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"Wir sind auch eine Partei der kleinen Leute"

JUZ-INTERVIEW mit dem Nachwuchspolitiker Christoph Sprich, der die FDP als Stimme der Vernunft sieht und gerne die Macht der Gewerkschaften brechen würde.  

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Man kennt sein Gesicht von den Plakaten zur Europawahl 2004: Christoph Sprich ist Mitglied bei den Jungen Liberalen (Julis) und bei der FDP. Der 30-jährige Diplom-Volkswirt schreibt gerade an seiner Doktorarbeit über "Kognitive Grundlagen einer evolutionären Ökonomik" und ist Stipendiat der Friedrich Naumann Stiftung. JuZ-Mitarbeiterin Antonia Kurz sprach mit ihm über Hartz IV, den Liberalismus und die Frage, warum die FDP bei Jugendlichen kaum angesagt ist.

JuZ: Die FDP zu wählen gilt unter Jugendlichen ja geradezu als verpönt.
Christoph Sprich: Es kann sein, dass die FDP Fehler macht in der Art und Weise, wie sie sich nach außen hin gibt und in der Darstellung ihrer Argumente. Dabei sind diese sehr zukunftsgewandt, vielleicht manchmal aber zu sachlich-ökonomisch und treffen nicht so den Nerv der Jugend. Die Grünen haben dagegen eine emotionalere Art, Wahlkampf zu führen. Die drucken sich Sonnenblumen auf die Poster und schreiben soziale Gerechtigkeit darüber und haben doch keine Ahnung, wie sie das realisieren wollen. Viele Jugendliche beschäftigen sich nicht stark genug mit den tieferen Zusammenhängen in Wirtschaft und Politik.

JuZ: Wie sind Sie dann zu den Julis gekommen?
Sprich: Ich bin Volkswirt, da beschäftigt man sich sehr stark mit Politik und ihren harten Realitäten. Das ist natürlich ein großer Anstoß, der einen zu einer Partei bringt, die ja entsprechend realistische und zukunftsorientierte Politik betreibt. Insbesondere ist es aber der Wert der Freiheit und die Respektierung des Willens der einzelnen Bürger, die mich zum organisierten Liberalismus zogen.

JuZ: Mit dem Begriff "Liberalismus" verbinden viele Menschen aber nicht Freiheit, sondern eher die Vorstellung, dass nur der Stärkere gewinnt. Oskar Lafontaine schimpft auf "neoliberale Rattenfänger". Was bedeutet der Begriff "liberal"?
Sprich: Liberale Politik heißt, den Willen jedes Einzelnen zum Maßstab zu machen. Der Einzelne drückt seinen Willen durch den Konsum, durch seine Stimmgebung und durch seine Arbeitswahl aus. Das sind Willensäußerungen, die eine liberale Politik zu respektieren und zu unterstützen hat. Eine nicht liberale Politik versucht diesem Willen eines Bürgers einen politischen Willen überzustülpen, der als wichtiger und intelligenter bewertet wird. Das will die FDP nicht. Der Begriff "neoliberal" wird heutzutage oft falsch und als politischer Kampfbegriff verwendet.

JuZ: Das Eingreifen eines Staates muss ja nicht nur als negativ bewertet werden, sondern kann auch dazu genutzt werden, Ungerechtigkeiten auszubügeln.
Sprich: Niemand in der FDP ist gegen eine gewisse Grundsicherung. Aber wenn ich unter der Sicherung sozialer Gerechtigkeit verstehe, dass ich allen, die ein bisschen mehr haben, etwas wegnehme, dann bremse ich den Unternehmergeist und nehme den Menschen die Anreize, sich anzustrengen. Die Menschen sollen sich aber anstrengen. Der Vorteil ist, dass die Menschen, die sich anstrengen, der Gesellschaft etwas zurückgeben.

JuZ: Sie finden also unser Sozialsystem zu stark ausgebaut?
Sprich: Da muss man genau differenzieren wo und in welchem Bereich, aber grob gesagt ja, es ist zu stark ausgebaut. Was ursprünglich angedacht war, hieß die gesellschaftlich positiven Wirkungen des Marktes zu nutzen, um so auch den Menschen, die sich außerhalb des Marktes befinden, eine gewisse Grundsicherung bieten zu können. Was nicht gedacht war, war, dass Gewerkschaften entgegen jeder sozialen Rationalität in Ostdeutschland so hohe Löhne quasi gesetzlich festlegen, dass dort keine Arbeitsplätze entstehen und jeder Anreiz zur Leistung genommen wird.

JuZ: Zumutbarkeitsregel verschärfen?
Sprich: Also, was in der Agenda 2010 von Schröder angedacht ist, muss zwar im Detail ausgearbeitet werden, aber mit der grundlegenden Richtung bin ich einverstanden.

JuZ: In Sachsen hat sich die FDP aber "Herz statt Hartz" auf die Fahnen geschrieben.
Sprich: Das bleibt denen überlassen, wie sie in Sachsen ihre Parteimeinung bilden. Ich persönlich würde einen anderen Weg einschlagen.

JuZ: Wie reagieren die Leute, wenn sie hören, dass Sie von der FDP sind? Stoßen Sie nicht auch auf Ablehnung und Vorurteile?
Sprich: Ja, natürlich. Unsere Waffen sind aber die Argumente der Vernunft. Beispielsweise das Argument, dass sich frei bildende Löhne aufgrund ökonomischer Logik langfristig zu mehr Arbeitsplätzen und somit zu mehr Wohlstand führen würden.

JuZ: Schafft es also die FDP nur nicht, ihr Grundsatzprogramm den Menschen näher zu bringen?
Sprich: Das sind Kommunikationsprobleme, ganz klar. Dabei, das sage ich schon lange, sind wir auch eine Partei der kleinen Leute, die Partei, die den Willen jeden Bürgers gleich gewichtet. Wir sind die Partei, die gegen Privilegien eintritt, denn am Markt gibt es keine Privilegien, nur die, die der Staat gewährt. Das müssten wir besser vermitteln.

JuZ: Streben Sie nicht ein System an, in dem nur der Stärkere gewinnt?
Sprich: Das ist nicht der Liberalismus, den wir wollten, und solch ein System hat die FDP auch nie angestrebt. Unsere Ideen des Liberalismus sind auf Leistungswettbewerb abgestimmt und nicht auf eine Form des Wettbewerbs, in der der Aggressivere gewinnt.

JuZ: Zurück zu den Julis. Die sind in der Regel gut situiert und gut ausgebildet. Wie eben der typische FDP-Sympathisant?
Sprich: Das ist keine Zwangsläufigkeit. Vielleicht sind wir unterm Strich besser ausgebildet als die Anhänger anderer Parteien, aber große Unterschiede gibt es nicht. Wir sind ein stetig wachsender Jugendverein, andere schrumpfen. Und vielleicht sind Jugendliche, die sich politisch organisieren, allgemein besser ausgebildet, zumindest so gut, dass sie politische Problem erkannt haben.

JuZ: Zum Abschluss: Dein großes lebendes Vorbild in der Politik?
Sprich: Otto Graf Lambsdorff. Obwohl er ja nicht mehr so aktiv ist.

JuZ: Und die obligatorische Frage: Wenn Sie für einen Tag Kanzler mit vollkommenen Freiheiten wären, was würden Sie als Erstes tun?
Sprich: Ich würde in Ostdeutschland die Macht der Gewerkschaften brechen, damit es für die Menschen dort endlich wieder Arbeitsplätze gibt.

Ressort: Zisch

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