Umweltschutz in Kenzingen

Wie kann man sich aus dem eigenen Garten ernähren?

Was bedeuten Klimaschutz und Klimawandel vor Ort? Dieser Frage geht eine Schüler-Serie in Kenzigen nach. Im zweiten Teil erklärt ein Arzt, wie der eigene Garten zur Obst- und Gemüsetheke wird.  

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Viel Obst aus eigener Ernte Foto: Andrea Warnecke (dpa)
Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kenzingen sind in den vergangenen Monaten den Themen Klimaschutz und Klimawandel nachgegangen und haben ihre Recherchen in Zusammenarbeit mit der Badischen Zeitung in einer zehnteiligen Serie zusammengetragen.

BZ: Herr Thomsen, was hat Ihre Liebe zur Arbeit im Garten entflammt?
Thomsen: Dazu haben verschiedene Dinge beigetragen. Zum einen empfinde ich eine große Freude am Wachsen und Gedeihen. Für mich steckt in dem Leben in meinem Garten, den Pflanzen und Tieren, sehr viel Schönheit, die ich mir gerne ausgiebig anschaue. Viel Freude habe ich auch an den unzähligen "ehrenamtlichen Mitarbeitern", wie zum Beispiel den Spitzmäusen, die die Pflanzen vor Schneckenbefall schützen. Oft genug schaue ich denen einfach zu und bewege mich selbst nur wenig. Außerdem habe ich viel Spaß am Lernen: In kleinen Schritten eröffnet sich mir immer wieder Neues von der Weise, wie die Lebensgemeinschaften in meinem Garten funktionieren, sowohl im Boden als auch über der Erde.

"Vor meinen Füßen liegt also ein ganzes unerforschtes Universum"
BZ: Das heißt, Sie lernen nie aus?
Thomsen: Viele Vorgänge und komplexe Zusammenhänge im Garten sind noch gar nicht wissenschaftlich untersucht worden. Vor meinen Füßen liegt also ein ganzes unerforschtes Universum. Die Arbeit im Garten vermittelt mir das genugtuende Gefühl, etwas Handfestes und meistens auch Nützliches zu tun. Dafür werde ich durch meine Erträge belohnt, die ganz frisch und meist auch besonders lecker sind.

BZ: Wie können Sie die Vielfalt unterstützen?
Thomsen: Durch einfache Maßnahmen wie den Bau von Trockenmauern, Steinhaufen und anderen Verstecken für Kleintiere, aber auch durch den Erhalt von Spontanvegetation kann viel zusätzliches Leben in den Garten kommen. Immer wieder verspüre ich auch Stolz, dass Pflanzen so gut gedeihen. Wobei es eigentlich vor allem die Pflanzen und die gesamte Biologie drum herum sind, die etwas Besonderes leisten, nicht ich als Gärtner.

BZ: Ist das ein Stück weit Freiheit für Sie?
Thomsen: Ich genieße es sehr, dass ich im Garten so schalten und walten kann, wie ich es möchte, und ganz mein eigener Chef bin. Das finde ich in unserem überregulierten Land sehr wohltuend, auch weil ich in meinem beruflichen Feld unglaublich viele Vorgaben zu berücksichtigen habe.

"Ein Stapel flacher Steine oder alter Dachziegel an einem sonnigen Platz ist eine wunderbare Eidechsen-Burg"
BZ: Wie würden Sie Ihre persönliche Philosophie des Gärtnerns beschreiben?
Thomsen: Erstens: Leben im Garten fördern und alles leben lassen, das nicht ernsthaft stört oder schadet. Zweitens: Immer danach streben, nur das zu tun, was wirklich nötig ist. So versuche ich stetig, kleine Biotope zu schaffen. Ein Stapel flacher Steine oder alter Dachziegel an einem sonnigen Platz ist eine wunderbare Eidechsen-Burg, und ein paar Verstecke für Igel und Spitzmäuse anzulegen, ist immer eine lohnenswerte Aktion. Des Weiteren gilt es, alle freiwerdenden Flächen rasch wieder bewachsen zu lassen. Beispielsweise säe ich nach der Ernte von späten Kartoffeln eine Gründüngungs-Mischung, die ich mit Rucola, Rettich und winterharten Salatsorten aufpeppe. Auch viele ungeladene Pflanzen, also Unkräuter, stellen sich dabei ein – ich bekämpfe sie aber nicht. Das wäre unnötige Arbeit, da die gesäten Pflanzen die Unkräuter eigenständig im Zaum halten, ohne dass ich selbst nur einen Finger rühren muss.
Andreas Thomsen

ist 49 Jahre alt, stammt aus Hamburg und lebt seit 15 Jahren mit seiner Familie in Kenzingen. Der promovierte Arzt forschte viele Jahre lang in Labors und arbeitet heute an der Uniklinik Freiburg als Funktionsoberarzt für Strahlentherapie.

BZ: Und was machen Sie damit?
Thomsen: Alles, was dort den ganzen Winter hindurch wächst, ist nützlich: Einen Teil davon können wir Menschen in der kalten Zeit essen. Die Pflanzen, die im Frühjahr blühen, liefern Nahrung für Insekten. Zusammen sind sie gut für den Boden, weil sie diesen bedecken und durchwurzeln und dabei Nährstoffe festhalten. Manche Pflanzen haben an bestimmten Orten jedoch nichts zu suchen. Wenn Brennnesseln zwischen den Himbeeren wachsen, ist das doppelt ungünstig: Im direkten Wettbewerb unterliegen die Himbeerpflanzen den Nesseln, und ich als Mensch verbrenne mir beim Naschen und Ernten Arme und Beine. An anderen Stellen dürfen Nesseln, Löwenzahn und Co nach Herzenslust wachsen – bis der Platz gebraucht wird oder ich mit der Sichel anrücke, um Mulchmaterial zu ernten.

BZ: Welche Entdeckungen haben Sie beim Gärtnern gemacht, die Ihre Gartenarbeit nachhaltig beeinflusst haben?
Thomsen: Da fällt mir zuallererst der Wandel ein, den der Boden durchgemacht hat. Anfangs war das Erdreich sehr schwer und verdichtet, aber durch den jahrelangen Einsatz von Kompost mit Pflanzenkohle und Gründünger ist ein lebendiger Gartenboden entstanden, so locker, dass sich die Kartoffeln mit bloßen Händen ernten lassen.

BZ: Inwieweit ernährt der Garten Ihre Familie?
Thomsen: Gemüse, Obst und Kartoffeln essen wir überwiegend aus eigener Ernte. Bei Getreide dagegen sind wir auf die Profis in der Landwirtschaft angewiesen, auch bei manchem Gemüse und Obst. So gedeihen Zwiebeln und Rote Beete bei uns leider nicht, und auch unsere Erdbeerernte hat bisher noch nie für unseren Appetit auf süße Leckereien ausgereicht.

BZ: Was ist das Besondere am Gärtnern, das Sie immer wieder in den Garten zieht?
Thomsen: Die Lebendigkeit und das Wissen, dass es immer etwas zu beobachten gibt. Wenn ich mich an den Schreibtisch setze, finde ich alles so vor, wie ich es verlassen habe. Der Garten dagegen arbeitet rund um die Uhr für mich, und ich kann oft kaum glauben, wie viel sich dort in zwei oder drei Tagen rührt.
Julian Burmeister

(17) ist Schüler der 11. Klasse. Er ist seit mehr als fünf Jahren journalistisch aktiv und recherchiert besonders gerne zu historischen Themen und Naturschutz.
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