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"Wir sind Reporter für die Fans"

Facebook, Youtube, Qype: Wie der Europa-Park mit Hunderttausenden von Fans in sozialen Netzwerken kommuniziert.  

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Facebook-Reporter: Matthias Schilling (m.) und Reinhold Lamers (r.) interviewen Marc Terenzi. Foto: Dominic Rock
Dieser letzte Mittwoch im September ist kein sonniger Tag. Doch für das Digital-Team des Europa-Parks in Rust ist es ein schöner Tag. Auf der Facebookseite des Freizeitparks erscheint gegen 17.30 Uhr eine Graphik mit einer jubelnden Euro-Maus. Auf dem Bild steht: "400 000 Fans: Danke! Merci! Thank you".

Mit diesen 400 000 Fans hat der Europa-Park die größte Facebookseite Südbadens. Zum Vergleich: Der Fußball-Bundesligist SC Freiburg ist auf Facebook mit rund 65 000 Fans verbandelt. Insgesamt betreibt der Europa-Park 26 Facebookseiten, auf denen 765 000 Mal der Gefällt-mir-Knopf gedrückt wurde. Alle großen Achterbahnen haben eine Page, ebenso die Hotels – nur die alte Gespenster-Schießbude hat keinen Like-Button.

"Wir sind Reporter für die Fans und rennen mit der Handkeule durch den Park", sagt Matthias Schilling, der Leiter Social Media. Und nicht nur dies: Sein fünfköpfiges Team veranstaltet auf Facebook Foto-Wettbwerbe, veröffentlicht exklusive Nachrichten und dokumentiert die Geschichte des Europa-Parks mit historischen Aufnahmen. Viele Beiträge sind zwei- oder dreisprachig verfasst, denn die Mehrheit der Facebook-Anhänger kommt aus Frankreich. Am meisten interessieren sich die Fans für neue Attraktionen. "Da reicht es, ein Foto von einer Baustelle zu posten, und die Leute rasten aus", sagt Schilling.

Der 30-jährige Herbolzheimer hat 2002 in der Pressestelle angefangen. Damals wurden Pressefotos noch per Post verbreitet. Heute stehen viele Bilder zuerst auf Facebook. "Social Media ist wie geschaffen für einen Freizeitpark", sagt Schilling. "Wir bieten den Menschen Emotionen und schöne Erlebnisse, die sie teilen können." Wenn Hunderte von Fans den Gefällt-mir-Knopf auf Facebook drücken, ist das Empfehlungsmarketing par excellence. Aber lohnt sich der Aufwand? Patrick Kitzinger, Leiter Digitale Medien, verweist auf attraktive Tausenderkontaktpreise verglichen mit anderen Medien: "Damit lässt sich das rechtfertigen."

Welchen Aufwand ein Unternehmen auf Facebook treiben sollte, sieht der Social-Media-Experte Jens Wiese differenziert: "Man darf Facebook nicht als Wunder- oder Allzweckwaffe ansehen." Der 31-Jährige hat in Furtwangen studiert. Heute berät er Unternehmen rund um das Thema Social Media und bloggt auf AllFacebook.de. Wiese warnt: Es sei ein Irrtum zu glauben, allein durch eine Facebookseite verkaufe man mehr Produkte als vorher. Wiese rät Firmen, den eigenen Kunden auf Facebook Fragen zu stellen, sich Tipps für die Produktentwicklung geben lassen und positiv auf sich aufmerksam zu machen.

Im Europa-Park ist dafür Reinhold Lamers (29) zuständig – als Kameramann. Der Europa-Park hat erkannt, dass sich Emotionen am besten mit Videos transportieren lassen. Deshalb spielt auch die Video-Plattform Youtube eine wichtige Rolle in der Digitalstrategie des Parks. "Unsere Clips werden dort durchschnittlich 20 000 Mal angesehen", sagt Matthias Schilling. "Das kann man mit einem Lokalsender vergleichen." An diesem Mittwoch werden Lamers und Schilling Parkbesucher interviewen, die Marc Terenzis neuen Gruselstadl testen dürfen.

Die Welt der sozialen Netzwerke birgt aber auch Gefahren (siehe Artikel unten). Beim Mittagessen in der Kantine des Parks sorgt eine Geschichte über den Autobauer Chrysler für schmunzelnde Gesichter. Chrysler hatte in den USA 2011 eine Imagekampagne gestartet – eine Hommage an die "Motorcity Detroit". In diesen Tagen twitterte ein Mitarbeiter der Agentur, die Chrysler bei der Kampagne unterstützte: "Ich finde es ironisch, dass Detroit als Motorcity bekannt ist, obwohl hier niemand weiß, wie man fucking Auto fährt." Warum dieser Tweet berühmt wurde: Der Marketingmann hatte versehentlich mit dem offiziellen Chrysler-Account getwittert…

Wie schnell ein Facebook-Domizil zur Anlaufstelle für wütende Kunden werden kann, zeigt das Beispiel des Kölner Zoos. Als dort ein sibirischer Tiger eine Pflegerin tötete und daraufhin vom Zoodirektor erschossen wurde, wurden Mitarbeiter des Zoos auf Facebook übel beschimpft und bedroht. Diese Beiträge müssen so unterirdisch gewesen sein, dass sich der Zoo entschloss, seine Facebookseite zu löschen. Wie würde der Europa-Park in solch einer Krisensituation im Social Web reagieren? "Man muss auf jeden Fall offen kommunizieren", sagt Schilling.

Die Krise ist die Ausnahme, der Alltag ist die Kritik. Um aus negativen Rückmeldungen der Gäste lernen zu können, beobachtet der Europa-Park systematisch Bewertungsportale wie Qype oder Tripadvisor. "Wir versuchen, auf Kritik so schnell wie möglich zu reagieren", sagt Digitalchef Kitzinger (35). Eins sei dabei tabu: widerspenstige Nutzermeinungen zu zensieren. "Das ist das Schlimmste – da fordert man den Shitstorm heraus."

Zunächst machtlos war das Facebook-Team des Freizeitparks im Frühjahr 2011 gegen eine andere Form der Negativwerbung: Seinerzeit verbreitete sich eine Falschmeldung auf den Pinnwänden Zehntausender Facebook-Nutzer, wonach es einen schrecklichen Unfall im Europa-Park gegeben habe. Tatsächlich handelte es sich um einen perfiden Software-Wurm: Durch einen Klick auf den Link installierte sich heimlich eine Applikation, die Zugriff bot auf die eigenen Kontaktdaten. Der Europa-Park schlug Alarm bei Facebook, ließ den Wurm stoppen und erstattete Anzeige. Wer den Schädling programmiert hat, ist nicht bekannt.

Fotos von den Facebook-Reportern des Europa-Parks: fudr.fr/europapark.

Ressort: Neues für Schüler

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