Uni Hohenheim

Zahl der Abbrecher bei Uni-Prüfung höher als angenommen

Dutzende Studenten brechen eine Klausur ab, verlassen die Uni wegen vermeintlicher Erkrankung und legen später ein Attest vor - von demselben Arzt.  

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Universität Hohenheim  | Foto: dpa
Universität Hohenheim Foto: dpa
Die Zahl der Abbrecher während einer laufenden Klausur an der Uni Hohenheim ist höher als zunächst angenommen. Insgesamt verließen 48 Studenten im Mai die Prüfung, wie die Universität am Montag mitteilte. Zuvor war von 37 Studenten die Rede gewesen. Zudem waren es demnach insgesamt nicht 250 Prüflinge, sondern lediglich 202. Die Hochschule korrigierte ihre Angaben. Damit habe ein Viertel der Teilnehmer die Grundlagenprüfung in Finanzwissenschaften nicht beendet.

37 legten demnach noch am gleichen Tag eine Krankmeldung vor. Sie war von einem einzigen Arzt mit zwei sehr vagen Diagnosen - Kopfschmerzen in Kombination mit Sehstörungen und Übelkeit und Erbrechen - erteilt worden. In 33 Fällen sieht die Hochschule trotz Einlassung der Studenten keinen Grund für das Verlassen der Klausur. Vier Fälle werden noch geprüft.

Angesichts der relativ großen Fallzahl und der sehr knappen und gleichlautenden Diagnosen bezweifelt die Universität, dass überhaupt ausreichende Untersuchungen stattgefunden haben, um die Prüfungsunfähigkeit festzustellen. Symptome, die durch Nervosität oder Prüfungsangst hervorgerufen wurden, sind nach weiteren Angaben der Universität keine zulässigen Gründe für einen Prüfungsabbruch.

Elf weitere Atteste wurden später eingereicht und deshalb entsprechend der Prüfungsordnung nicht berücksichtigt. Gegen die Entscheidungen ist Uni-Sprecher Florian Klebs zufolge Widerspruch möglich. Beschwerden über eine zu schwierige Klausur hatte der Prüfungsausschuss zurückgewiesen. Das Niveau bewege sich auf dem vergleichbarer Prüfungen.

Die 154 ordnungsgemäßen Teilnehmer haben laut Uni die Möglichkeit, die Prüfung zu wiederholen. Grund: Die immer wieder aus der einstündigen Klausur ausscheidenden Kommilitonen hätten zu viel Lärm beim Zusammenpacken ihrer Sachen und der Abmeldung bei der Prüfungsaufsicht gemacht. Die Betroffenen müssen binnen einer Woche nach Erhalt des entsprechenden Schreibens und in Unkenntnis ihrer Note entscheiden. Uni-Sprecher Klebs sprach von einem "völligen Novum". Er vermutet hinter dem Abbruch der Studenten im zweiten und dritten Semester Prüfungsangst.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) stellte sich hinter die Maßnahmen der Universität gegen die Abbrecher. Die Hochschule könne nicht zulassen, dass ein mögliches drohendes Scheitern in der Prüfung auf diese Weise umgangen werde. "Spielregeln sind einzuhalten." Darüber hinaus müssten sowohl die Studenten selbst als auch die Hochschulen dafür sorgen, dass das Studium mit realistischen Erwartungen und Selbsteinschätzungen begonnen werde.

Die Ministerin verwies auf Orientierungs- und Aufbaukurse in der Studienanfangsphase, etwa den Brückenkurs Mathematik an mehreren Unis oder auch Tutoren- und Mentorenprogramme. Für Prüfungsangst gebe es Anlaufstellen. Bauer: "Studierende müssen ihre Schwierigkeiten nicht allein regeln und keine Scheu haben, die psychologischen Beratungsdiensten an den Hochschulen aufzusuchen."

Nach Auskunft der Psychosozialen Beratung für Studierende (PBS) des Studierendenwerks Heidelberg steigen die Beratungszahlen unter anderem wegen Prüfungsängsten jährlich. "Die Sensibilität gegenüber diesem Thema hat unter den Studierenden zugenommen, sie suchen sich früher Hilfe und psychische Belastungen können offener thematisiert werden als noch vor 20 Jahren", hieß es.

Die Uni sieht weitere 103 vom selben Arzt im Vorfeld von Klausuren der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ausgestellte Atteste kritisch. Die betroffenen Studenten wurden Klebs zufolge schriftlich aufgefordert, dazu Stellung zu beziehen. Darunter sind auch 49 bereits anerkannte Prüfungsrücktritte.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Stuttgart ergibt sich aus den Vorgängen kein strafrechtlich relevanter Tatbestand. Weder bei dem Arzt noch bei den Studenten sei eine finanzielle Schädigung oder ein finanzieller Vorteil wahrscheinlich, sagte ein Sprecher.
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