Tötungsdelikt in Passau
Armbrüste sind legale Todbringer
Zwei weitere Leichen im Fall der mit einer Armbrust getöteten Menschen gefunden. Derlei Waffen sind fast frei verkäuflich.
Michael Saurer & dpa
Mo, 13. Mai 2019, 20:30 Uhr
Panorama
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PASSAU/FREIBURG. Es ist ein gruseliges Szenario: In einer Pension in Passau finden Mitarbeiter drei Leichen in einem Gästezimmer, dann entdecken Ermittler in der Wohnung einer der Toten in Niedersachsen zwei weitere leblose Frauen. Die drei Pensionsgäste in Passau starben offenbar durch Pfeile. Die Polizei stellt drei Armbrüste sicher. Viele Fragen sind in diesem mysteriösen Fall noch offen – aber er wirft auch ein Licht auf die lockere Gesetzgebung bei derartigen Waffen.
In der Kleinstadt im Landkreis Gifhorn herrscht nach dem Fund der Leichen Betroffenheit. Anwohner rätseln, was passiert sein könnte. Bei einer der beiden toten Frauen handelt es sich einem Polizeisprecher zufolge vermutlich um die Lebenspartnerin einer tot in Passau entdeckten 30-Jährigen. Diese soll Anwohnern zufolge Lehrerin und stets auffällig schwarz gekleidet gewesen sein.
Was sich in der Pension und in der Wohnung abgespielt haben könnte, liegt noch im Dunkeln. Eine Obduktion der Leichen soll Hinweise darauf geben. In den Leichen eines 53-Jährigen und einer 33-Jährigen in Passau steckten mehrere Pfeile, wie der Passauer Oberstaatsanwalt Walter Feiler sagte. Die beiden lagen Hand-in-Hand in einem Doppelbett. Die tote 30-Jährige lag auf dem Boden des Gästezimmers und hatte einen Pfeil im Körper stecken. Ein Abschiedsbrief sei in der Pension nicht gefunden worden, auch kein Reisegepäck.
Der rätselhafte Tod der fünf Menschen rückt auch allgemein die Armbrust in den Fokus. Mordfälle mit dem Sportgerät gibt es immer wieder. Dem Deutschen Schützenbund (DSB) nach sind in mehr als 14 200 Schützenvereinen etwa 1,35 Millionen Mitglieder organisiert. Rund 3000 von ihnen betreiben Armbrustschießen. Ab dem 18. Lebensjahr können Armbrüste frei erworben werden, wie ein DSB-Sprecher sagt.
Das bestätigt auch das Bundesinnnenministerium auf BZ-Anfrage. Sprecher Sören Schmidt verweist dabei auf die Gesetzeslage, nach der Waffen wie Bögen und Armbrüste zwar Gegenstände seien, die rechtlich den Schusswaffen gleichgestellt und somit "Waffen im Sinne des Waffengesetzes" seien. Allerdings, so Schmidt, seien Armbrüste im Waffengesetz von einer Erlaubnispflicht ausgenommen, man brauche also keinerlei Kenntnisnachweis oder Waffenschein für den Besitz einer solchen Projektilwaffe. Nicht einmal der Kauf werde in irgendeiner Weise reglementiert. Theoretisch könne somit jeder in ein Waffengeschäft gehen und eine Armbrust kaufen – ohne auch nur irgendwo registriert zu werden. Und die Gesetzeslage geht noch weiter. So ist die Armbrust auch vom Verbot des Führens in der Öffentlichkeit freigestellt, man darf sie also sogar im öffentlichen Raum tragen und zur Schau stellen. "Das Schießen mit Armbrüsten stellt kein Schießen im waffengesetzlichen Sinne dar, da keine Geschosse durch einen Lauf getrieben werden", betont Schmidt – trotz des selben tödlichen Potentials wie eine herkömmliche Feuerwaffe.
Als den Schusswaffen gleichgestellt gelten tragbare Gegenstände, bei denen feste Körper gezielt verschossen werden, "deren Antriebsenergie durch Muskelkraft eingebracht und durch eine Sperrvorrichtung gespeichert werden kann", erläutert der Ministeriumssprecher. Das treffe auf die Armbrust zu. Bei Schusswaffen würden Geschosse aber durch einen Lauf getrieben – und das wiederum sei bei der Armbrust nicht der Fall.
Somit seien derlei Waffen weitgehend von Verboten ausgenommen und fallen auch nicht unter die EU-Richtlinien für Feuerwaffen. Das einzige was bleibe, so Schmidt, sei das Mindestalter: "Die waffengesetzliche Regulierung von Armbrüsten erschöpft sich somit letzten Endes darin, dass der Umgang mit ihnen nur volljährigen Personen gestattet ist."
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