"Wiedehopf vor Aussterben bewahrt"
BZ-INTERVIEW mit Engelbert Mayer von der Nabu-Gruppe Kaiserstuhl, die am Sonntag ihr 25-jähriges Bestehen in Eichstetten feiert.
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EICHSTETTEN. Die Gruppe Kaiserstuhl des Naturschutzbundes (Nabu) feiert am Sonntag, 12. Juni, ihr 25-jähriges Bestehen mit einem Festnachmittag in der Eichstetter Schul- und Festhalle. Wie sich die Vereins- und Naturschutzarbeit in dem Vierteljahrhundert entwickelt hat, darüber sprach Manfred Frietsch mit Engelbert Mayer, der den Verein bis vor einem Jahr 24 Jahre lang als Vorsitzender geführt hatte.
Mayer: Wir waren etwa 60 Mitglieder, die zuvor den Kreisgruppen des damaligen Vogelschutzbundes DBV angehört hatten, aus dem dann der Naturschutzbund Nabu wurde. Ich selbst kam, wie einige andere, zur Naturschutzarbeit bei der Krötenwanderstrecke zwischen Eichstetten und Bahlingen. Meine Frau hatte davon gelesen und meinte, da könnte ich doch mitmachen. Es galt dabei, die zu ihren Laichplätzen wandernden Kröten entlang der Landstraße einzusammeln. Dann haben wir ab 1986 mit dem Artenschutzprojekt für den Wiedehopf angefangen, dem Ausbringen von 50 Nistkästen. Da ich beruflich bei der Post mit Fragen der Arbeitsplanung befasst war, habe ich mich auch um die Organisation unserer Naturschutzarbeit gekümmert. Zunächst waren wir eine Arbeitsgruppe im DBV-Kreisverband, dann wollten wir Nägel mit Köpfen machen und haben ’91 die Kaiserstuhlgruppe gegründet, gleich als eingetragener Verein. Seitdem haben wir unsere Mitgliederzahl fast verzehnfacht!
BZ: Worin sehen Sie die größten Erfolge in den 25 Jahren?
Mayer: Einmal im Wiedehopf-Projekt. Wir haben ihn hier vor dem Aussterben bewahrt! Anfangs waren es drei, vier Brutpaare, heute an die 100. Da profitieren inzwischen auch andere Gebiete davon. So hat es nach 15 Jahren erste Brutpaare am Tuniberg gegeben, nun auch in der Ortenau und im Markgräflerland. Wir kriegen Anfragen aus ganz Baden-Württemberg, wenn es um Tipps zu Hilfestellungen für den Wiedehopf geht. Einen weiteren Erfolg sehe ich in unserem Streuobst-Apfelsaftprojekt. Das geht heute weit über unsere vereinseigene, einen Hektar große Wiese bei Bötzingen hinaus.
BZ: Wie funktioniert das?
Mayer: Es geht um Wiesen mit Hochstammbäumen, die nicht gespritzt werden. Ihr Obst wird separat gekeltert. Das macht, seit die Katharinenkelterei in Königsschaffhausen vor zwei Jahren schloss, die Firma Jung aus Buchenbach in ihrer Kelterei in Köndringen. Wenn jemand mit so einer Wiese mitmachen will, schaue ich sie mir an. Ist sie geeignet, machen wir einen Vertrag. Im Frühjahr werden die Felder ohne Voranmeldung kontrolliert, ob auch nicht gespritzt wird; nach dem Keltern gibt es zudem Laboruntersuchungen. Die Solidargemeinschaft der Erzeuger trägt also das Risiko, bisher hat es immer geklappt. Das rechnet sich auch, da es für den Doppelzentner einen Aufpreis von sechs Euro gibt, also so viel, wie der durchschnittliche Marktpreis für einen Doppelzentner Äpfel zum Keltern beträgt. Das Etikett mit dem Wiedehopf als Markenzeichen benutzen wir weiter.
BZ: Wo gab es große Enttäuschungen in der Vereinsarbeit?
Mayer: Ja, die gab es auch. Beim Flämmen von Weinbergböschungen überwacht das Regierungspräsidium praktisch nicht, ob die Vorgaben richtig eingehalten werden, etwa die maximale Länge der geflämmten Böschung, die Höhe, Intensität, der Zeitpunkt. Wir kontrollieren selbst und stellen dabei fest, dass meistens Fehler gemacht werden. Wir geben zwar unsere Daten an das zuständige Landratsamt weiter, aber es gelingt fast nie, jemanden zur Verantwortung zu ziehen, wenn man ihn nicht direkt beim falschen Flämmen erwischt. Auch wenn wir also belegen können, dass beim Flämmen vieles falsch läuft, gibt es wohl keine Chance, dass es wieder abgeschafft wird. Eine Enttäuschung für uns ist es auch, dass die so genannte Postillonsböschung in den Eichstetter Reben kein flächenhaftes Naturdenkmal wurde. Die Winzer waren vehement dagegen, dass dieses einzige Vorkommen dieses seltenen Postillon-Schmetterlings hierzulande geschützt wird. Auch der Eichstetter Gemeinderat stimmte großteils dagegen, nachdem zum Teil absurde Argumente zu hören waren. Dabei ist die Gemeinde ja selbst auch Nabu-Mitglied!
BZ: Steht der Artenschutz am Kaiserstuhl heute besser da als vor 25 Jahren?
Mayer: Ja, doch. Konkretes Beispiel: vor 30 Jahren legten wir in Rückhaltebecken Teiche an für Kröten, das wird heute bei der Neuanlage solcher Becken zum Standard gemacht. Es hat sich auch einiges gewandelt in den Reben. Früher mussten sie sauber sein, heute wird eingesät. Die Zusammenarbeit mit der Flurbereinigungsbehörde ist besser, kein Vergleich zu früher! Auch von Winzerseite kommt Interesse an unserer Arbeit, wenn es Geld für Aufwertungen in den Weinbergen gibt, die als ökologische Ausgleichsmaßnahme gelten. Ein Beispiel sind die Bienenfresserfenster in Lösswänden. Der Vogel war bis in die 80er Jahre am Kaiserstuhl lange verschwunden gewesen.
BZ: Was sind die wichtigsten Aufgaben des Nabu Kaiserstuhl der nächsten Jahre?
Mayer: Das Fortführen unserer Arbeit, mit allem, was dazugehört. Dazu der Aufbau der Naturschutzjugend für die Kinder. Das ist sehr erfolgsversprechend! Wir haben viele junge Mitglieder, da muss man weitermachen, damit der Nabu Kaiserstuhl langfristig aktiv bleiben kann.
Info: Jubiläum 25 Jahre Nabu Kaiserstuhl, Sonntag, 12. Juni, 14 bis 18 Uhr, in der Festhalle Eichstetten mit Ansprachen, Musik, Kaffeetafel, Infoangeboten; Eintritt frei.
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