Tierische Attraktion
Wildsau-Baby Emma gehört in der Lorenz-Strauße zum Stammpersonal
In einer Straußenwirtschaft wird zu Wein gern Schwein serviert – in der Lorenz-Strauße in Ehrenkirchen sitzt Wildschweinbaby Emma quicklebendig mit am Tisch. Mittlerweile gehört sie zum Stammpersonal.
Mi, 20. Mär 2013, 10:03 Uhr
Ehrenkirchen
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"Es ist nicht zu fassen, wie zutraulich Emma ist", sagt Straußeninhaber Claus Lorenz. "Als erfahrener Jäger kenne ich das Verhalten von Wildschweinen genau. Wildschweine sind Fluchttiere und lassen normalerweise niemanden an sich heran. Unsere Emma aber kann sich mitten in die Gaststube legen, macht genüsslich die Augen zu und lässt sich von jedem streicheln."
Kunststücke kann Emma auch schon. "Platz!", "Sitz!" und Männchenmachen sind da noch die einfacheren Übungen. Wenn gerade niemand hinsieht, kann es sein, dass sie den Gästen still und heimlich die Schuhbändel aufmacht. "Mittlerweile beherrscht sie auch schon den Doppelknoten", weiß Claus Lorenz. Klettverschlüsse sind da natürlich gar keine Herausforderung. Und Emma hat noch ganz andere Qualitäten.
"Wie jeder Landwirt bestätigen kann, sind Schweine äußerst reinliche Tiere, die ihren Kot immer an derselben Stelle ablegen", wird Claus Lorenz nicht müde, die Vorzüge der Schweinehaltung zu rühmen. "Emma war bereits nach zwei Tagen absolut stubenrein und sucht für ihr Geschäft immer dasselbe Örtchen auf."
Auch um die medizinische Versorgung muss man sich keine Sorgen machen. "Zum einen sind Wildschweine von Natur aus sehr robust", sagt Claus Lorenz. "Außerdem kommt sowieso regelmäßig ein Tierarzt aus Bad Krozingen zu uns in die Strauße, der schaut bei dieser Gelegenheit natürlich immer zuerst nach Emma."
Bis aus der kleinen Wildschweindame Emma ein richtiges Glücksschwein wurde, war es allerdings ein langer Weg. Es war Mitte Januar, als Claus Lorenz der Anruf eines befreundeten Jägers erreichte. Er sagt ihm, dass eine Bache einem Wildunfall zum Opfer gefallen war. Die Bache war gerade mit ihren sechs Frischlingen unterwegs, als sie überfahren wurde. Die sechs kleinen Waisenkinder hätten keine Überlebenschance gehabt, wenn für sie nicht schnellstens eine Pflegefamilie gefunden würde.
Claus Lorenz überlegte nicht lange: "Wir haben genug Platz auf unserem Hof und mit der Aufzucht von Wildtieren kennen wir uns aus. Wir hatten auch schon mal ein Reh und einen Fuchs aufgezogen." Seine Frau Carmen Kirner musste er nicht lange überreden, ein Foto von den sechs kleinen Waisenkindern genügte, um sämtliche Einwände von vornherein zu entkräften.
Aber ganz so einfach ist die Aufzucht eines Wildtieres nicht. In den ersten Nächten war bei Familie Lorenz an Schlaf nicht zu denken. Nicht nur, dass Emma alle drei Stunden – auch nachts! - ihr Fläschchen braucht, man darf auch nicht vergessen, dass das arme Schwein mit einem Schlag seine ganze Familie verloren hatte. Und so veranstaltete Emma zunächst jede Nacht einen Heidenlärm, weil es seine Geschwisterchen vermisste. Carmen Kirner fand Abhilfe. "Irgendwo hatte ich gelesen, dass ein Spiegel in so einem Fall wahre Wunder bewirken könnte." Und tatsächlich: Kaum hatten sie an Emmas Schlafstatt einen Spiegel aufgestellt, beruhigte sich das kleine Schweinchen. Zu den virtuellen Geschwistern im Spiegel gesellte sich noch ein Plüschtier, und Emma war wieder glücklich.
Dank der liebevollen Fürsorge gedeiht Emma prächtig und fühlt sich in der Strauße mittlerweile sauwohl. Wegen der frostigen Nächte darf sie einstweilen in der Wohnungsküche schlafen. Ansonsten hat sie im großen Garten genügend Platz zum Rumsauen. Dort kann sie mit ihren Spielkameraden - Hunden, Katzen, Hühnern und Pfauen - so richtig die Sau rauslassen. Morgens pflegt sie sich mit den Hühnern an einem sonnigen Platz aufzuwärmen. Am liebsten aber geht sie mit ihrer Familie zum Bärlauchpflücken in den Wald, wo sie auch ohne Leine brav wie ein Hund immer bei Fuß bleibt. "Das ist mit Emma auch nicht anders als beim Welpentraining", sagt Carmen Kirner.
In der Strauße ist Emma natürlich die Sensation. "Manch einen Stammgast glaubt man nicht wiederzuerkennen, wenn er vor Emma spontan in die Knie geht, um sie zu knuddeln." Auch Fanpost hat sie schon bekommen.
Mit Blick auf die Speisekarte – Wildschweinragout mit Spätzle – stellt sich natürlich auch die bange Frage nach Emmas Zukunft. Ob sie am Ende doch noch als Braten auf den Tellern landet? "Wo denken Sie hin", so die entrüstete Antwort von Carmen Kirner. "Sehe ich so aus, als ob ich meine Kinder essen würde?" Und, wer weiß, "wenn Emma erst mal groß ist, kann sie sich vielleicht noch als Trüffelschwein nützlich machen".
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