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Absurd am Abgrund: Die Netflix-Serie "King of Stonks"
Die deutsche Netflix-Serie "King of Stonks" rechnet mit der Finanzwelt ab – knallbunt, überdreht und wirklich lustig. Das ist auch den Hauptdarstellern Matthias Brandt und Thomas Schubert zu verdanken.
Do, 14. Jul 2022, 19:59 Uhr
Computer & Medien
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Klingt bekannt? Klaro! Eine 1:1 realistische Serie über den Absturz von Wirecard ist die neue deutsche Netflix-Serie "King of Stonks" nicht – und will sie auch gar nicht sein. Wer sich für die wahre Geschichte von Markus Braun, Jan Marsalek und die 1,9 Milliarden, die es nie gab, interessiert, der sollte nicht Netflix einschalten, sondern zum Sachbuch "House of Wirecard" von Dan McCrum greifen – schließlich deckte der Financial-Times-Investigativ-Journalist den Skandal mit Hilfe von Whistleblowern auf – gegen Widerstände und unter Bespitzelung.
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Aber in "King of Stonks", produziert von der Bildundtonfabrik aus Köln, steckt viel Wahrheit: Über die Finanzwelt, über Start-up-Kultur, über Männer-Egos, über Digitalpolitik in Deutschland – und über Düsseldorf, das in seiner bräsigen, gelackten Dorfigkeit die ideale Kulisse für den Größenwahn der imaginären Hochstapler und ihre Firma ist. Head-Autor Philipp Käßbohrer kennt sich aus mit dem schnellen, serienreifen Aufbereiten wahrer Geschichten zu Dramedy: Bei "How to sell drugs online fast" funktioniert das bereits seit drei Staffeln. Ähnlich schnell, bunt und internettig ist auch "King of Stonks" – voller Memes, Film-Zitate. Dauernd tippt wer SMS auf den Bildschirm, flackern Instagram-Posts auf. Und wo kommt plötzlich die Mafia her?
Getragen wird die Serie von den beiden hervorragenden Hauptdarstellern: Matthias Brandt als gerissener Firmenchef Magnus Cramer und Thomas Schubert als stolpernder Chief Technical Officer Felix Armand.
Egal ob mit Superhelden-Kostüm im Cablecash-Werbespot (Übertrieben? Googlen Sie mal "VW-Chef Herbert Diess Batman"), mit Karnevals-Prinzenkappe samt überlangen Fasanenfedern beim Ehestreit oder auf der Bühne einer Business-Konferenz, die doch sehr an die Münchner DLD (Digital, Life, Design) erinnert: Matthias Brandt ist die Spielfreude anzusehen, mit der er den wenig smarten aber durch und durch machtgeilen CEO vor die Kamera bringt und so ganz anders spielt, als man es von ihm gewohnt ist. Brandts wichtigstes Accessoire dabei: Übergroße und viel zu weiße Veneers, Zahnverblendungen.
"Die Zähne ebneten mir einen Weg in den Exzess und die Enthemmung, die in dieser Figur angelegt ist", sagte Brandt dem Spiegel. Und woher kamen Cramers überdrehte Verhaltensweisen? "Wenn du so einen spielst, ziehst du daraus einen unheimlichen Lustgewinn. Du hantierst mit Eigenschaften von Leuten, denen du so über die Jahre begegnet bist."
Virtuos spielt Thomas Schubert Cramers schrulligen jungen Gegenspieler, den es – obwohl er antikapitalistisch erzogen wurde – zum Geld drängt. Dessen Machtpläne werden beständig durchkreuzt, und dann ist da immer auch noch seine Familie und überhaupt wirkt er mit seinem sanft-österreichischen Dialekt, Hoodies und Bäuchlein dann doch einfach zu harmlos, um im gleichen Aquarium wie der haifischartige Magnus Cramer zu schwimmen.
Der Temporeichtum und die grelle Überdrehtheit von "King of Stonks" bieten kurzweilige Serienunterhaltung in sechs Mal etwas mehr als 45 Minuten. Aber am besten funktioniert die Serie und am witzigsten ist sie wohl für Menschen, die die abseitigen Verweise und Insiderwitze bis ins Letzte durchschauen: Von Dorothee Bär bis Bitcoin-Bro-Kultur. Dann ist der Genuss dieser Serie so tief wie der Fall der echten Wirecard-Aktie.
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