Vorwarnung kommt der Ball in unsere Richtung. Irgendwann schaffe ich es dennoch, mich rechtzeitig zu positionieren, aber kurz bevor ich den Ball greifen kann, springt der auf den Boden und ändert seine Richtung. Mist. Der nächste Ball fliegt hoch und weit, ich habe Zeit, mich in Stellung zu bringen, beobachte, wie der Ball langsam vom Himmel fällt und schließlich in meinen Händen landet. Leider bleibt er dort nicht, sondern springt hinaus und auf den Boden. Spätestens jetzt ist mir klar: Cricket ist schwer.
Zeit, das Bowlen zu üben. "Du musst mit ausgestrecktem Arm über dem Kopf bowlen", erklärt Nisfat Butt, Vorsitzender des FFC. "Halte den Ball nur mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger." Mein Ziel: das Wicket zu treffen. Oder zumindest dem Batsman keine allzuleichte Vorlage zu werfen. Soweit die Theorie.
Ich nehme einen kurzen Anlauf und bowle den Ball weit über Batsman und Wicket hinweg. Die anderen feuern mich an, klatschen aufmunternd. Mein zweiter Versuch geht links und noch höher vorbei, aber dann klappt’s: der Ball kommt auf der Pitch auf und springt weiter Richtung Batsman. Je höher der Ball abprallt, desto schwieriger wird es für ihn, auch wenn ich noch weit davon entfernt bin, ihn in Bedrängnis zu bringen. Jetzt ist Zeit für die Runs zwischen den Wickets. Das fordert mit der Schutzausrüstung – Helm, Handschuhe, Pads für Beine, einer Box für die "Gentleman’s Region" und Schutz für Arme und Brust – ganz schön viel Puste.
Und schließlich kommt auch im Training jeder noch in den Genuss des Schlagens. Das ist der für mich schwierigste Part. Selbst extra langsam geworfene Bälle sind für mich zu schnell. Vielleicht muss man mit Cricket aufgewachsen sein, um die nötige Reaktionsschnelligkeit entwickeln zu können. Ich bin froh, wenn ich mit dem Schläger in die Nähe des Balls komme.
Ich habe gelernt: Cricket stellt nicht nur hohe athletische Anforderungen an die Spieler und verlangt stundenlange Konzentration. Zugleich spiegelt dieser Sport ein aus der Zeit gefallenes Lebensgefühl wieder. Während die meisten in Deutschland üblichen Sportarten auf Zeit gespielt werden, gibt’s beim Cricket Mittags- und Teepausen. Beim Spiel des FFC gegen Karlsruhe wurde nach dem ersten Inning ein scharfes indisches Curry zum Mittagessen serviert.
Cricket
Beim Cricket treten zwei Mannschaften mit je elf Spielern gegeneinander an. Im Zentrum des ovalen Spielfeldes befinden sich die 20 Meter lange und 3 Meter breite Pitch. An deren Enden steht jeweils ein Wicket, eine Konstruktion aus drei Stäben, auf denen zwei kleine Querstäbe lose aufliegen. Dazwischen duellieren sich Bowler (Werfer) und Batsman (Schlagmann) mit Ball und Schläger um Runs. Jedes Team hat ein oder zwei Spieldurchgänge, die"Innings", während denen nur die Schlagmannschaft "Runs", also Punkte, erzielen kann.Das Spiel ist spätestens dann vorbei, wenn 10 der 11 Batsmen dieser Mannschaft ausgeschieden sind – verwirrenderweise nennt man dieses Ausscheiden ebenfalls Wicket. Fürs Ergebnis werden sowohl die Runs als auch die Wickets gezählt.
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