2002: Rauchen gegen den Terror
Gesetzesänderungen 2002 bringen neue Steuereinnahmen unter anderem fürs Antiterrorpaket - und für die Rente.
Christoph Sprich
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Nicht nur die Jahreszahl ändert sich, wenn am 31. Dezember um Mitternacht die Böller knallen und die Gläser klirren. Zeitgleich tritt auch ein bunter Strauß neuer Gesetze in Kraft, den die Bundesregierung dem Bürger (auch dem jungen, versteht sich) quasi als Geschenk mit auf den Weg ins neue Jahr gibt. Dazu gehört nicht nur die Einführung des Euro als Bargeld, sondern auch so schöne Sachen wie Steuererhöhungen oder die Maßnahmen zur Terrorbekämpfung.
Weit mehr Menschen dürften von der folgenden gesetzlichen Änderung betroffen sein: Alle Jahr wieder nämlich schlägt die Ökosteuer zu. Erneut verteuert sich zu Beginn des Jahres 2002 das Benzin um sieben Pfennige je Liter. Und da dieses Geld direkt in die Rentenkasse fließt, sollen die Rentenversicherungsbeiträge ein weiteres Jahr stabil bleiben. Die logische Folge: Wer Benzin spart, schont die Umwelt, aber ruiniert die Rentenkasse. Aber immerhin, das ist Demokratie: Jeder darf selbst entscheiden was ihm wichtiger ist.
Wer raucht, hat hingegen keine Wahl: Die Zigaretten werden um die Jahreswende teurer (zwei Pfennig pro Glimmstängel), denn damit soll - letztendlich - der Terrorismus bekämpft werden. Somit schafft die Regierung Schröder endlich einen echten Anreiz, zu rauchen: Paffen gegen den Terror. Wer sich also vorgenommen hat, im Jahr 2002 mit dem Rauchen aufzuhören, plant quasi Hochverrat, macht sich zumindest als Sympathisant verdächtig.
"Silvester kann kommen. Mit Sekt oder Selters."
Eine der zentralen Neuerungen für 2002 ist dann auch das Anti-Terror-Paket II, das eine Vielzahl von mehr oder weniger sinnvollen Gesetzesänderungen beinhaltet. Hauptsächlich werden die Befugnisse der Ermittlungsbehörden von Bundesnachrichtendienst bis Bundeskriminalamt erweitert, um Terroristen besser aufspüren zu können. Was sich für die Einen nach der Wiedergeburt des Überwachungsstaates anhört, vermittelt den Anderen ein heimeliges Gefühl von Sicherheit. Was es bringt, wird die Zukunft zeigen.
Ein Punkt der Neuerungen war allerdings schon längst überfällig: Endlich ist gesetzlich geregelt, dass der Schusswaffengebrauch an Bord eines Flugzeuges Polizeibeamten vorbehalten ist. Warum sich vorher niemand daran gestört hat, das prinzipiell jeder in einem Flieger wild herum ballern konnte, sagt die Bundesregierung leider nicht. Aber die Terroristen werden sich vermutlich ohnehin nicht an die Neuregelung halten. Nicht minder wichtig als der Kampf gegen den Terror ist die Rettung der Rente. Da die Arbeitnehmer immer weniger, aber die Rentner immer mehr werden, sinken entweder die Renten oder es steigen die Beiträge zur Rentenversicherung. Da man aber beides verhindern möchte, kam man in Berlin auf folgende Lösung: Die Riester-Rente. Die Idee ist bei weitem nicht so schlecht wie ihr Name: Man lässt das Rentenniveau absinken, dafür fördert man, dass der Bürger selbst vorsorgt. Der Versicherungsbranche erschließt sich damit ein Milliardenmarkt, denn jeder, der von seinem Ruhestand was haben will, muss früher oder später an ihre Tür klopfen. Bleibt zu hoffen, dass die zukünftigen Renten genauso üppig ausfallen werden wie die Gewinne der Versicherungen.
Ein Gesetz, an das man sich möglicherweise nicht sehr lange erinnern wird, ist das "Job-Aqtiv-Gesetz". Es verstößt nicht nur gegen ein paar Regeln der deutschen Rechtschreibung, es ist auch inhaltlich kein ganz großer Wurf. "Aqtiv" steht für "aktivieren, qualifizieren, trainieren, initiieren, vermitteln". Nun gut, es soll die Arbeitsmarktpolitik modernisieren und irgendwie alle Probleme im Vorfeld lösen. Folglich vermitteln die Arbeitsämter schon vor der Kündigung und nebenbei wird trainiert, qualifiziert und so weiter.
Klingt natürlich großartig, aber ob man damit allein den riesigen Berg von Arbeitslosen abbauen kann? Hin und wieder sollen ja auch schöne Worte schon was bewegt haben, in diesem Fall wird dann wohl die Arbeitslosenstatistik 2002 eine verlässliche Antwort geben. Die wichtigste Änderung von allen zum guten Schluss. Mit Beginn des Jahres 2002 weist das Gaststättengesetz die Gastwirte an, in Zukunft mindestens ein alkoholfreies Getränk anzubieten, das eindeutig billiger ist, als das billigste alkoholische Getränk. Und das gilt von nun auch auch für den Preis pro Liter. Bislang nämlich reichte es, ein 0,3-Liter-Glas Mineralwasser für drei Mark anzubieten - und den halben Liter Bier für 3,50 Mark. Effektiv also blieb das Bier die billigere Getränkevariante. Nun also ist auch dieses leidige Problem aus der Welt geschafft: Niemand muss mehr Alkohol trinken, weil er sich kein alkoholfreies Getränk leisten kann. Beruhigend. Das Jahr 2002 kann beginnen. Mit Sekt oder Selters.
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