Preisverleihung

Adele und Beyoncé dominieren die 59. Grammys in jeder Hinsicht

Rock? Mal abgesehen vom Auftritt von Metallica, die mit Gastsängerin Lady Gaga zwischen lodernden Flammen und einem Dutzend zappelnder Metal-Fan-Darstellern den Song „Moth Into The Flame“ aufführten, spielte das Genre bei den 59. Grammys keine Rolle.  

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Urmutter, Madonna, Fruchtbarkeitsgöttin: Beyoncé (Mitte) bei den Grammys. Foto: dpa
Für den Erfolg bei der breiten Masse fehlen dem Rock neue Bands mit dem Superstar-Gen. Rock, einst eine Top-Kategorie bei der Verleihung des wichtigsten Preises der Plattenindustrie, wird mehr und mehr zum Nebendarsteller. Pop mit Seele und schwarzer Musik in allen Schattierungen gehört heute das Rampenlicht. Und: den Frauen.

Sicher, Männer waren auch am Start. Der britische Akustikgitarrist Ed Sheeran mutierte dank Sound- und Rhythmusschleifen zur Ein-Mann-Band. Bruno Mars legte eine klassische Soul-Revue hin. Oder The Weeknd. Vom integralbehelmten House- und Dance-Pop Duo Daft Punk unterstützt, sang er "I Feel It Coming", passenderweise von Michael Jacksons Tochter Paris angesagt. Denn die balladeske Falsettnummer hätte auch ihrem verstorbenen Vater gut zu Gesicht gestanden.

All das war Beiwerk. Perfekt. Aber nichts, was in die Geschichte der Grammys eingehen wird. Die Momente für die Ewigkeit lieferten am Sonntag die unangefochtenen Regentinnen der populären Musik, Adele und Beyoncé. Die Erstgenannte erhielt die Grammys in den Königskategorien Album, Song und Aufnahme des Jahres, dazu zwei weniger wichtige Trophäen. Nach Wettbewerbsgesichtspunkten war sie die Siegerin des Abends. Aber bleiben werden vor allem Adeles Ein-Mensch-wie-du-und-ich-Momente.

Es gibt aktuell keinen Weltstar, der so bodenständig und unverstellt wirkt wie die burschikose Britin. Ihre Hommage an den verstorbenen Sänger George Michael bricht sie nach einer halben Minute fluchend ab, entschuldigt sich, dass ihr wieder mal das böse F-Wort herausgerutscht ist, sie Töne nicht getroffen hat, neben dem Takt war – und liefert im zweiten Anlauf eine betörende Interpretation von Michaels "Fastlove". Den edlen, leichten Tanz-Pop des Originals dimmt die 28-Jährige zur tiefen Ballade. Titel und Text erzählen nun die traurige Geschichte dieses Stars, der am Auf und Ab der Liebe und dem Ruhm zerbrochen ist. Bruno Mars dagegen gibt an diesem Abend lediglich das Prince-Double. Im lila Paillettensakko und mit einer weißen E-Gitarre imitiert er die Optik des 2016 gestorbenen Funk-Königs. Dessen Klassiker "Let’s Go Crazy" spielt er nach – fast originalgetreu. Das ist für so eine Würdigung zu wenig.

Adeles zweiter großer Auftritt kommt, als sie den Grammy für das Album des Jahres entgegennimmt. Dass ihr Beyoncé bei den Hauptpreisen den Vortritt lassen muss und nur zwei in weniger bedeutenden Rubriken gewinnt, dürfte daran liegen, dass sich Adeles Platten weltweit noch besser verkaufen als die des einflussreichsten R&B-Stars unserer Tage. Der Geehrten ist das peinlich. Adeles tränenerstickte, konfus-liebenswerte Dankesrede wird so zur Huldigung ihrer Kollegin. Denn wenn es bei den Grammys um Innovationsfreude und die gesellschaftliche Bedeutung von Pop ginge, hätte diese ausgezeichnet werden müssen. Ihre Ausnahmestellung beweist die 35-jährige Beyoncé mit einem Auftritt voller Hologramme, Projektionen und Tänzerinnen in aufwändigen Kostümen, bei dem sich die schwangere Sängerin als Urmutter, Madonna und Fruchtbarkeitsgöttin präsentiert. So bringt sie ihr Album "Lemonade" auf den neuen Stand. Die Platte ist ein Manifest der Stärke schwarzer Frauen und ihres Kampfes für gleiche Rechte, privat wie politisch. Das schreibt sie nun fort, indem sie sich stellvertretend als Quell allen Lebens inszeniert.

Der Rest ist schnell erzählt. David Bowie bekommt posthum fünf Preise. Chance The Rapper wird der erste Grammy-Gewinner, dessen Musik nur als Stream verfügbar ist. Und ihren wirklich politischen Moment erlebt die Veranstaltung, als die HipHop-Band A Tribe Called Quest den Song "We The People" zur Demonstration gegen Trumps Einreisestopp macht – inklusive Black-Power-Faust, Menschen aus aller Herren Länder auf der Bühne und Gastrapper Busta Rhymes, der den Machtmenschen im Weißen Haus "Präsident Agent Orange" nennt – eine Anspielung auf das hochtoxische Entlaubungsmittel aus dem Vietnamkrieg und Trumps Vorliebe für Bräunungscreme.

Dass im Klassikgeschäft Deutschland noch immer ein Global Player ist, beweist der Grammy für Dorothea Röschmann in der Kategorie Bestes Klassisches Solo-Album für ihre Aufnahme von Schumanns Liederkreis, Frauenliebe und -leben und Alban Bergs Sieben frühen Liedern, gemeinsam mit der Pianistin Mitsuko Uchida. Die Sopranistin reüssierte in der Vergangenheit auch durch gemeinsame Auftritte und Aufnahmen mit dem Freiburger Barockorchester.

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