Nationalmannschaft
Bastian Schweinsteiger – der Mann ist Gold wert
Kurz vor Spielende wurde Bastian Schweinsteiger gegen die Ukraine eingewechselt. Seinen famosen Kurzeinsatz krönte der 31-jährige Kapitän mit dem Treffer zum 2:0.
Di, 14. Jun 2016, 10:42 Uhr
Fußball-EM
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Dabei hatte Schweinsteiger die Vorgaben seines sportlichen Vorgesetzten offenbar ignoriert. In der Schlussphase, als der Gegner noch einmal auf den Ausgleich drängte, war er von Joachim Löw zur Spielberuhigung von der Bank ins defensive Mittelfeld beordert worden. "Wenn er im Spiel ist, sind die Abstände bei uns besser", erklärt Torhüter Manuel Neuer den vordergründigen Effekt von Schweinsteigers Anwesenheit auf dem Platz. Doch der kickende Anführer interpretierte den Löw-Auftrag Kraft seiner Autorität im eigenen Sinne kurzerhand um, entschied sich instinktiv für eine andere Lösung, den wild drängenden Ukrainern Einhalt zu gebieten. "Eigentlich war nicht geplant, dass er so weit vorne auftaucht", bestätigt der Bundestrainer. Und zu rechnen war mit Schweinsteigers Sturm und Drang ebenfalls nicht. Immerhin lag sein bis dahin letzter vergleichbarer Sprint im Nationaltrikot gefühlt acht Jahre zurück. Im EM-Viertelfinale gegen Portugal (3:2) war er in Basel in Siebenmeilenstiefelmanier über das halbe Feld zum 1:0 gestürmt. Seinerzeit war Schweinsteiger 23 Jahre alt, die Haare blondiert und poppig zu einer lustigen Frisur gestylt. Einige behaupten, sie sei etwas albern gewesen.
Inzwischen sind Schweinsteigers Haare angegraut und ordentlich gescheitelt. Den "Schweini" von damals gibt es längst nicht mehr. Er ist nicht nur reifer geworden, sondern eben auch älter geworden. Vor allem sein Körper. Mit 31 hat der Mann aus Kolbermoor in Bayern viel erlebt. Erfolge. Und jede Menge Verletzungen. Die Geschichten gleichen sich. Seit damals hat Schweinsteiger keine einzige Saison ohne längere Pause absolviert. Hielten die Knie, schmerzte irgendein Sprunggelenk. Und umgekehrt. Wenn beides mal intakt war, brach er sich den großen Zeh.
Schweinsteigers wohl wichtigste Gabe ist das Zurückkommen. Kaum jemand hatte ihm vor der WM 2014 zugetraut, noch einmal eine tragende Rolle im Nationalteam spielen zu können. Am Ende war er die prägende Figur im finalen Akt gegen Argentinien. Nun ist Schweinsteiger wieder aufgetaucht, erneut aus den Tiefen eines umfangreichen Rehaprogramms. Sein letztes Pflichtspiel – für Manchester United – datiert bereits vom 20. März. Wieder mal riss ein Band im Knie, wieder mal wurden Ärzte und Physiotherapeuten zu ständigen Wegbegleitern.
In Lille steht Bastian Schweinsteiger nach seinem Kurzzeiteinsatz da und kokettiert mit den eigenen Gebrechen. "Der Sprint nach vorne und dann noch der Jubel, das war ganz schön lang. Deswegen bin ich noch ganz außer Atem", witzelt er in Thomas-Müller-Manier, um dann aber umgehend Missverständnissen vorzubeugen: "Die Verletzung ist ausgeheilt, ich fühle mich sehr gut." Eine Halbzeit, so Schweinsteigers Selbsteinschätzung, könne er jetzt spielen.
Thomas Müller, sein Ex-Kollege aus gemeinsamen Bayern-Zeiten, ist in der deutschen Auswahl eigentlich der Beauftragte für Spaß und Ironie. Diesmal meint er es durchaus ernst, als er nach dem Ukraine-Spiel sagt, dass dies eine Geschichte sei, wie sie eben nur der Fußball schreiben könne: "Zu alt! Zu schwer! Zu langsam! Zenit überschritten! Booooooooooom! Bastian Schweinsteiger nie abschreiben!", fasst Schweinsteigers Bruder Tobias sie via Twitter zusammen.
Es schwingt jede Menge Genugtuung mit in den Bewertungen von Schweinsteigers überraschendem Schlussakt von Lille. "Für ihn freue ich mich ganz besonders, dass er nach der ganzen Schufterei so ein Comeback geben konnte", sagt Joachim Löw. Der Bundestrainer vergisst nicht, noch einmal zu erwähnen, dass dieser Bastian Schweinsteiger Gold wert sei für die Mannschaft. Die, die eng mit ihm zusammenarbeiten, beurteilen den 31-Jährigen ohnehin nicht nach seinem Aufsehen erregenden Kurzcomeback gegen die international zweitklassigen Ukrainer. Für sie ist Bastian Schweinsteiger eine Institution. "Es gehört viel Wille dazu, nach solchen Verletzungen zurückzukommen", betont Shkodran Mustafi geradezu ehrfürchtig: "Wie die Mannschaft heute am Ende gekämpft hat, das ist ein Spiegelbild von Basti."
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