Aus 'ner Telefonzelle mit der eigenen Mailbox reden
Mit dem Handy kann man sein ganzes Leben und ganze Länder mobil managen, aber wehe man verliert den kleinen Helfer.
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Moderne Kommunikationsmittel - also ich habe ein Handy. Und ein Freund von mir besitzt sogar drei Palmtops. Und kommt trotz der Plastikkalender immer zu spät. Ich auch. Kann mich aber gleich rausreden: klar - habe ja nur ein Handy und keinen Palm. Frage ich einen Amerikaner nach Strom für eben dieses "Handy", schaut der nur ungläubig: das so englisch klingende Wort versteht er nicht. (Und es würde auch keiner verstehen, wenn man irgendwo in New York eine mittelgroße Portion "Pommes frites" verlangen würde, die dort bei McDonald's als "french fries" über die Theke gehen.)
Das Handy heißt in den USA "cell-phone". Und in den USA beginnt der Anfang vom Ende an einem schönen, aber kalten Märztag. Mitten in New York. Dort steige ich in der Park Avenue in ein gelbes Cab, also in ein Taxi, sage die drei magischen Buchstaben J. F. K. und der nur vage Englisch sprechende Fahrer steuert das Taxi durch die Rushhour von Manhattan in Richtung Queens, zum internationalen Flughafen "John F. Kennedy". Der Check-In erledigt sich dank Automaten unglaublich schnell und nun heißt es warten auf den Abflug.
Und noch während die Dame den Lufthansa Airbus zum Einstieg freigibt und freundlich an das Ausschalten von "any electronic device", nämlich jedwedem elektronischen Gerät, erinnert, beginne ich wild klopfend meine Taschen abzusuchen. Nach weiteren sechs Minuten und den drohenden Blicken der nur noch auf mich wartenden Bordkartenabreißer ist klar: Der wichtigste und einzige Bestandteil meines mobilen Büros, das Mobiltelefon, ist weg. Vom bordeigenen Telefon versuche ich meine eigene Nummer zu wählen. Das schlägt fehl. Satellitentelefone sind auch nicht das, was die Broschüre "service on board" verspricht.
Stunden später berührt die Maschine den Boden des alten Europas. Mein Telefon hat längst keinen Strom mehr oder es wurde von einem Fahrgast des New Yorker Taxis durch exzessive Rundrufe im weiteren Freundes- und Bekanntenkreis leer telefoniert. Und während ich mich von einer Telefonzelle mit meiner Mailbox unterhalte, beschließe ich, Kontakt zur Mobilfunkfirma aufzunehmen. Doch Fehlanzeige: Von Telefonzellen kann man diese Servicenummer nicht wählen. Um das herauszufinden, sind vier Anrufe bei der Auskunft nötig. Schließlich hilft die Empfangsdame an der Lufthansa Lounge. Dank ihrer vergesslichen Tochter kennt sie mein Problem und überlässt mir ihr Telefon. Kaum fünfhundert Fragen des computergesteuerten Telefonmenüs später ist die Karte auch schon gesperrt. Eine erste Hochrechnung ergibt: Mehr als 150 Telefonnummern fehlen. Und das sind immerhin nur Namen, die einem übermüdeten Reisenden ohne mobiles Büro auf Anhieb einfallen: Oma, Zahnarzt, Katharina. Doch was ist mit der Bekanntschaft vom Sommerurlaub? Was mit dem netten Kerl von gestern Abend, der wegen des Praktikumsplatzes "mal schauen wollte, was er da machen kann"?
Eigentlich könnte ich den Flug nach Berlin stornieren. Wollten meine Verabredung und ich uns doch am Abend "zusammentelefonieren". Und so verläuft der Tag in Berlin dann auch sehr ruhig - keine Anrufe und zufällig treffen tue ich auch niemanden. Und die toll organisierte Abholung am nächsten Zielflughafen in der Schweiz schlägt ebenfalls fehl: klar, hatte ich doch versprochen, die genaue Ankunftszeit noch eben telefonisch durchzugeben.
Spätere Nachforschungen ergeben: "Wir haben dich immer versucht anzurufen." Ich kaufe sofort den von nun an wichtigsten Bestandteil meines mobilen Büros: Ein Notizbuch mit Spanngummi. Schreibe ganz groß meine (Festnetz-)Telefonnummer hinein und verspreche großspurig dem ehrlichen Finder bei Zurückgabe 50 Euro.
Martin Müller
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