Gutachten
Zootiere bekommen mehr Platz - dennoch Kritik von Tierschützern
Neues Säugetiergutachten legt Standards für Tierhaltung fest / Sie gelten auch für private Halter / Tierschützer üben Kritik.
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BERLIN. Wie viel Auslauf braucht ein Nashorn? Und wie groß muss das Badebecken eines Eisbären sein? Solche Fragen der Tierhaltung klärt das Säugetiergutachten. Das Gutachten aus dem Jahr 1996 hat die zuständige Expertengruppe nun überarbeitet und die Neufassung am Mittwoch in Berlin vorgestellt.
Dass es mehr als drei Jahre gedauert hat, die Fassung von 1996 zu novellieren, ist nicht weiter erstaunlich. In der Expertengruppe waren unter anderen der Tierschutzbund wie der Verband der Zoo-Direktoren beteiligt. Und wie sich auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz zeigte, sind sie in vielen Fragen uneins – sie haben sogar jeweils ein "Differenzprotokoll" zum Gutachten erstellt.
So sagte James Brückner vom Tierschutzbund, dass das neue Gutachten zwar die Lebensbedingungen einiger Tierarten verbessere. Einen wirklichen Fortschritt gebe es aber nicht. Es bleibe weiterhin möglich, Delfine in Gefangenschaft zu halten, was Brückner ablehnt, weil dabei immer wichtige biologische Bedürfnisse dieser Tiere verletzt würden. Auch beklagte Brückner, dass die neuen Flächenvorgaben für Menschenaffen, Bären oder Großkatzen wie Löwen klar hinter dem zurückblieben, was aus Tierschutzgründen nötig sei. Bei vielen Tierarten, so Laura Zimprich vom Verein Animal Public, sei der Tierschutz den wirtschaftlichen Interessen der Zoo-Vertreter geopfert worden.
Dagegen betonte Theo Pagel, der Chef des Verbands deutscher Zoodirektoren, dass nur die Zoos von Duisburg und Nürnberg zusammen 19 Delfine hielten. Die meisten Tierparks erfüllten schon heute die Vorgaben des novellierten Gutachtens. Was Eisbären anbelange, müssten nur wenige der zehn Zoos, in denen Eisbären leben, Änderungen vornehmen. "Auch wir sind Tierschützer", so Pagel. Man dürfe nicht vergessen, dass die weitaus meisten Tiere in Privathaushalten lebten. Auch für sie seien die Vorgaben des Gutachtens verbindlich. Inzwischen lebten viele Bürger mit Tieren zusammen, die man 1996 noch nicht hätte kaufen können. Das reiche von exotischen Nagern über Reptilien bis hin zu Stinktieren.
Matthias Triphaus-Bode von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz wies darauf hin, nicht allein die Flächengrößen zu betrachten. Mindestens ebenso wichtig sei, wie eine Fläche aussehe – ob der Bodenbelag angemessen sei, ob es Ruhezonen gebe, ob zum Beispiel Affen klettern und schwingen könnten oder ob für Giraffen immer mineralhaltige Lecksteine bereit stünden. Bei dieser so genannten Lebensraumbereicherung bringe das Gutachten große Verbesserungen.
Dass das Gutachten nur dann Folgen hat, wenn die Behörden die Regeln in Kontrollen auch durchsetzen, räumte Maria Flachsbarth, Staatssekretärin im Bundesagrarministerium, offen ein. Berlin habe aber keinen Überblick, wie dies vor Ort funktioniere. Der Bund, so die CDU-Politikerin, sei für den Tierschutz eben nicht zuständig.
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