Zwischen Sympathie und Sex-Getöne
Fernsehstar Stefan Raab erfreut sich speziell unter Jugendlichen allergrößter Beliebtheit - allerdings nicht bei allen. Eine Polemik.
Christoph Sprich
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Kein Geringerer als Stefan Raab ist derzeit unter Deutschlands Jugendlichen die "beliebteste Persönlichkeit des öffentlichen Lebens". Dicht gefolgt von Verona Feldbusch übrigens und weit vor Bundeskanzler Gerhard Schröder. Das jedenfalls hat das Münchner Institut für Jugendforschung kürzlich in einer Studie unter 12- bis 21-Jährigen ermittelt. Fast fünfzig Prozent nannten Raab demzufolge "sehr sympathisch". Keine Frage: der jugendliche JuZ-Autor Christoph Sprich zählt sich zu den anderen fünfzig Prozent.
Vielleicht lässt sich Raabs Beliebtheit aber auch so erklären: Er ist unübersehbar sexualfixiert. Da schlägt er locker jeden Dreizehnjährigen. Und tatsächlich: wenn man genau hinhört, so scheint Stefan Raab aus dem Stimmbruch auch noch nicht ganz raus zu sein. Sexualfixiert? Egal, ob er sich mit Viva-Moderatorin Milka über ihr postpubertäres Brustwachstum austauscht, oder versucht, die Oberweite von Vox-Starlet Tania Angel in Worte zu fassen: Wenn Komiker Raab einer Frau gegenübersitzt, kennt er nur noch ein Thema. Das nervt mit der Zeit, genau so wie seine Art Gespräche zu führen. Die "Dialoge", die er seinen Gästen zumutet, laufen nach einem immergleichen Muster ab: Er stellt ein paar Fragen, zum neuen Buch, zur neuen CD, damit der Gast die Zeit nicht umsonst bei ihm verbringt. Ansonsten feiert er sich und seinen Humor. Das Interesse an seinen Gästen geht dabei gegen Null. Ins "Gespräch" rein lässt er dann gerne seine altbekannten Einspielfilmchen tröten, kalauert ein bisschen herum und reißt, vorausgesetzt sein Gegenüber ist eine Frau, seine dreckigen Zoten. Nicht gerade ein wichtiger Grund, sich seine Sendung anzutun.
Viele Leute schätzen ja seine Frechheit. Zugegeben, Stefan Raab ist frech. Oder besser gesagt: Er tut so, als ob er frech wäre. Denn genau genommen macht er sich in seiner Show nur über Leute lustig, die erstens nicht anwesend sind und sich zweitens nicht wehren können. Dabei kennt er keine Gnade: Ob mollig oder etwas älter, wer sich im Fernsehen blamiert hat, muss damit rechnen, von ihm ausgelacht zu werden. Wie zum Beispiel "Opa Willi", der aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr mit der Hektik moderner Spielshows klarkommt.
"Warum kannst du nicht Auto fahren? Bist du zu doof?" Stefan Raab, Fernsehmoderator
Das ist, alles in allem, nicht gerade witzig anzusehen. Schon eher könnte man Mitleid bekommen. Das aber scheint Herrn Raab fremd zu sein. Die Stars und Möchtegern-Promis in seiner Sendung hingegen werden gnädig geschont. Über kleine Unverschämtheiten im Stile von "Warum kannst du nicht Auto fahren? Bist du zu doof?" kommt er im Live-Talk nicht hinaus. Und kleine Unverschämtheiten nimmt er hier sowieso gleich wieder zurück. Damit's jeder kapiert, schiebt er sein "War nur' n Scherz" hinterher. Zum Glück, denn sonst wüsste man ja ohnehin nie, wann man lachen soll.
Aber auch wer Stefan Raab nicht mag, muss zugeben: Er hat seine Fans und es sind nicht gerade wenige. Dieses Rätsel lässt sich lösen: Raab ist ein Produkt unserer Fernsehwelt, genauso hohl wie all die Sendungen, die er so gerne auf die Schippe nimmt. Genauso sexistisch, kommerziell oder unmenschlich wie so vieles in der Flimmerkiste. Nur, dass "TV-Total" ein Querschnitt durch die Welt hinter der Mattscheibe ist. Nichts Besonderes eigentlich. Und schon gar kein Grund, ihn einzuschalten.
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